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Tschechische Republik: Ansprüche in der Insolvenz
Die Forderungsanmeldung ist nur noch mittels eines elektronisch zur Verfügung gestellten Formulars möglich. (Stand: 04.06.2025)
Von Yevgeniya Rozhyna, Marcelina Nowak, Dmitry Marenkov
Das tschechische Insolvenzrecht ist im Insolvenzgesetz (Insolvenční zákon Nr. 182/2006 Sb.) und im Gesetz über den Insolvenzverwalter (Zákon o insolvenčních správcích Nr. 312/2006 Sb.) geregelt. Zum 1. Oktober 2024 trat eine Novellierung des Gesetzes in Kraft. Das Gesetz gewährleistet unter anderem die Einhaltung der Vorschriften der Europäischen Union, insbesondere die Richtlinie (EU) 2019/1023, bekannt als Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie. Die Änderung betreffen insbesondere die Schuldenregulierung von Privatpersonen; juristische Personen werden von den Änderungen kaum berührt, mit Ausnahme der Restrukturierung. Tschechien hat das Gesetz Nr. 284/2023 zur präventiven Restrukturierung (Zákon o preventivní restrukturalizaci) mit einer einjährigen Verspätung verabschiedet.
Insolvenzverfahren
Das tschechische Insolvenzrecht kennt drei Insolvenzverfahren:
- das Konkursverfahren (konkurs),
- das Reorganisationsverfahren (reorganizace) und
- die Restschuldbefreiung bei Privatpersonen (oddlužení).
Wie finde ich das zuständige Gericht?
Für natürliche Personen sind die Bezirksgerichte (Okresní soud) zuständig. Die Kreisgerichte (Krajský soud) sind für juristische Personen zuständig. Das zuständige Gericht kann über das Insolvenzregister (s.u.) anhand des Aktenzeichens gefunden werden. Folgende Tabelle stellt eine Auswahl an Gerichtskürzeln dar:
Kürzel | Gericht |
---|---|
MSPH | Městský soud v Praze (Prag) |
KSBR | Krajský soud v Brně (Brünn) |
KSPH | Krajský soud v Praze (außerhalb Stadt Prag) |
KSUL | Krajský soud v Ústí nad Labem |
KSCB | Krajský soud v Českých Budějovicích |
KSHK | Krajský soud v Hradci Králové |
KSOS | Krajský soud v Ostravě |
KSPA | Krajský soud v Pardubicích |
KSPK | Krajský soud v Plzni |
Quelle: Tschechisches Insolvenzregister, offene Daten des Justizministeriums der Tschechischen Republik |
Ferner kann das örtlich zuständige Gericht über den sogenannten Europäischen Gerichtsatlas für Zivilsachen gefunden werden.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Die erste Phase des Insolvenzverfahrens, also die Eröffnung, darf nur aufgrund eines vom Schuldner oder einem seiner Gläubiger gestellten Antrag eröffnet werden. In den §§ 193 ff. Insolvenzgesetz sind die Anforderungen an den Antrag gelistet.
Das Insolvenzgericht entscheidet auf Grundlage des Antrags über die Art und die Eröffnung des Insolvenzverfahrens innerhalb von drei Monaten und bestellt einen Insolvenzverwalter. Das zuständige Insolvenzgericht ist das Kreisgericht am Sitz des Schuldners. Wenn der Schuldner keinen Sitz hat, dann richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Aufenthaltsort des Schuldners.
Prüfung von Forderungen
In der zweiten Phase wird die Gläubigerversammlung einberufen. Die Gläubiger müssen ihre Forderungen gegen den Schuldner anmelden.
Nicht geltend gemacht werden können:
- Zinsen, Verzugszinsen, andere Verzugskosten, die vor der Entscheidung über die Insolvenzeröffnung entstanden, aber nach der Entscheidung angefallen sind oder erst nach der Entscheidung fällig geworden sind;
- Ansprüche aus Schenkungsverträgen;
- außervertragliche Sanktionen, mit der Ausnahme von Geldbußen für bestimmte Verstöße;
- Vertragsstrafen, wenn sie erst nach der Entscheidung über die Insolvenzeröffnung fällig geworden sind;
- Verfahrenskosten der am Insolvenzverfahren Beteiligten.
Die Gläubiger müssen die Forderung beim zuständigen Gericht binnen dreißig Tagen nach öffentlicher Bekanntmachung des Eröffnungsbeschlusses anmelden.
Hinweis: Seit 2012 ist in der Tschechischen Republik die Forderungsanmeldung nur noch mittels eines elektronisch zur Verfügung gestellten Formulars möglich, das unter dem Stichwort "Přihláška pohledávky" abgerufen werden kann. Seit 2023 ist die Nutzung eines elektronischen Identitätsnachweises (zum Beispiel: eObčanka) verpflichtet.
Verwertung der Insolvenzmasse
In der letzten, der dritten Phase bestehen drei Möglichkeiten:
- Konkurs: Die Gläubiger werden anteilsmäßig aus dem Erlös der Verwertung die festgestellten Forderungen befriedigt.
- Reorganisation: Das Geschäft wird fortgeführt und die Forderungen der Gläubiger werden laufend befriedigt (alles wird auf den Reorganisationsplan abgestimmt); das Reorganisationsverfahren kann nur bei Unternehmen mit mindestens 50 Angestellten oder mindestens 50.000.000 CZK Umsatz in dem Jahr vor Stellung des Insolvenzantrags durchgeführt werden.
- Restschuldbefreiung: Sie kommt bei natürlichen Personen in Betracht, sowie bei juristischen Personen, die keine Unternehmer sind.
Insolvenzregister
Das Insolvenzregister kann kostenlos eingesehen werden. In dem Registereintrag wird die Frist veröffentlicht, in der Forderungen anzumelden sind. Sie beträgt maximal zwei Monate, danach kann die Forderung nicht mehr geltend gemacht werden.
Das Insolvenzregister wird über ein Insolvenzrecht-Internetportal des tschechischen Justizministeriums zugänglich gemacht. Dort gibt es auch ein getrennt geführtes Verzeichnis mit Entscheidungen ausländischer Gerichte über tschechische Firmen (Evidence údajů o cizozemském rozhodnutí), falls über letztere ein ausländisches Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.