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Wirtschaftsausblick | Griechenland
Die griechische Wirtschaft wächst leicht dank der EU-Fördermittel für Investitionen, des Tourismus und des privaten Konsums. Der Preisdruck dürfte nachlassen.
02.06.2023
Von Michaela Balis | Athen
Das griechische Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird 2023 real um 2,4 Prozent wachsen, erwartet die Europäische Kommission in ihrer Frühjahrsprognose. Für 2024 sind die Vorhersagen zurückhaltender: Das BIP-Wachstum wird sich ungefähr halbieren. Nicht nur wird demnach die globale Nachfrage im Jahr 2024 nachlassen, auch muss der griechische Staat seine Ausgaben kürzen, gemäß den Empfehlungen der Europäischen Union (EU).
Einen wesentlichen Beitrag zum BIP werden 2023 die Investitionen leisten, die dank des EU-Aufbaufonds mobilisiert werden. Auch die Tourismusbranche wird weiterhin positiv zum BIP-Wachstum beitragen. Im Jahr 2023 wird der Branchenumsatz wahrscheinlich um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr wachsen (Umsatz 2022: 17,6 Milliarden Euro). Zum Wirtschaftswachstum tragen außerdem die Exporte und der private Konsum bei, auch wenn sie 2023 weniger wachsen werden als im Vorjahr.
Der Sieg der regierenden konservativen Partei Nea Dimokratia bei der ersten Runde der Parlamentswahlen am 21. Mai, allerdings ohne absolute Mehrheit, spricht für Stabilität in den nächsten vier Jahren. Die zweite Wahlrunde findet am 25. Juni statt. Einer neuen Amtszeit der aktuellen Regierung steht aber bereits jetzt nichts mehr im Weg.
Problematisch bleibt die Tatsache, dass Griechenland mehr verbraucht als es produziert. Das spiegelt sich im negativen Leistungsbilanzsaldo als Prozentsatz des BIP wider, der von -9,2 Prozent im Jahr 2021 auf fast -12 Prozent im Jahr 2022 kletterte.
Die rückläufigen Energiepreise wirken sich positiv auf die Inflation aus. Für 2023 geht die EU-Kommission von 4,2 Prozent aus, was gut eine Halbierung der Inflation gegenüber den 9,3 Prozent im Vorjahr bedeuten würde. Kopfzerbrechen bereiten die weiterhin hohen Lebensmittelpreise: Im April 2023 lagen sie 11,4 Prozent über dem Vorjahresmonat.
Der Anstieg des nominalen BIP kommt den Staatsschulden zugute. Im Jahr 2023 sollen sie auf 160,2 Prozent des BIP fallen.
Die diplomatischen Beziehungen mit der Türkei verbesserten sich nach dem verheerenden Erdbeben im Februar 2023. Allerdings sind erneute Spannungen mit dem Nachbarland nicht auszuschließen.
Indikator | 2022 | 2023*) | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. Euro) | 208,0 | 223,1 | 3.867 |
BIP pro Kopf (Euro) | 19.700 | 21.200 | 46.149 |
Bevölkerung (Mio.) | 10,5 | 10,5 | 84,3 |
Die Bruttoanlageinvestitionen werden im Jahr 2023 real um 6,3 Prozent zunehmen, erwartet die EU. Treibende Kraft sind die rund 30 Milliarden Euro aus dem EU-Aufbaufonds in Form von Krediten und Zuschüssen.
Die griechische Regierung beantragte im Mai 2023 die dritte Tranche aus dem EU-Aufbaufonds in Höhe von 1,72 Milliarden Euro. Damit würden 12,8 Milliarden Euro von den insgesamt 17,3 Milliarden Euro an Zuschüssen in griechische Kassen fließen.
Griechischen Unternehmen stehen zudem rund 12,8 Milliarden Euro in Form von Krediten zur Verfügung. Die griechischen Banken melden, dass ihnen 392 private Projektvorschläge mit einem Gesamtbudget von 12,3 Milliarden Euro vorliegen. Für Projekte im Wert von 5,7 Milliarden Euro wurden bereits Kreditverträge unterzeichnet. Bei den Vorhaben handelt es sich unter anderem um Industrie- und Einzelhandels-, Stromerzeugungs-, Telekommunikations- und Tourismusprojekte.
Projektbezeichnung | Investition (in Mio. Euro) | Projektstand | Projektträger |
---|---|---|---|
Nördliche Autobahn Kreta | 2.000 | Auftragnehmer für Abschnitt Neapoli-Agios Nikolaos: Aktor; Baubeginn: 2023; Auftragnehmer für Abschnitt Chersonissos-Neapoli: Konsortium GEK Terna, Aktor, Intrakat; Unterzeichnung Konzessionsvertrag: 2023; Abschnitt Chania-Chersonissos: Auftragnehmer: wird bis Ende 2023 bestimmt, Fertigstellung bis 2029; Kofinanzierung aus EU-Partnerschaftsvertrag 2021-2027 und EU-Aufbaufonds | |
Athener Metrolinie 4 (1. Teil, 12,8 km) | 1.800 | Baubeginn: 2022; Zuschlag erteilt an Avax-Ghella-Alstom | |
"Green HiPo"; Herstellung von Ausrüstung für die Wasserstofferzeugung | 780 | Projektstart: 2023; IPCEI-Projekt | |
Studie, Bau, Finanzierung, Betrieb, Instandhaltung und Nutzung des internationalen Flughafens Kasteli | 520 | Fertigstellung: bis 2025; Bauarbeiten haben 2020 begonnen | |
Studie, Finanzierung, Betrieb, Instandhaltung und Nutzung der Unterseestraße zwischen der Insel Salamis und dem Festland | 500 | Unterzeichnung des Konzessionsvertrags: im Laufe des Jahres 2023 | Ministerium für Infrastruktur, Transport und Netzwerke |
Nördlicher Teil der Autobahn E65 (Trikala-Egnatia) | 442 | Auftragnehmer: Terna, Fertigstellung bis 2025 | |
Östliche Ringstraße Thessaloniki (Flyover, 13,5 km) | 373 | Auftragnehmer: Avax-Mytilineos; Baubeginn: 2023; Fertigstellung: bis 2026; wird als PPP-Projekt realisiert | |
LNG-Speicher- und Regasifizierungsanlage (FSRU) Alexandroupolis | 370 | Baubeginn: 2022; Inbetriebnahme: im Laufe des Jahres 2023 | |
Autobahnstrecke Ioannina-Kakkavia (Teil der Ionia Odos) | 310 | Ausschreibung wird im Juni 2023 erwartet | Ministerium für Infrastruktur, Transport und Netzwerke |
Bahnstrecke Rododafni-Rio 28,8 km (Teil der Bahnstrecke Kiato-Patras) | 129,5 | Auftragnehmer: Konsortium Mytilineos-Terna, Fertigstellung: 2025 |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Informationen zu EU-Binnenmarktausschreibungen bietet GTAI auf ihrer Internetseite an.
Die Inflationsrate soll im Jahr 2023 laut EU von 9,3 auf 4,2 Prozent fallen. Die Lebenshaltungskosten steigen weiter, besonders die Lebensmittelpreise. Um der Teuerungsrate entgegenzuwirken, erhöhte die griechische Regierung im April 2023 den Bruttomindestlohn um 9,4 Prozent auf 780 Euro pro Monat.
Der durchschnittliche nominale Bruttolohn legte im Jahr 2022 um 1,5 Prozent zu. Der reale Bruttolohn ist inflationsbedingt um 7,4 Prozent zurückgegangen, meldet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.
Der private Konsum wird im Jahr 2023 laut EU-Prognosen um 1,6 Prozent wachsen. Im Jahr zuvor waren es 7,8 Prozent. Das moderate Wachstum ist auf die höheren Preise, die auf das verfügbare Einkommen drücken, zurückzuführen.
Die Sparquote der Haushalte, also die Bruttoersparnisse geteilt durch das verfügbare Bruttoeinkommen, bleibt im Jahr 2023 negativ (-1,3 Prozent), so die EU-Kommission. Das bedeutet, dass die Haushalte ihre Ersparnisse nutzen, um ihre Ausgaben zu finanzieren.
Die griechischen Importe von Waren und Dienstleistungen werden den EU-Prognosen zufolge im Jahr 2023 um 4,7 Prozent zulegen, die Exporte um 6,5 Prozent.
Im Gesamtjahr 2022 wuchs der griechische Außenhandel im Vorjahresvergleich um rund 40 Prozent, was auch auf die höheren Preise zurückzuführen ist. Einen enormen Beitrag leisteten die Exporte des importierten Erdgases: sie schnellten wertmäßig um rund 600 Prozent in die Höhe. Griechenland liefert etwa ein Viertel des vorrangig aus den USA und Russland importierten Erdgases nach Bulgarien.
Italien war das größte Abnehmerland griechischer Produkte, gefolgt von Bulgarien und Deutschland. Russland löste 2022 Deutschland als wichtigstes Lieferland ab, jedoch bleiben die Deutschen bedeutendster Handelspartner Griechenlands.
Die griechischen Einfuhren aus Deutschland stiegen im Jahr 2022 um ein Fünftel im Vergleich zum Vorjahr. Die Kfz-Einfuhren legten um fast 30 Prozent und die Importe von Telekommunikationsausrüstung um fast zwei Drittel zu.
2021 | 2022 | Veränd. 2022/2021 | |
---|---|---|---|
Importe (cif) | 65,4 | 93,1 | 42,3 |
Exporte (fob) | 40,0 | 54,7 | 36,8 |