Wirtschaftsausblick | Frankreich
Unternehmen fahren Investitionen runter
Eine instabile Weltlage, Sparzwänge und eine schwache Nachfrage aus dem Ausland belasten französische Unternehmen. Der Aufschwung verschiebt sich.
13.05.2025
Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris
Top-Thema: Frankreich stimmt sich auf eine neue Weltordnung ein
Frankreichs Führung schwört das Land auf eine Stärkung der französischen und europäischen Souveränität in den Bereichen Sicherheit und digitale Daseinsvorsorge ein. Die Regierung hat den Verteidigungshaushalt im neuen Budget für 2025 gegenüber dem Vorjahr um 7 Prozent auf gut 50 Milliarden Euro erhöht. Internationale Investoren haben zudem Großinvestitionen in Frankreichs KI-Infrastruktur angekündigt. Staatspräsident Emmanuel Macron drängt auf weiteres europäisches Engagement, um Frankreich und Europa krisenfest und verteidigungsfähig zu machen. Aufgrund der massiven Staatsverschuldung Frankreichs hat die Regierung aber wenig finanziellen Spielraum.
Von der neuen deutschen Regierung erhofft sich Frankreich eine intensivierte deutsch-französische Kooperation und dadurch eine Stärkung der europäischen Handlungsfähigkeit bei zentralen Anliegen wie Verteidigung, Innovation und Industrialisierung. Allerdings werden unterschiedliche Positionen bei Budget und Handelsfragen weiterhin zu Diskussionsbedarf führen.
Wirtschaftsentwicklung: Unternehmen verharren in Wartestellung
Für das Jahr 2025 sind die Aussichten gedämpft. Eine schwache internationale Nachfrage und die Kaufzurückhaltung der Verbraucher drücken die wirtschaftliche Entwicklung. Die französische Zentralbank Banque de France erwartet für das Jahr 2025 nur eine geringe Steigerung der Wirtschaftsleistung von real 0,7 Prozent. Im Jahr 2024 erzielte Frankreich auch in Folge der Olympischen Sommerspiele in Paris ein Wirtschaftswachstum von real 1,1 Prozent.
Die Verbraucher bleiben in laufenden Jahr angesichts der anhaltenden wirtschaftlichen und politischen Unsicherheiten zurückhaltend beim Konsum. Die amerikanische Zollpolitik und innerfranzösische Sparzwänge drängen die Unternehmen des Landes in Wartestellung.
Dennoch scheint sich die Geschäftsstimmung in Frankreichs produzierender Industrie leicht zu verbessern. Der Purchasing Managers' Index von S&P Global erreicht im Mai 2025 mit 48,7 Punkten seinen besten Wert seit Februar 2023. Zwar bleiben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen schwierig. Europäische Initiativen zur Steigerung der Verteidigungsausgaben und Bürokratieabbau aber machen Hoffnung auf eine Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.
Auch das Abflachen des Preisauftriebs sorgt für leichte Entspannung. Der französischen Zentralbank zufolge wird die Inflation von 5,7 Prozent im Jahr 2023 auf 1,3 Prozent im Jahr 2025 zurückgehen. Dies wird auf Zinsen und damit auf die Finanzierungskosten durchschlagen.
Immer mehr Fabriken schließen
Unsichere Konjunkturaussichten und die Unberechenbarkeit der US-amerikanischen Wirtschaftspolitik dämpfen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen. Die Investitionen werden 2025 erneut um 0,5 Prozentpunkte zurückgehen, erwartet die Banque de France. Im Jahr 2024 betrug das Minus bereits 1,2 Prozentpunkte. Erst für das Jahr 2026 erwartet die Zentralbank ein Anziehen der Investitionen.
Auch finanziell geraten Unternehmen an ihre Grenzen. Seit September 2024 nehmen Fabrikschließungen und Personalabbau landesweit zu. Vor allem die Automobilzulieferindustrie und Chemiebranche sind betroffen.
Firmen, die noch finanziellen Spielraum haben, investieren verstärkt in Energieeffizienz, Digitalisierung und in die Dekarbonisierung der Produktion. Dabei werden sie bislang durch ein ehrgeiziges staatliches Reindustrialisierungs- und Dekarbonisierungsprogramm unterstützt. Zudem werden mit dem Konjunkturpaket France 2030 Investitionen in innovative oder für die Klimawende erforderliche Technologien angeschoben. Unternehmen fordern weitergehende Hilfsmaßnahmen, um gegenüber Produzenten in Asien oder den USA bestehen zu können.
Verbraucher schieben große Anschaffungen auf
Die Konsumausgaben sind laut Banque de France 2024 mit real 0,9 Prozent nur verhalten gestiegen. Zwar flaut die Inflation ab und der Sparüberhang liegt laut Banque de France im 3. Quartal 2024 bei 17,7 Prozent des verfügbaren Bruttoeinkommens. Dennoch erwartet die Zentralbank auch für das Jahr 2025 nur ein leichtes Anziehen des Konsums um 1,0 Prozent.
Die Investitionen der Verbraucher, zum Beispiel in Autos oder Immobilien, hingegen gehen drastisch zurück. Im Jahr 2024 brachen sie um 6 Prozent ein, für 2025 prognostiziert die Banque de France einen weiteren, wenn auch leichten Rückgang von 0,1 Prozent. Erst für 2026 stellt sie Zuwächse in Aussicht.
Auch der Außenhandel verzeichnete im Jahr 2024 Rückgänge. Zwar sank Frankreichs Handelsdefizit 2024 gegenüber dem Vorjahr um gut 19 Prozent auf 102 Milliarden Euro, getragen insbesondere durch den Rückgang der Energieeinfuhren. Doch auch die Ausfuhren gingen um 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. Positiv entwickelten sich die Exporte der Luftfahrtindustrie sowie von Parfüm und Kosmetika, doch die schwachen Ausfuhren von Maschinen und Anlagen, chemischen Produkten sowie Produkten der metallverarbeitenden Industrie zogen die Bilanz ins Minus.
Deutsche Perspektive: Infrastrukturpaket begeistert Franzosen
Frankreich ist für Deutschland der viertwichtigste Handelspartner und zweitwichtigster Exportmarkt der Welt. Maschinen und Anlagen sowie chemische Erzeugnisse dominieren die deutschen Ausfuhren. Im Jahr 2024 lieferte Deutschland laut Destatis Waren im Wert von gut 115 Milliarden Euro nach Frankreich, 28 Prozent mehr als nach China.
Das deutsche Infrastrukturpaket sowie das Bekenntnis der neuen deutschen Regierung zu einer verstärkten europäischen Zusammenarbeit auch in Themenfeldern wie Rüstung und europäischer Souveränität wurde von Frankreich mit Begeisterung aufgenommen. Dennoch werden auch in Zukunft unterschiedliche deutsch-französische Einstellungen zu Fragen wie Handelspolitik und Budgetfragen für Konfliktpotenzial sorgen.
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