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Branchen | Indonesien | Energie

Elektroherd-Programm wird abgebrochen

Indonesiens geplanter Umstieg von Gaskochern auf Elektroherde ist gescheitert. Das wirft ein Schlaglicht auf die Zwänge in der Stromversorgung.

Von Frank Malerius | Jakarta

Der indonesische Stromversorger PLN, der als Staatsunternehmen ein Monopol im Stromvertrieb besitzt, hat Ende September 2022 den Abbruch seines Programms zum Umstieg von Gas- auf Elektroherde bekannt gegeben. Ziel war es, Millionen Haushalte mit Elektroherden auszustatten, so dass sie nicht mehr mit Flüssiggas (Liquefied Petroleum Gas, LPG) kochen. Die Mehrheit der Menschen in Indonesien bereitet ihr Essen mit Hilfe von LPG zu, nur ärmere Familien auf dem Land nutzen Holz. Selbst Luxuswohnungen in den Großstädten sind zumeist mit Gasherden ausgestattet, Elektroherde sind selten.

Die Gasherde haben austauschbare Behälter. Zwar wird in einigen Städten ein Netz für heimisches Erdgas für Haushalte aufgebaut. Doch bisher sind nur 700.000 von ihnen daran angeschlossen. 

Mit dem Elektroherd-Programm sollte der LPG-Verbrauch reduziert werden, denn das Flüssiggas muss jährlich für Milliardensummen importiert und subventioniert werden. Durch die gegenwärtig hohen Ölpreise, an die die LPG-Preise gekoppelt sind, drohen dem Staatshaushalt riesige Belastungen. Grund dafür ist ein Anrecht ärmerer Bevölkerungsschichten auf subventioniertes Kochgas. Es wird in grünen 3-Kilogramm-Behältern mit der Aufschrift "für die ärmere Bevölkerung" zum Preis von etwa 21.000 Rupiah abgegeben, das 1,50 US-Dollar (US$) entspricht. Jeder Behälter wird mit rund 10.000 Rupiah subventioniert. Allerdings kann die Mittelschicht ebenfalls problemlos an diese im Volksmund "Honigmelonen" genannten Behälter kommen, da diese auch frei verkauft werden. So drohen für das Gesamtjahr 2022 LPG-Rekordsubventionen in Höhe von 9 Milliarden US$.

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Indonesien ist zwar Erdgasexporteur, hat aber nur geringe eigene Kapazitäten für die LPG-Produktion. Etwa drei Viertel des benötigten LPG müssen in Form von Propan und Butan eingeführt werden. Das stammt vor allem aus den USA und den Golfstaaten. Um die Importkosten zu senken, soll dem Kochgas bald aus heimischer Kohle gewonnenes Dimethylether beigemischt werden. Im Land selbst ist darüber hinaus der Transport der schweren Behälter bis in die Dörfer schwierig und teuer.

Teure Stromsubventionen

Das Herd-Umwandlungsprogramm startete Ende 2020 und hatte zunächst die Mittelschicht im Fokus. Nach einer entsprechenden Präsidialverordnung Ende 2021 nahm es Fahrt auf und schwenkte um auf die Zielgruppe von subventioniertem LPG. Doch letztendlich wurden nur einige Hunderttausend Elektroherde installiert. Neben der Drosselung der LPG-Importe verfolgte die Regierung mit der Maßnahme noch ein weiteres Ziel: So sollten dadurch bestehende Überkapazitäten bei der Stromerzeugung auf Java abgebaut werden. Dort leben mehr als 150 Millionen Menschen und 75 Prozent des indonesischen Stroms werden auf Java produziert. Weil bei der langfristigen Energieplanung von zu hohen Wirtschaftswachstumsraten ausgegangen wurde, bestehen auf der indonesischen Hauptinsel teilweise Überkapazitäten von bis zu 50 Prozent.

PLN gab sich bei der Bekanntgabe der Einstellung des Elektroherd-Programms schmallippig. Man wolle sich auf die Kernaufgabe der zuverlässigen Bereitstellung von Strom konzentrieren. Doch möglicherweise hat sich das Unternehmen in dem ebenfalls hoch subventionierten Stromabnehmermarkt verkalkuliert.

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In Indonesien sind die Strompreise an die installierte Leistung gekoppelt. Ärmere Haushalte, die nur einen Anschluss von 450 Voltampere haben, bekommen den Strom nahezu umsonst. Die nächste Stufe sind 900 Voltampere, die ebenfalls hoch subventioniert sind. Knapp 35 Millionen indonesische Haushalte haben solche staatlich geförderte Anschlüsse.

Die Elektroherde haben aber eine Leistung von bis zu 2.000 Watt. Deshalb bekamen die Haushalte ihre Anschlüsse kostenlos auf 2.200 Voltampere erweitert. Als Anreiz zum Wechsel mussten dabei die Tarife pro Kilowattstunde unverändert bleiben. Fast geschenkter Strom lädt jedoch zur Verschwendung ein. Und das bedeutet: Noch mehr Strom, der subventioniert werden muss.

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Kohle ist günstigster Energieträger

Der Abbruch des Elektroherd-Programms zeigt, dass die volkswirtschaftlichen Kosten von massenhaft subventioniertem Strom offenbar langfristig höher sind als der Import und die Subventionierung von LPG. Das wirft ein Schlaglicht auf die Stromversorgung in Indonesien. PLN ist hoch verschuldet, weil das Unternehmen Strom in erheblichem Umfang unter den Erzeugerpreisen verkaufen muss, um ihn für breite Bevölkerungsschichten erschwinglich zu halten und ärmeren Menschen im informellen Sektor die Teilnahme am Wirtschaftsleben zu ermöglichen.

Strom wird in Indonesien zu zwei Dritteln aus Kohle erzeugt, die im eigenen Land im Überfluss vorhanden ist. Die Erzeuger müssen sie über die sogenannte "Domestic Market Obligation" (DMO) teilweise weit unter dem Weltmarktpreis an die Kraftwerke liefern. Kohle ist auch deshalb der mit Abstand günstigste Energieträger im Land. Jenseits des heimischen Verbrauchs könnte ihr Export – unter anderem nach Europa – im Jahr 2022 eine neue Rekordsumme von bis zu 50 Milliarden US$ einbringen. 

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Ein substanzieller Umstieg auf teurere Erzeugungsformen beim Strom ist in naher Zukunft unwahrscheinlich – trotz regelmäßiger politischer Bekenntnisse, sich von Kohle abwenden zu wollen. Denn Indonesien befindet sich in einer Zwickmühle: Entweder wird der Staatshaushalt von Energiesubventionen aufgezehrt oder Preiserhöhungen führen zu großem Unmut in der Bevölkerung.

Anfang September 2022 wurde der Preis der subventionierten Benzin- und Dieselsorten um 30 Prozent angehoben, um ausufernde staatliche Preisstützungen zu verhindern. Die Regierung erwartete infolgedessen Demonstrationen in Jakarta und schickte Militär an zentrale Punkte der Stadt. Auch an Tankstellen zeigte die Polizei Präsenz. Die Furcht vor Unruhe in der Bevölkerung ist groß. Und je näher die Anfang 2024 stattfindenden Präsidentschaftswahlen rücken, desto weniger kann sich die Politik weitere Energiepreiserhöhungen leisten.

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