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Marktchancen

Ghana will seinen Abfallsektor modernisieren. Dabei soll der Privatsektor helfen. Probleme bereiten fehlende Finanzierung und Durchsetzung der gesetzlichen Vorgaben.

Von Corinna Päffgen | Accra

Eine wachsende Bevölkerung sowie abfallintensive Wirtschaftsbereiche sorgen für ein steigendes Abfallaufkommen und zunehmende Umweltprobleme. Investitionen in den Sektor sind dringend erforderlich, dafür setzt Ghana vor allem auf den Privatsektor. Geplant ist zudem ein neues Gesetz zur Herstellerverantwortung von Kunststoffprodukten.

Geordnete Abfallwirtschaft steht noch am Anfang

Der Aufbau einer geordneten Abfall- und Kreislaufwirtschaft steckt noch in den Kinderschuhen. Ein übergeordnetes Konzept existiert bislang noch nicht. Allerdings hat Ghana bereits vor einiger Zeit begonnen, einen umfassenden regulatorischen Rahmen zu schaffen.

Mit der Verabschiedung der National Solid Waste Management Strategy (NSWM) und der National Plastics Management Policy (NPMP) im Jahr 2020 hat Ghana einen wichtigen Schritt in Richtung Aufbau einer Kreislaufwirtschaft unternommen. Das Land möchte die Entsorgungsinfrastruktur ausbauen und die Verwertungsquoten erhöhen. Eine bessere Koordinierung sowie die Schaffung eines kohärenten Vorschriften- und Regelwerks gelten als Voraussetzung für die Entwicklung des Sektors. Bewertungs- und Beschaffungsrichtlinien sowie die Verträge bei öffentlichen Beschaffungen sollen standardisiert werden. Die Politik will den Privatsektor stärker einbinden, dafür wiederum will sie wichtige Voraussetzungen schaffen, wie die Etablierung nachhaltiger Finanzierungsmechanismen. Neben Nutzungsgebühren wird die Einrichtung spezifischer Fonds wie zum Beispiel eines Kunststoffabfall-Recyclingfonds angedacht. 

Geplant ist auch eine Verschärfung der Auflagen für Unternehmen. Derzeit befindet sich ein Gesetzesvorschlag zur erweiterten Herstellerverantwortung (Extended Producer Responsibility - EPR) für Produzenten von Kunststoffprodukten in der Ausarbeitung, federführend ist das Umweltministerium. Danach sollen Hersteller und Inverkehrbringer zur Rücknahme und Entsorgung oder Wiederverwertung verpflichtet werden. Ghana ist als erstes afrikanisches Land der Global Plastic Action Partnership beigetreten, um die zunehmende Umweltverschmutzung durch Plastikmüll zu bekämpfen.

In Ghana existiert bereits eine Reihe von Gesetzen zur ordnungsgemäßen Behandlung und Entsorgung von Abfällen. Jedoch mangelt es stellenweise an der effektiven Umsetzung der Vorschriften beziehungsweise an der Überwachung, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Dies zu verbessern, ist eine der Herausforderungen. 

Eine größere Herausforderung wird es sein, die Finanzierung der Pläne sicherzustellen. Die bislang erhobenen Müllgebühren reichen dafür nicht aus. Steigende Gebühren dürften allenfalls im gewerblichen Bereich durchsetzbar sein, bei Privathaushalten derzeit nur bedingt. 

Abfallentsorgung ist nur teilweise organisiert

Pro Tag werden einem Report der Weltbank (Stand 2017) zufolge in Ghana 0,51 kg pro Person an Abfall produziert. Das bedeutet bei einer aktuellen Bevölkerungszahl von rund 34 Millionen Menschen (Stand 2023) ein Abfallaufkommen von 6,3 Millionen Tonnen pro Jahr.

6,3 Millionen Tonnen

beträgt die jährliche Abfallmenge.

Organische Abfälle stellen mit etwa 60 Prozent den größten Anteil an der Gesamtabfallmenge dar. Kunststoffe machen 14 Prozent, Papier 5 Prozent am gesamten Aufkommen aus, Metalle und Glas jeweils 3 Prozent. Ein zunehmendes Problem sind Altkleider, die in großen Mengen aus westlichen Ländern nach Ghana exportiert werden. Der größte Teil der Textilien wird nicht weiterverkauft, sondern endet als Abfall. Statistiken zum Aufkommen von Bau- und Abbruchabfällen sowie zu gefährlichen Abfällen sind nicht verfügbar.

Die Kommunalverwaltungen sind für das Sammeln und Entsorgen von Siedlungsabfällen zuständig. In der Regel schließen sie Verträge mit privaten Unternehmen ab. Daneben übernehmen Akteure des informellen Sektors das Sammeln und Sortieren von Abfällen, um an Wertstoffe zu gelangen. Die Abholung von Abfällen ist in städtischen Gegenden relativ gut organisiert, selten in ruralen Gegenden. So liegt die von der Weltbank geschätzte Abfallabholungsquote für die Hauptstadt Accra bei etwa 80 Prozent, insgesamt werden in Ghana jedoch nur rund 20 bis 30 Prozent des Abfalls gesammelt.

Hauptentsorgungswege sind geordnete und geregelte Deponien sowie ungeregelte Halden, die internationalen Standards in der Regel nicht entsprechen. Weitere Entsorgungswege sind wilde Müllkippen, der Straßenrand, Abwasserkanäle sowie die offene Verbrennung einschließlich toxischer Abfälle. Nach Angaben des Ministeriums für Abwasserentsorgung und Wasserressourcen (Ministry of Sanitation and Water Resources) gibt es sechs geordnete Deponien (Sanitary Landfills), das heißt Deponien, bei denen der Müll verdichtet und mit Erdschichten bedeckt wird. Daneben existieren 20 geregelte Deponien (Controlled/Improved Dumpsites) und über 200 ungeregelte Halden (Final Disposal Sites). Große Deponien befinden sich in den großen Städten wie Accra, Tema, Takoradi und Kumasi.

Der Müll wird bisher kaum verwertet

Mülltrennung und Wiederverwertung finden noch wenig statt, nur langsam werden entsprechende Kapazitäten aufgebaut. So eröffnete das ghanaische Unternehmen Zoomlion unter anderem mehrere Abfallsortier- und Kompostieranlagen. Der Firma kommt quasi eine Monopolstellung im Abfallsektor zu.

Jedes Jahr produziert Ghana etwa 1 Million Tonnen Plastikmüll, wovon bislang weniger als 10 Prozent wiederverwertet werden. Die höchste Verwertungsquote haben Branchenkennern zufolge Elektroaltgeräte, die wertvolle Metalle enthalten. Rund um die Behandlung von Altmetallen hat sich eine lukrative, größtenteils informelle Industrie entwickelt, in der etwa 35.000 Menschen tätig sind. Das im informellen Sektor weit verbreitete Abbrennen der Kunststoffanteile zum Auslösen der Metalle ist dabei hochgradig gesundheits- und umweltschädlich. Die bekannte Deponie für E-Schrott "Agbogbloshie" in Accra ist zwar mittlerweile geschlossen, jedoch werden die Aktivitäten dort und an anderen Orten weiter fortgesetzt.

Engagement im Bereich Kunststoff-Recycling wächst

Zunehmend engagieren sich NGOs, wie zum Beispiel Plastic Punch oder Recycle Up! Ghana, Unternehmen und Geberinstitutionen im Bereich Recycling und der Förderung des Umweltbewusstseins. 

Im Jahr 2017 haben acht multinationale Unternehmen, darunter Coca-Cola, Fanmilk, Guinness und Nestlé die Ghana Recycling Initiative by Private Enterprises gegründet, die Projekte zum Sammeln von Plastik sowie Kampagnen zur Aufklärung und Stärkung des Umweltbewusstseins unterstützen. Zudem arbeiten sie eng mit Unternehmen zusammen, die Plastik sammeln und recyclen. Das Reycling von PET-Flaschen findet noch wenig statt. Mit der Verabschiedung des Gesetzes zur erweiterten Herstellerverantwortung dürfte auch hier künftig mehr Dynamik entstehen.

Die Plastic Waste Recovery Plattform ist eine Initiative des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen. Sie möchte alle Akteure der Wertschöpfungskette im Abfallsektor miteinander verbinden, um die Abfallverwertung und den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft voranzutreiben.

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) engagiert sich mit verschiedenen Projekten, zum Beispiel bei umweltgerechter Entsorgung und Recycling von Elektroschrott.

Waste-to-energy-Anlage entsteht mit deutscher Unterstützung

Die energetische Verwertung steht ebenfalls am Anfang. Bislang existiert in Ashaiman (Accra) eine kommerzielle Biogas-Anlage, die aus Klärschlamm und organischen Abfällen Strom gewinnt. Im Rahmen eines "Waste2Energy"-Forschungsprojektes ghanaischer und deutscher Partner unter Leitung der Universität Rostock wurde 2022 zudem eine Hybrid-Photovoltaik-Biogas-Müllverbrennungsanlage eingeweiht. Die Pilotanlage verfügt unter anderem über eine Sortieranlage für gemischte Abfälle und eine Kompostanlage und produziert neben Strom auch Düngemittel.

Geschäftsmöglichkeiten bieten sich grundsätzlich in vielen Bereichen, da viele Felder noch gar nicht entwickelt sind oder sich noch ganz am Anfang befinden. Dazu gehört die Abfallwirtschaftsplanung, die getrennte Erfassung von Siedlungsabfällen und die noch geringe Behandlung organischer Abfälle. Hier können sich Marktchancen zum Beispiel für Hersteller für Behälter und Systeme sowie für Bau und Planung von Recycling-, Sortier- und Kompostieranlagen ergeben. Bedarf besteht zudem bei Abfallsammelfahrzeugen. Das hohe Aufkommen an organischem Abfall ist für Biogasanlagen interessant. Im Bereich der Deponiewirtschaft besteht ebenfalls großer Modernisierungsbedarf, bestehende Deponien müssen saniert werden und auch der Bau neuer, moderner Halden dürfte künftig politisch angestrebt werden. Zudem dürfte der Bedarf an Beratungs- und Schulungsleistungen für Behörden und Fachpersonal steigen.

Aufgrund des geringen finanziellen Spielraums sind jedoch große staatliche Investitionen ebenso wenig zu erwarten wie schnelle Fortschritte bei der Modernisierung des Sektors. Chancen bieten Projekte internationaler Geberinstitutionen (siehe Rahmenbedingungen).

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