Wirtschaftsausblick | Griechenland
Griechenlands Wirtschaft wächst schneller als der EU-Durchschnitt
Investitionen beleben dank der EU-Fördermittel das griechische Wirtschaftswachstum. Deutschland bleibt zweitwichtigster Handelspartner.
13.06.2025
Von Michaela Balis | Athen
Top Thema: US-Zölle beunruhigen Griechenland
Die US-Zölle auf europäische Produkte sorgten in Griechenland für Unruhe. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) könnte dadurch um 0,5 Prozent beziehungsweise 1,1 Milliarden Euro sinken. Die US-Zollpolitik hat geringe direkte Auswirkungen auf die griechischen Exporte, denn nur 5 Prozent der griechischen Lieferungen gehen in die USA. Vorrangig betroffen sind griechische Lebensmittelexporte, die etwa 27 Prozent der Gesamtexporte dorthin ausmachen.
Gravierender sind die indirekten Folgen. Höhere Zölle könnten die Wirtschaft wichtiger Abnehmerländer wie Italien und Deutschland schwächen – mit negativen Folgen für die griechischen Exporte. Hinzu kommt: Die griechische Wirtschaft ist stark vom Tourismus abhängig, der direkt und indirekt etwa ein Viertel zum BIP beiträgt. Verschlechtert sich die Lage in den Herkunftsländern der Urlauber, dürfte das nicht nur die Zahl der Touristen senken, sondern auch deren Ausgaben pro Kopf.
Wirtschaftsentwicklung: Förderung treibt Wirtschaft weiter an
Mit einem prognostizierten Wirtschaftswachstum von 2,3 Prozent im Jahr 2025 liegt Griechenland weiterhin deutlich über dem EU-Durchschnitt von 1,1 Prozent. Haupttreiber bleibt der Zufluss von EU-Fördermitteln, die Investitionen anstoßen und die Konjunktur stützen.
Laut Frühjahrsprognose der EU-Kommission sollen die Bruttoanlageinvestitionen im Jahr 2025 um knapp 8 Prozent steigen – dem letzten vollen Jahr vor dem Auslaufen des EU-Aufbaufonds im August 2026.
Auch 2026 wächst die griechische Wirtschaft weiter: Das Bruttoinlandsprodukt soll um 2,2 Prozent steigen. Dennoch bleibt die Kaufkraft niedrig. Laut Eurostat liegt sie bei nur 82 Prozent des EU-Durchschnitts – ein Platz am unteren Ende der Eurozone.
Der private Konsum wächst langsamer als im Vorjahr. Um gegenzusteuern, hat die Regierung im April 2025 den Mindestlohn auf 880 Euro angehoben. Die Inflation geht zwar zurück und dürfte 2025 bei 2,8 Prozent liegen, bleibt damit aber über dem EU-Durchschnitt von 2,3 Prozent.
Verzögerungen bei der Auszahlung der Fördermittel halten an
Griechenland stehen bis Ende August 2026 insgesamt 36 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbaufonds zur Verfügung. Bis Mai 2025 hat das südosteuropäische Land rund 21,3 Milliarden Euro aus diesem Fonds erhalten – das entspricht knapp 60 Prozent der gesamten vorgesehenen Mittel. Die Verzögerungen bei der Auszahlung der Beträge halten an. Im Jahr 2024 erreichte aufgrund bürokratischer Hürden nur etwa ein Drittel der bereits ausgezahlten EU-Fördermittel die Privatwirtschaft – in Form von Krediten und Zuschüssen. Das kann dazu führen, dass Projekte ins Stocken geraten.
Deutschland bleibt zweitwichtigster Handelspartner
Im Jahr 2024 war Italien erneut Griechenlands wichtigster Handelspartner. Deutschland folgte mit geringem Abstand auf Platz 2, gefolgt von China. Die Importe aus Deutschland stiegen im Vergleich zum Vorjahr um rund 4,4 Prozent. Mit einem Anteil von 10,7 Prozent an den gesamten griechischen Einfuhren bleibt Deutschland aber wichtigster Lieferant. Besonders gefragt sind deutsche Produkte aus dem Fahrzeugbau sowie aus der medizinischen, pharmazeutischen und chemischen Industrie.
In der Rangliste der wichtigsten Abnehmer griechischer Produkte ist Italien der Spitzenreiter. Es folgen Deutschland und Zypern. Die griechischen Lieferungen nach Deutschland stiegen im Jahr 2024 um 3,1 Prozent.
Deutsche Exporteure bleiben trotz Rückgang führend
Die griechischen Kfz-Importe stiegen in den ersten drei Monaten des Jahres 2025 um rund 3 Prozent im Vorjahresvergleich, meldet Eurostat. Im gleichen Zeitraum gingen die Kfz-Importe aus Deutschland um knapp 4 Prozent zurück; ebenso aus Frankreich, Italien und Spanien. Hingegen legten die Importe aus der Türkei, aus Tschechien, Belgien und Ungarn zu.
Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Nachfrage nach deutschen Autos rückläufig ist. Zum einen wirkt hier ein sogenannter Basiseffekt: In den vergangenen Jahren kam es zu einem etwas stärkeren Anstieg der Fahrzeugimporte, wodurch das aktuelle Niveau im Vergleich dazu lediglich eine Normalisierung darstellt. Zum anderen schließen griechische Autovermietungen ihre Bestellungen für das Folgejahr typischerweise erst im Verlauf des 1. Halbjahres ab, sodass es hierbei noch zu zeitlichen Verschiebungen kommen kann. Deutschland bleibt wichtigster Lieferant mit einem Anteil von rund 27 Prozent.
Deutsche Perspektive: Griechenland will Logistik-Hub werden
Dank der geografischen Lage hat Griechenland das Potenzial sich als Logistikdrehkreuz in der Region zu etablieren. Die Nachfrage nach Lagerräumen und 3PL-Dienstleistern, die Transport-, Lager- und Lieferdienste anbieten, steigt stetig. Griechischen Pressemeldungen zufolge soll es in den nächsten Jahren Investitionen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro in der Branche geben.
Elena Kallona, Managing Director bei Jungheinrich Greece, der griechischen Tochtergesellschaft des deutschen Lösungsanbieters für Intralogistik, ist optimistisch: "Die verstärkten Investitionen in die Logistikinfrastruktur stehen im Einklang mit unserer Strategie 2030+, die auf Automatisierung und Nachhaltigkeit setzt." Jungheinrich Hellas ist seit 25 Jahren in Griechenland aktiv.
Hintergrundinformationen zu Griechenland bieten unsere Reihen "Wirtschaftsdaten kompakt" und "Wirtschaftsstandort" sowie das Special "Klimaschutzatlas Griechenland."