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Finnland: Ansprüche in der Insolvenz
Das finnische Recht kennt zwei verschiedene Verfahren, je nachdem ob ein Unternehmen saniert oder abgewickelt werden soll. (Stand: 14.07.2025)
Von Nadine Bauer, Karl Martin Fischer | Bonn
Das finnische Insolvenzrecht findet seine Regelung vor allem im Konkursgesetz 120/2004 (Konkurssilaki) und im Gesetz über die Umstrukturierung von Unternehmen 47/1993 (Laki yrityksen saneerauksesta). Demgemäß gibt es in Finnland zwei Arten von Verfahren für Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten: die Sanierung eines Unternehmens (nach dem Gesetz von 1993) und das Konkursverfahren nach dem Konkursgesetz von 2004. Beide können auf Antrag des Schuldners oder der Gläubiger beim erstinstanzlichen Gericht eingeleitet werden.
Ein Schuldner gilt in Finnland als zahlungsunfähig, wenn er dauerhaft nicht in der Lage ist, seine Schulden bei Fälligkeit zu begleichen beziehungsweise wenn das Vermögen nicht ausreicht, um die Schulden zu begleichen (Kapitel 2 des Konkursgesetzes).
Insolvenzverfahren
Restrukturierung der Schulden
Das Sanierungsverfahren (Yrityssaneeraus) soll einem von Zahlungsunfähigkeit bedrohten Unternehmen (§§ 2, 3 des Gesetzes 37/1993) helfen, durch Restrukturierungsmaßnahmen die finanziellen Schwierigkeiten zu überwinden, ohne dass eine Liquidation erfolgt. Ein Unternehmen kann ein Restrukturierungsverfahren beantragen, wenn es zahlungsunfähig oder von der Zahlungsunfähigkeit bedroht ist, es eine Aussicht auf Sanierung gibt und kein zwingender Grund besteht, das Verfahren abzulehnen. Zwingende Gründe können beispielsweise betrügerisches Verhalten oder zu geringe Erfolgsaussichten sein.
Antragsberechtigt sind das Unternehmen selbst oder ein Gläubiger (zu den Antragsformalia siehe § 69). Das angerufene Gericht entscheidet über die Einleitung des Verfahrens und bestellt bejahendenfalls einen Sanierungsverwalter. Daraufhin kann ein Sanierungsplan erstellt werden, mit Maßnahmen wie zum Beispiel Schuldenschnitt oder Zahlungsaufschub, Umstrukturierung, Anpassung von Verträgen o.ä. Um das Vermögen des Schuldners vor Vollstreckungsforderungen zu schützen, wird ein Moratorium eingeführt (einstweiliges Einfrieren von Zahlungen in Verbindung mit einem Verbot der individuellen Vollstreckung). Wenn ein Sanierungsplan (§§ 41, 42) erstellt wurde, stimmen die Gläubiger über ihn ab. Erhält er die Mehrheit, wird er vom Gericht für verbindlich erklärt.
Liquidationsverfahren
Ein Konkursverfahren (konkurssi) hat den Zweck, das Vermögen des Schuldners gleichmäßig zu verwerten. In der Regel führt es zur Beendigung der Geschäftstätigkeit der betroffenen Einheit.
Der Antrag wird vom Schuldner selbst oder einem Gläubiger gestellt werden (Kapitel 1 § 1 sowie Kapitel 7 § 5 des Gesetzes 120/2004). Zuständig ist das Bezirksgericht (käräjäoikeus). Wird das Insolvenzverfahren eröffnet, verliert die Schuldnerin die Verfügungsgewalt über das Vermögen (Kapitel 3 § 1), Vollstreckungen in das Vermögen der Schuldnerin oder individuelle Klagen sind nicht mehr möglich (Kapitel 3 §§ 4, 5). Nach Eröffnung wird ein Konkursverwalter eingesetzt (Kapitel 8 §§ 1 ff.). Dieser setzt den Gläubigern eine Frist für die Geltendmachung ihrer Forderungen. Anschließend erstellt er ein Vermögensverzeichnis (Kapitel 9 § 1) und erarbeitet auf dieser Grundlage einen Verteilungsvorschlag, während die Gläubiger den Verkauf des Nachlasses und die Verteilung des Verkaufserlöses überwachen.
Prioritätsregeln
Die Inhaber gesicherter Forderungen haben die beste Position, denn sie werden aus dem Erlös derjenigen Vermögensbestandteile bezahlt, die gesichert sind. Wer einen Eigentumsvorbehalt vereinbart hat, wird ebenfalls priorisiert, ebenso Gebühren und Verpflichtungen, die während des Restrukturierungs- oder Verwaltungsprozesses anfallen, einschließlich der Gebühren des Verwalters.
Inhaber von Floating Charges haben einen Anspruch auf einen Pool von Vermögenswerten, aber ihre Priorität ist in der Regel niedriger als diejenige der Inhaber der oben genannten Rechte. In Finnland haben sie in der Regel Anspruch auf 50 Prozent des Nettoerlöses aus den belasteten Vermögenswerten. Allgemeine ungesicherte Gläubiger sind Gläubiger mit gewöhnlichen vertraglichen Verpflichtungen, Handelsschulden und solche, deren Forderungen nicht besonders gesichert sind. Sie werden nach den gesicherten Gläubigern und solchen mit vorrangigen Forderungen ausgezahlt.
Im Gegensatz zu vielen anderen Rechtsordnungen räumt das finnische Recht den Ansprüchen der Finanzverwaltung sowie Gehaltsansprüchen der Arbeitnehmer keinen automatischen Vorrang ein.