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Heidelbeeren aus Georgien: Neue Chance für den Import
Georgien rückt als Beschaffungsmarkt für Heidelbeeren in den Fokus: Frühreife, Qualität und Bio-Angebot machen das Land für deutsche Importeure zunehmend interessant.
21.11.2025
Von Katrin Kossorz | Bonn
Georgische Heidelbeeren gewinnen in Deutschland zunehmend an Beliebtheit – besonders im Gesundheits- und Snacksegment. Das frühe Erntefenster von Mai bis Juli fällt genau in die europäische Nachfragelücke zwischen Spanien und Polen und macht Georgien zu einem strategisch interessanten Beschaffungsmarkt.
Deutschland als wichtigster Abnehmer in der EU
Georgiens Heidelbeerexporte wachsen rasant. Moderne Anbautechniken, internationale Zertifizierungen wie GLOBALG.A.P. für die Qualitätssicherung und staatliche Förderprogramme treiben die Entwicklung voran. Deutschland hat sich dabei zum wichtigsten Abnehmerland innerhalb der EU entwickelt.
Im Jahr 2024 exportierte Georgien laut dem Informationsportal EastFruit fast 5.000 Tonnen Heidelbeeren weltweit, darunter:
- 358 Tonnen nach Deutschland,
- 83 Tonnen nach Polen und
- 50 Tonnen in die Niederlande.
Georgien ist mehr als ein Nischenanbieter
Zum Vergleich: 2019 erreichten laut UN Comtrade nur 169 Kilogramm georgische Heidelbeeren den deutschen Markt. Georgien hat sich in der internationalen Heidelbeerbranche längst über den Status eines Nischenanbieters hinausentwickelt.
Russland dominiert weiterhin, EU als Diversifizierungsziel
Zwischen 2020 und 2024 gingen rund 86 Prozent der georgischen Heidelbeerexporte nach Russland. Dennoch gewinnt die EU als Absatzmarkt im Zuge von Georgiens Exportdiversifizierung an Bedeutung. Die transparenten Konditionen und stabilen Verträge machen sie für georgische Produzenten attraktiv.
Rasantes Wachstum der Anbauflächen
Die westgeorgischen Regionen Gurien und Imeretien mit ihren eher sauren Böden bieten ideale klimatische Bedingungen für den Heidelbeeranbau. Hier ist die Anbaufläche für Blaubeeren in den letzten Jahren besonders stark gewachsen.
Georgien überholt westeuropäische Anbauländer
Heidelbeeren werden landesweit inzwischen auf über 3.000 Hektar angebaut. Damit überholte das kleine Kaukasusland laut der UN-Datenbank für Landwirtschaft FAOSTAT Länder wie Deutschland (2.850 Hektar), Italien (2.000 Hektar) und Frankreich (1.200 Hektar). Im Vergleich zu den führenden europäischen Produzenten Polen (12.400 Hektar) und Spanien (4.890 Hektar) liegt Georgien jedoch noch zurück.
Volle Kapazität der Anbaufläche wird erst 2028 erreicht
Etwa 70 Prozent der Plantagen befinden sich 2025 noch im dritten oder vierten Jahr und sind daher nicht voll ertragsfähig.
"In etwa drei Jahren wird die Heidelbeerproduktion in Georgien ihre volle Kapazität erreichen und auf jährlich mehr als 25.000 Tonnen ansteigen",
prognostiziert Tornike Panjavidze, Vorsitzender des Georgischen Heidelbeerverbandes.
Immer mehr georgische Landwirte erkennen das wirtschaftliche Potenzial von Heidelbeeren, insbesondere der Sorten Bluecrop, Duke und Legacy. Laut Panjavidze lag der Großhandelspreis im Jahr 2024 bei etwa 4 bis 5 US-Dollar (US$) pro Kilogramm. Diese attraktiven Erlöse fördern Investitionen in neue Anbauflächen.
Chancen und Herausforderungen für deutsche Unternehmen im georgischen Heidelbeeranbau
Deutsche Unternehmen können vom georgischen Heidelbeeranbau profitieren, etwa durch das Anlegen von Plantagen, die Bereitstellung von Know-how, Infrastruktur und Zertifizierungen sowie durch Exportpartnerschaften. Die wachsende Dynamik des Sektors und die strategische Exportlücke während der EU-Saison eröffnen ein ideales Zeitfenster für den Markteintritt.
Georgische Heidelbeeren im deutschen Einzelhandel
Bereits heute greifen alle großen deutschen Handelsketten auf georgische Ware zurück. Einige Produzenten setzen gezielt auf Bio-Heidelbeeren und beliefern kleinere deutsche Märkte. Ein Branchenvertreter aus Rheinland Pfalz, der kürzlich eine erste Probelieferung aus Georgien erhalten hat, zeigte sich gegenüber Germany Trade & Invest beeindruckt von der hohen Qualität der Früchte sowie der professionellen Abwicklung der Exportformalitäten durch die georgischen Partner.
Herausforderungen entlang der Wertschöpfungskette
Trotz des Potenzials bestehen strukturelle Defizite, die gezielt adressiert werden müssen:
- Mangel an Kühlhäusern, Luftfrachtkapazitäten und qualifizierten Arbeitskräften,
- Fehlerhafte Anlage vieler Plantagen,
- Kurze Erntezeit und hohe Niederschläge erschweren die Logistik und
- Minengefahr im Schwarzen Meer verlängert Transportwege und Lieferzeiten.
Geopolitische und rechtliche Risiken
Die starke Abhängigkeit vom russischen Markt birgt geopolitische Unsicherheiten. Zudem sind für ausländische Investoren hohe Anfangsinvestitionen in Schutzmaßnahmen und Infrastruktur erforderlich. Rechtliche Risiken ergeben sich vor allem aus unsicheren Eigentumsverhältnissen und möglichen Nutzungskonflikten. Auch unklare Umwelt- und Wassergesetze können den Betrieb beeinträchtigen.
Strategische Hebel für deutsche Unternehmen
Mit gezielter Kooperation, technischer Unterstützung und langfristiger Strategie können deutsche Akteure maßgeblich zur Professionalisierung des Sektors beitragen – etwa durch:
- Schulung lokaler Arbeitskräfte,
- Aufbau zertifizierter Baumschulen und
- Entwicklung effizienter Logistiklösungen.
Investitionskosten und staatliche Förderung
Die Investitionskosten sind hoch, jedoch durch staatliche Co-Finanzierung wirtschaftlich attraktiv. Im Rahmen des Programms Plant the Future übernimmt der georgische Staat einen Teil der Kosten nach erfolgreicher Pflanzung und Installation der Bewässerung. Einige Geschäftsbanken bieten Landwirten, die in den Blaubeeranbau einsteigen wollen, gezielte Finanzierungsinstrumente an.
| Anbaumethode | Kosten |
|---|---|
| Freiland | 30.000 bis 34.000 |
| Tunnelgeschützt | ca. 85.000 |
| Topfproduktion (Osten) | 145.000 bis 170.000 |
Die Preise für landwirtschaftlich nutzbare Flächen in Westgeorgien haben sich seit 2018 verdoppelt und liegen derzeit bei etwa 8.000 bis 10.000 Euro pro Hektar. Besonders bei mehrjährigen Kulturen wie Heidelbeeren – die über viele Jahre hinweg Erträge bringen – zeigt sich, dass sich die Investitionen langfristig auszahlen.
| Kontaktmöglichkeit | Erläuterung |
|---|---|
| Deutsche Wirtschaftsvereinigung (DWV) Georgien | unterstützt deutsche Unternehmen beim Markteinstieg in Georgien; bietet Netzwerkveranstaltungen, Marktanalysen, Beratung und Messevertretung |
| Invest in Georgia | informiert Investoren über steuerliche Vorteile, zollfreien Zugang zum EU-Markt und konkrete Agrarprojekte; erleichtert den Einstieg mit Standortanalysen, Projektvorschlägen und Kontakten zu lokalen Partnern. |
| BIOFACH | Fachmesse für Bio-Lebensmittel in Nürnberg; nächster Termin: 10. bis 13. Februar 2026 |
| Georgischer Heidelbeerverband (Georgia Blueberry Growers Association) | vernetzt Produzenten, Exporteure und Investoren; fördert Qualitätsstandards wie GlobalG.A.P. sowie Schulungen im Anbau; unterstützt Export durch Marktinformationen, Messeauftritte; ist Interessenvertretung gegenüber Staat und Handel |
| FRUIT LOGISTICA | Weltleitmesse der Frischfruchtbranche in Berlin; nächster Termin: 4. bis 6. Februar 2026 |