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Wirtschaftsumfeld | Indien | Wirtschaftsstruktur

Indien strebt Wandel der Wirtschaftsstruktur an

Der riesige Markt lockt auch deutsche Firmen an. Die Regierung versucht, die industrielle Wertschöpfung zu steigern.

Von Florian Wenke | Mumbai

Indien hofft, als großer Sieger aus dem Wettstreit um Investitionen im Zuge der Verlagerung von Lieferketten hervorzugehen. Das Land möchte ein globales Produktionszentrum werden. 

Es werden Millionen Arbeitsplätze abseits der Subsistenzlandwirtschaft benötigt, um die junge, aufstiegsorientierte und wachsende Bevölkerung in Lohn und Brot zu bringen. Eine weitere Mammutaufgabe ist der Wandel des Landes zu Klimaneutralität. Dieses Ziel möchte Indien bis 2070 erreichen

Die mit dem Bevölkerungswachstum einhergehende Welle der Urbanisierung wird Indien ebenfalls prägen. Momentan leben etwas mehr als ein Drittel der Menschen in Städten. Laut den Vereinten Nationen sollen es bis 2030 rund 40 Prozent sein. Dafür sind große städtebauliche Maßnahmen nötig, die Themen wie Transport und Nahverkehr, aber auch Bauwirtschaft und Wasserversorgung betreffen.

 

1.464 Mio.

Personen lebten Mitte 2025 in Indien.

Quelle: UN 2025

4.187 Mrd.

US-Dollar beträgt das Bruttoinlandsprodukt 2025/2026 laut Prognosen.

Quelle: IMF 2025

2.878

US-Dollar machte das BIP pro Kopf damit 2025/2026 aus.

Quelle: IMF 2025

Rang 22

belegte das Land 2024 unter den deutschen Exportzielen.

Quelle: Destatis 2025

Rang 96

nimmt das Land im Corruption Perceptions Index 2024 ein (unter 180 Ländern).

Quelle: Transparency International 2025

19,1 %

betrug die Analphabetenquote im Betrachtungszeitraum Juli 2023 bis Juni 2024.

Quelle: Ministry of Statistics and Programme Implementation 2024

Ausführliche Informationen zur indischen Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt

Die Marktgröße bietet deutschen Unternehmen Vorteile

Regelmäßig befragen die Deutsche Industrie- und Handelskammer und die Auslandshandelskammern (AHK) deutsche Unternehmen zur Einschätzung der Lage in Auslandsmärkten. Die Ergebnisse werden im World Business Outlook veröffentlicht. In der Ausgabe für Frühjahr 2025 schätzen die befragten Unternehmen die aktuelle Geschäftslage und die zukünftigen Geschäftserwartungen für Indien deutlich besser ein als für die gesamte Region Asien-Pazifik (ohne China). 

Im Gespräch häufig genannte Gründe für die positiven Erwartungen an Indien sind die Marktgröße sowie die Nähe zum Kunden. Kostenvorteile gehören ebenfalls zu den Punkten, die deutsche Unternehmen an Indien schätzen. 

Anlässlich eines Besuches im Oktober 2025 äußerte sich Oliver Richtberg, Leiter Außenwirtschaft VDMA, zum Standort:

„Die Entwicklung in Indien bleibt dynamisch und die Nachfrage nach Investitionsgütern weiterhin hoch. Nahezu alle wichtigen Kundenbranchen sowie der Maschinenbau selbst investieren verstärkt im Land. Zahlreiche VDMA-Mitglieder prüfen derzeit mögliche neue Geschäftschancen, die sich daraus ergeben können.“

Allerdings gibt es auch andere Stimmen: Die lähmende Bürokratie ist einer der am häufigsten genannten Kritikpunkte beim Gespräch mit Unternehmensvertretern. Im German-Indian Business Outlook 2025 der AHK Indien sind bürokratische Hürden der am häufigsten genannte negative Standortfaktor. Hinzu kommt eine mangelnde Berechenbarkeit der Verwaltung oft werden Vorschriften oder Subventionsverfahren direkt nach Inkrafttreten wieder geändert. Außerdem existieren Verfahrensprobleme. So kann nicht immer damit gerechnet werden, dass den zuständigen Ansprechpartnern außerhalb von Metropolen die aktuellen Verwaltungsverfahren bekannt sind. Die Lücke zwischen geltenden Regelungen und der konkreten Umsetzung kann in Indien groß sein. Daher ist es wichtig, sich vorab genau zu informieren und mit vertrauenswürdigen lokalen Partnern zusammenzuarbeiten. 

SWOT-Analyse Indien

S

Stärken Strengths

  • Breite industrielle Basis
  • Westlich orientiertes Rechtssystem
  • Wettbewerbsfähiges Lohnniveau
  • Große Anzahl an Hochschulabsolventen
  • Reformwillige Regierung
W

Schwächen Weaknesses

  • Bürokratische Hürden
  • Rechtsdurchsetzung kann langwierig sein
  • Mangelhafte Infrastruktur
  • Importabhängigkeit bei Vorprodukten und Rohstoffen
  • Niedrige Produktivität in der Industrie
O

Chancen Opportunities

  • Junge, konsumfreudige Bevölkerung
  • Modernisierung der Infrastruktur
  • Verlagerung von Lieferketten
  • Investitionsanreize für Industrieansiedlungen
  • Indische Unternehmen sind an internationalen Kooperationen und Wissenstransfer interessiert
T

Risiken Threats

  • US-Zollpolitik
  • Wirtschaft wächst nicht ausreichend, um Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung abzubauen
  • Geringe Ausgaben von Unternehmen für Forschung und Entwicklung bremsen Innovationen
  • Investitionstätigkeit ist vom öffentlichen Sektor abhängig
  • Zunehmende lokale Zertifizierungsbestimmungen für Waren

Indien strebt stärkere Industrialisierung an

Der Agrarsektor beschäftigt zwar das Gros der Arbeitskräfte, trägt laut Weltbank aber nur 16 Prozent zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Der Dienstleistungssektor dominiert die Wirtschaft mit einem BIP-Anteil von etwa 50 Prozent. Ziel der Regierung ist die Stärkung des verarbeitenden Gewerbes. Bisher steuert dieses lediglich etwa 14 Prozent zum BIP bei, mit sinkender Tendenz. Das Regierungsziel liegt bei 25 Prozent. 

Dienstleistungen prägen Wirtschafsstruktur, Landwirtschaft schafft die meisten Jobs Bedeutung der Wirtschaftszweige; Anteile in Prozent; Schätzungen

Sektoren

Anteil an Bruttowertschöpfung 2024/2025

Anteil an den Beschäftigten 2024/20251)

Finanzdienstleistungen, Immobilienwirtschaft und sonstige Dienstleistungen

22,9

12,62)

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

17,9

32,6

Handel, Transport, Telekommunikation und Gastgewerbe

17,5

23,1

Öffentliche Verwaltung, Verteidigung 

14,5

5,4

Verarbeitendes Gewerbe

13,9

10,7

Baugewerbe

8,8

14,53)

Energieversorgung (inklusive Gas- und Wasserversorgung)

2,7

0,4

Bergbau

1,8

0,3

Finanzjahr 1. April bis 31. März; Erwerbsbevölkerungsanteile sind Näherungswerte; 1 Gesamtbeschäftigtenzahl: 420 Millionen; 2 ohne Immobilienwirtschaft; 3 mit Immobilienwirtschaft. Quelle: Ministry of Statistics and Programme Implementation 2025; Centre for Monitoring Indian Economy 2025

Unter dem Schlagwort "Atmanirbhar Bharat" (frei übersetzt: Wirtschaftlich unabhängiges Indien) will die Regierung die Industrieproduktion im Land stärken und unabhängiger von Importen werden. Mit den lokal hergestellten Gütern soll der Binnenmarkt versorgt werden. Gleichzeitig hofft Indien, auch als Standort für exportorientierte Unternehmen attraktiver zu werden. Dafür strebt Indien bessere Exportbedingungen durch Handelsabkommen an. Derzeit verhandelt das Land unter anderem mit den USA und der EU. Bis Ende 2025 oder 2026 dürften hier Übereinkommen erzielt werden. Mit dem Vereinigten Königreich und den Staaten der European Free Trade Association (EFTA) gelangen 2025 Einigungen. Zudem werden Importe teils durch Zölle, vor allem aber durch nicht tarifäre Handelshemmnisse unattraktiver gemacht.

Die Automobilbranche ist ein Wachstumsmotor. Hinzu kommt eine leistungsfähige chemische Industrie mit der auf Generika spezialisierten Pharmabranche als Teilbereich. Der Maschinenbau wächst ebenfalls. Zusätzlich gewinnt Indien im Bereich der Elektronikfertigung rapide an Bedeutung und ist zudem dabei, in die Halbleiterproduktion einzusteigen. 

Deutlich stärker als die Industrie ist in den vergangenen Jahren der exportstarke Dienstleistungssektor gewachsen. Indien ist ein wettbewerbsfähiger Standort für IT-Dienstleistungen. Firmen setzen branchenübergreifend immer häufiger auf digitale Forschungs- und Entwicklungszentren im Land oder lassen gleich ganze zentrale unternehmensinterne Dienstleistungen für alle Standorte von sogenannten Global Capability Center erbringen. Auch als Standort der Datenverarbeitung wird Indien durch die Ansiedlung von Rechenzentren wichtiger. 

Regionale Unterschiede sind ausgeprägt

Die Landesteile sind gekennzeichnet durch wirtschaftliche Uneinheitlichkeit. Der Süden, der Westen und die Hauptstadtregion New Delhi sind tendenziell stärker industrialisiert und wohlhabender als der Rest des Landes. 

Deutsche Unternehmen siedeln sich vornehmlich in Regionen rund um Mumbai, Pune, Bangalore, Chennai sowie New Delhi an. Insbesondere die Automobilindustrie, aber auch der Maschinenbau haben dort ihre Zentren. Bedeutende Regionen sind zudem traditionelle Wirtschaftszentren wie Kolkata und die immer wichtiger werdenden Bundesstaaten Gujarat und Telangana. 

Eckdaten ausgewählter Bundesstaaten in Indien 2024/2025Anteile in Prozent; BIP pro Kopf in US-Dollar

Bundesstaat/Unionsterritorium

Anteil am BIP

BIP pro Kopf 1)

Bevölkerung (in Mio.)2)

Maharashtra

13,7

4.233

128

Tamil Nadu

9,4

4.826

77

Uttar Pradesh

9,0

1.486

239

Gujarat

8,1

4.361

73

Karnataka

8,7

5.041

68

Westbengalen

5,5

2.172

100

Rajasthan

5,2

2.472

82

Madhya Pradesh

4,5

2.037

88

Andhra Pradesh

4,8

3.561

53

Telangana

5,0

5.112

38

New Delhi

3,7

6.605

22

Haryana

3,7

4.712

31

Bihar

3,0

914

130

Finanzjahr vom 1. April bis 31. März; 1 Umrechnungskurs laut Bundesbank als jährlicher Durchschnitt 2024: 1 US$ = 83,68 Rupien; 2 Schätzungen.Quelle: Ministry of Statistics and Programme Implementation 2025; Gujarat Finance Department 2025

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