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Branche kompakt | Frankreich | Chemische Industrie

Nachhaltigkeit in der Chemieindustrie

Unternehmen halten trotz der schwierigen Lage an bereits aufgelegten Dekarbonisierungsplänen fest. Wasserstoffprojekte hingegen geraten ins Stocken. 

Von Frauke Schmitz-Bauerdick | Paris

Die Chemieindustrie erzeugt gut ein Viertel der Klimagase der gesamten französischen Industrie. Damit steht die Branche im Fokus von Dekarbonisierungsoffensiven. Die Stratégie Nationale Bas-Carbone aus dem Jahr 2021 sowie die Branchenroadmap Dekarbonisierung sehen bis 2030 eine Rückführung der Treibhausgasemissionen um mindestens 26 Prozent gegenüber 2015 vor. Die garantierten Einsparungen sollen damit 5,7 Megatonnen CO₂-Äquivalent erreichen. Im Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung stellt die Branche eine zusätzliche Reduktion des Treibhausgastausstoßes und damit eine Gesamtreduktion um 37 bis 49 Prozent bis 2030 in Aussicht.

Zukunft staatlicher Förderungen ist unsicher

Im November 2023 hat die Regierung eine weitergehende Förderung der Dekarbonisierung der Chemieindustrie angekündigt. Sie will die Dekarbonisierung der 50 größten industriellen Treibhausgasemittenten mit 5 Milliarden Euro unterstützen. Die staatliche Gesamtfinanzierung der Dekarbonisierung der herstellenden Industrie erreicht damit nach Regierungsankündigungen 10,6 Milliarden Euro. Die EU-Kommission hat dieses Transformationsförderprogramm im Februar 2025 genehmigt. Ob die Förderankündigungen aber in ihrer Gesamtheit eingehalten werden können, ist angesichts der Sparzwänge auf Regierungsseite offen. Laut Schätzung der Regierung belaufen sich die erforderlichen Gesamtinvestitionen für die Dekarbonisierung auf 50 Milliarden bis 70 Milliarden Euro.

Kleine und mittlere Unternehmen erhalten Hilfen über Förderprogramme der Umweltagentur Ademe. Für Investitionen in Dekarbonisierung, Energieeffizienz und Wasserstoff stellt Ademe im Rahmen der Programme Decarb IND und DECARB IND+ Hilfen von bis zu 200 Millionen Euro zur Verfügung. Der Fonds Chaleur unterstützt Effizienzsteigerungen bei Wärme-/Kälteerzeugung und Energierückgewinnung.

Wasserstoffprojekte geraten ins Stocken

Im Zentrum der Bemühungen zur Dekarbonisierung der Chemieindustrie steht die Transformation der 16 größten Treibhausgasemittenten der Branche. Ende November 2023 hat die Regierung mit Unternehmen wie TotalEnergies und Borealis eine jeweils individuelle Dekarbonisierungsstrategie abgeschlossen. Ziel ist es, den Treibhausgasausstoß der Chemiebranche zwischen 41 und 49 Prozent zu reduzieren. Hierbei setzen die "Contrats de Transition Écologique de l'Industrie" (Verträge über die ökologische Transformation der Industrie) auf eine Steigerung der Energieeffizienz, die Elektrifizierung der Produktion unter verstärktem Einsatz dekarbonisierten Wasserstoffs sowie die CO2-Abscheidung und Speicherung.

Chemieunternehmen mit Transitionsvertrag CO2-Ausstoß in tCO2e; Reduzierungsziel in Prozent
GruppeStandortProduktionCO2-Ausstoß 2015Reduzierungsziel
NaphtachimieLavéraOlefine

1.468.000

15 - 24

BorealisGrandpuitsAmmoniak und Düngemittel

726.197

42 - 56

BorealisGrand-QuevillyAmmoniak und Düngemittel

579.758

65 - 82

VersalisMardyckOlefine

643.720

19 - 36

HumensLaneuville-devant-NancyKarbonate

609.217

60

AlsachimieChalampéOrganische Chemie

548.930

37

LyondellBasellBerreBasischemie

1.217.000

35

TotalEnergiesGonfreville, Fezin, DongesOlefine

6.000.000

50

YaraLe HavreAmmoniak und Düngemittel

750.000

39 - 73

PetroineosLavéraOlefine

1.561267

24 - 31

Quelle: Französische Regierung 2023

Große Wasserstoffprojekte aber werden langsamer umgesetzt als geplant. Es fehlt eine umfassende Wasserstoffinfrastruktur. Viele Technologien wie die Elektrifizierung von Prozessen, die Herstellung von grünem Wasserstoff oder die Abscheidung und Speicherung von CO2 sind noch nicht marktreif. Zudem halten sich die Banken nach Unternehmensaussagen mit Finanzierungszusagen für Dekarbonisierungsprojekte zurück. Die Preise für dekarbonisierten Wasserstoff gelten bislang noch als zu hoch, um Projekte in die Rentabilitätszone zu bringen.

Großkonzerne investieren in die grüne Transformation

Die Transformation der Chemieindustrie wird unter anderem durch den Innovationsplan France 2030 mitgetragen. Nach Auskunft von France Chimie haben die Förderprogramme mehr als 250 Projekte mit einem Gesamtfördervolumen von 5 Milliarden Euro in der Chemiebranche angestoßen oder beschleunigt. Die Dekarbonisierung des Sektors steht bei Förderprojekten im Vordergrund.

Unabhängig von staatlichen Förderungen entwickeln große Chemieunternehmen Speziallösungen, um die Transformation in Richtung klimafreundliche Produktion voranzutreiben. Arkema, einer der Chemieriesen des Landes, hat im Juli 2022 angekündigt, bis 2030 bis zu 400 Millionen Euro in Klimatechnologie zu investieren. Der belgische Chemiekonzern Solvay plant, seine Natriumkarbonatproduktion in Dombasle in Kooperation mit der französischen Veolia auf Ersatzbrennstoffe umzustellen. Siemens Frankreich und FertigHy haben im Januar 2025 eine Kooperationsvereinbarung über den Bau einer Anlage zur Herstellung von Düngemitteln aus kohlenstoffarmem Wasserstoff in Nordfrankreich geschlossen.

TotalEnergies treibt Wasserstoffprojekte voran

Auch der Energiekonzern TotalEnergies treibt Wasserstoffprojekte voran. Im September 2023 hatten TotalEnergies und Air Liquide eine Vereinbarung unterzeichnet, die die langfristige Versorgung von TotalEnergies Raffinerie- und Petrochemieplattform in der Normandie mit grünem und kohlenstoffarmem Wasserstoff absichert. Im Juni 2024 schloss TotalEnergies eine weitere Liefervereinbarung über die Versorgung mit 70.000 Tonnen Wasserstoff jährlich mit dem amerikanischen Lieferanten Air Products ab. Der Energieriese will die Raffinerieprozesse in seinen sechs europäischen Raffinerien dekarbonisieren, um ab 2030 pro Jahr 5 Millionen Tonnen CO₂ einzusparen. Zudem hat TotalEnergies Ende 2024 angekündigt, in Kooperation mit Air Liquide auf der Industrieplattform La Mède im Süden Frankreichs die Produktion dekarbonisierten Wasserstoffs aufzulegen. Insgesamt handelt es sich um eine Investition in Höhe von 150 Millionen Euro.

Dekarbonisierung wird mittelfristig zum Wettbewerbsvorteil

Außerhalb bereits angeschobener Projekte halten sich Unternehmen angesichts hoher Finanzierungskosten und der schwachen Branchenkonjunktur häufig mit Neuinvestitionen zurück. Das Marktforschungsinstitut Xerfi aber geht davon aus, dass Branchenunternehmen keine andere Wahl haben, als ihre Transformation in Richtung Dekarbonisierung voranzutreiben. Nur so könnten auch energieintensive Sektoren international wettbewerbsfähig bleiben.

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