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Special | Indien | Global Gateway

Deutschland prägt Global Gateway in Indien

Ab 2024 entstehen die ersten beiden Leuchtturmprojekte der EU-Infrastrukturinitiative in Indien. Ihr Erfolg hängt wesentlich von deutschen Geldgebern ab. (Stand: 13.12.2023)

Von Marcus Hernig | Bonn

Selbst für die Delegierten der EU-Kommission in New Delhi ist Global Gateway noch Neuland: Von den 87 gelisteten Global-Gateway-Leuchtturmprojekten des Jahres 2023 weltweit war kein einziges in Indien verortet.

Franck Viault, Leiter des Kooperationsprogramms der EU-Delegation in Indien und Bhutan, liefert die Erklärung: "Die EU-Delegation in Indien war in diesem Jahr noch kein Mitglied von 'Team Europe'." Da Global Gateway mit sogenannten Team-Europe-Initiativen einem Zusammenschluss von EU-Institutionen, EU-Mitgliedsstaaten und europäischen Entwicklungsbanken – umgesetzt wird, tauchte Global Gateway in Indien bislang nicht auf. Ab 2024 ändert sich das: Mit der EU-Kommission, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden besteht das Team Europe in Indien zu Beginn aus vier Mitgliedern. Andere EU-Staaten haben bisher wenig oder kein Interesse an Global Gateway in Indien und einer Team-Europe-Beteiligung dort gezeigt.

EU-Staaten formen Global Gateway

Insgesamt rund 80 Millionen Euro hat die EU-Kommission im Jahr 2023 in verschiedene Infrastrukturcluster wie nachhaltige Urbanisierung, erneuerbare Energien oder Wasserversorgung investiert. Das ist wenig – im Vergleich zu den Infrastrukturförderungen der Europäischen Investitionsbank (EIB, European Investment Bank) und der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten: Mit deren Mitteln laufen 2023 zahlreiche Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 15,5 Milliarden Euro. Die Einzelprojekte gehören vor allem zu den Clustern Transport, Energie, Wasserversorgung und Landwirtschaft. Die zahlreichen Einzelprojekte zu erfassen und dann unter das Dach "Global Gateway" zu bringen, ist nun eine Kernaufgabe der EU-Kommission in Neu-Delhi. Global Gateway in Indien ist damit vor allem ein gemeinsames und sichtbares Label europäischer Investitionen im Infrastrukturbereich.

Die 15,5 Milliarden Euro stammen nur zu insgesamt knapp 30 Prozent von der EU und ihrer Hausbank, der EIB. Mehr als 70 Prozent der geförderten Infrastrukturen finanzieren vier Geldgeber dreier Mitgliedsstaaten: Die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die französische Agentur für Entwicklung (AFD, Agence française de développement) und die niederländische Bank für unternehmerische Entwicklung (FMO, Financierings-maatschappij voor Ontwikkelingslanden). 

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Hälfte der Investitionen stammt aus Deutschland

Die führende Rolle unter den europäischen Entwicklungsbanken spielt die deutsche KfW. In Form zinsgünstiger Kredite fördert die KfW sogenannte "Green Energy Corridors" und damit den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien in Indien. Entlang der mittlerweile 7.770 Kilometer langen Korridore entstehen Solar- und Windkraftprojekte sowie neue Stromleitungsnetze. Energiespeicher sind ein weiteres großes Thema. Im Jahr 2023 unterstützt die KfW laufende Projekte und Projektplanungen in Indien mit rund 7,8 Milliarden Euro. "Deutschland gibt das meiste Geld. KfW und GIZ gehören dabei zu den wichtigsten europäischen Akteuren. Die GIZ ist federführend dabei, um Indiens grüne Transformation voranzubringen", resümiert Laurent Le Danois, ein Teamleiter der EU-Delegation.

Nach Recherchen der EU-Delegation in New Delhi belaufen sich die finanziellen GIZ-Leistungen in den laufenden Projekten des Jahres 2023 zwar nur auf rund 415 Millionen Euro. Doch die technische Expertise und der hochqualifizierte Personaleinsatz in zahlreichen Projekten zur umweltverträglichen Transformation Indiens sind weit bedeutender.

EU plant zwei Leuchtturmprojekte in Indien für 2024

"Für das Jahr 2024 sind wir endlich so weit, in Indien zwei Cluster mit Leuchtturmprojekten für Europas Konnektivitätsprogramm zu identifizieren und voranzubringen", sagt Laurent Le Danois. Der erste Cluster umfasst Projekte für nachhaltige Urbanisierung – dazu gehört besonders der U-Bahn-Bau. Der zweite Cluster fördert erneuerbare Energien und damit direkt die Energiewende in Indien.

Grundlage der Global-Gateway-Leuchttürme sind ebenfalls bereits bestehende Aktivitäten: Bis 2023 förderten EU-Kommission, EIB und die EU-Mitgliedsstaaten nachhaltige Urbanisierung – vom U-Bahn-Bau bis zur intelligenten Verkehrsplanung – mit knapp 8,2 Milliarden Euro. Den größten Anteil daran stellen die KfW-Bank mit über 4 Milliarden Euro an Fördermitteln und die EIB. Diese vergab rund 3 Milliarden Euro an niedrig verzinsten Krediten für U-Bahnsysteme in indischen Städten. In Projekte, die ab 2024 zum zweiten Leuchtturmprojekt – der Förderung von Indiens Energiewende – gehören sollen, waren 2023 insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro europäisch investiert. 

Beide Cluster zusammen enthalten über 80 Prozent der Projektmittel, welche EU und Mitgliedsstaaten in Indien derzeit einbringen. Weitere Themen der europäischen Infrastrukturförderung in Indien sind unter anderem Wasserversorgung, Digitalisierung, Landwirtschaft und Standards für nachhaltige Finanzierung.

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Mapping soll Firmen den Einstieg in Projekte ermöglichen

"Je genauer wir dokumentieren, wieviel Geld für welche Projekte in welchen Clustern ausgegeben wird, desto genauer kann ein europäisches Unternehmen erkennen, wo es in Indien aktiv werden kann", sagt Laurent Le Danois. Anhand des Mappings sollen sich deutsche und andere europäische Unternehmen künftig über die bestehenden und geplanten Vorhaben informieren können. Die EU hofft, so Unternehmen für Public-private-Partnerships im indischen Infrastrukturbau zu gewinnen. Welche Projekte 2024 zusätzlich zu den laufenden oder bereits geplanten Vorhaben der EU, der EIB und der nationalen Entwicklungsbanken im Rahmen von Global Gateway gefördert werden, ist noch nicht bekannt.

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