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Finnland: Arbeitsrecht
Auch in Finnland ist der Arbeitsvertrag das zentrale Dokument eines Arbeitsverhältnisses. Außerdem relevant sind Gesetze und Tarifverträge. (Stand: 10.07.2025)
Von Karl Martin Fischer | Bonn
Schriftform ist für einen Arbeitsvertrag nicht vorgeschrieben, aber zu empfehlen. Davon unabhängig müssen (auch) finnische Arbeitgeber – in Umsetzung der europäischen Richtlinie 2019/1152 – bestimmte Informationen schriftlich zur Verfügung stellen, siehe Art. 3 ebendort sowie Kapitel 2 § 4 des Arbeitsvertragsgesetzes.
Das finnische Arbeitsvertragsgesetz
Das wichtigste Gesetz im Individualarbeitsrecht ist das Arbeitsvertragsgesetz (Työsopimuslaki) Nr. 55/2001. Das Gesetz regelt in Kapitel 2 die Pflichten des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis, insbesondere:
- Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung (§ 2),
- Bereitstellung eines sicheren Arbeitsplatzes (§ 3),
- Beachtung der allgemeinverbindlichen Tarifverträge (§§ 7 ff., zur neu geschaffenen Möglichkeit der Ergänzung solcher Tarifverträge durch betriebliche Vereinbarungen siehe §§ 7a ff.),
- Mindestlohn bei Fehlen eines Tarifvertrages (§ 10),
- Lohnfortzahlung bei Krankheit (§ 11),
- Anspruch auf Annahmeverzugslohn (§ 12),
- Fälligkeit und Zahlung des Gehalts (§§ 13 ff., am letzten Tag des relevanten Zeitraums, wenn nichts anderes vereinbart ist).
In Kapitel 3 finden sich die Pflichten der Arbeitnehmer, insbesondere:
- Verpflichtung zur sorgfältigen Arbeitsleistung gemäß den Weisungen des Arbeitgebers (§ 1),
- Mitwirkung an der Verwirklichung eines effektiven Arbeitsschutzes (§ 2),
- Konkurrenzverbot, Wahrung von Geschäftsgeheimnissen (§§ 3, 4),
- Möglichkeit der Vereinbarung eines Wettbewerbsverbots (§ 5).
Familienfreundliche Rechte finden sich in Kapitel 4 des Arbeitsvertragsgesetzes. Der Mutterschaftsurlaub dauert 105 Arbeitstage. Er beginnt 30 Arbeitstage vor dem Geburtstermin und endet 75 Arbeitstage nach der Entbindung. Schwangere Arbeitnehmerinnen können auch früher in den Mutterschaftsurlaub gehen, jedoch frühestens 50 Arbeitstage vor dem Geburtstermin. Es bleibt aber immer bei der Gesamtdauer von 105 Arbeitstagen.
Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Die Vorschriften über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses finden sich ebenfalls im Arbeitsvertragsgesetz, und zwar in den Kapiteln 6 bis 9. Die Kündigungsfristen sind in Kapitel 6 § 3 geregelt: die arbeitgeberseitig einzuhaltenden Fristen sind 14 Tage im Lauf des ersten Beschäftigungsjahres; danach ein Monat bis zum Abschluss des vierten Jahres, zwei Monate bis zum achten Jahr, vier Monate bis zum zwölften Jahr und ab dann sechs Monate. Arbeitnehmer haben während der ersten fünf Jahre eine Kündigungsfrist von 14 Tagen, danach einen Monat. Abweichende Kündigungsfristen können vereinbart werden, allerdings kann keine Frist länger als sechs Monate sein (Kapitel 6 § 2).
Bezüglich einer Kündigung durch den Arbeitgeber gilt, dass diese nur aus einem sachlichen und wichtigen Grund erfolgen darf (Kapitel 7 § 1). Das können entweder verhaltens- oder personenbezogene Gründe sein (§ 2) oder betriebsbedingte (§ 3). Kapitel 8 regelt die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund, die innerhalb von 14 Tagen nach Kenntniserlangung ausgesprochen werden muss. Eine Besonderheit regelt Kapitel 8 § 3: Ist ein Mitarbeiter mindestens sieben Tage abwesend, ohne einen triftigen Grund mitzuteilen, darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis als beendet betrachten. Kapitel 9 enthält nähere Bestimmungen zum bei einer Kündigung einzuhaltenden Verfahren.
Kollektives Arbeitsrecht
Eine wichtige Komponente des finnischen Arbeitsrechts sind Tarifverträge. Die zentrale Regelung findet sich im Tarifvertragsgesetz (Työehtosopimuslaki) Nr. 436/1946. In dessen § 6 ist ein umfassender Vorrang tarifvertraglicher Regelungen vor anderslautenden Arbeitsverträgen normiert. Sehr praxisrelevant sind außerdem die für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge (siehe Kapitel 2 § 7 des Arbeitsvertragsgesetzes). Diese gelten für alle Unternehmen einer Branche, und nicht nur für diejenigen, die als Mitglieder eines Arbeitgeberverbandes Vertragspartei geworden sind. In Finnland gibt es ca. 160 allgemeinverbindliche Tarifverträge. Weitere Informationen hierzu hält die finnische Arbeitsschutzbehörde bereit.
Seit 2021 gilt das neue Zusammenarbeitsgesetz (Yhteistoimintalaki) Nr. 1333/2021, das an das deutsche Betriebsverfassungsgesetz erinnert. Allerdings enthält es lediglich Informations- und Beratungsrechte. Es gilt für Unternehmen mit mindestens 20 Mitarbeitenden.
Entsendung nach Finnland
Kapitel 11 des Arbeitsvertragsgesetzes regelt – unter Verweis auf die Rom-I-Verordnung – das anwendbare Recht, wenn ein Arbeitsverhältnis Bezug zu mehr als einem Land hat (§ 1). Die Arbeitsbedingungen für Entsandkräfte müssen denjenigen der heimischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern entsprechen. Dies legt § 2 unter Verweis auf Artikel 7 der Verordnung (EU) 492/2011 fest. Für die gilt das Gesetz über die Entsendung von Arbeitnehmern (Laki työntekijöiden lähettämisestä) Nr. 447/2916. Von erheblicher praktischer Relevanz ist die Pflicht zur Meldung von Entsendungen nach Finnland, siehe §§ 7 ff. Die Entsendemeldung kann über ein Online-Formular erfolgen.