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Branche kompakt | Indonesien | Chemische Industrie

Importbedarf und Ausbau von Produktionskapazitäten steigen

Indonesien hat bei chemischen Erzeugnissen eine hohe Importabhängigkeit. Langfristig sollen mehr Produkte vor Ort hergestellt werden. 

Von Frank Malerius | Jakarta

Das Land ist auf Importe angewiesen

Insbesondere in technologieintensiven Branchen ist Indonesien industriell noch nicht so weit entwickelt. Deshalb ist der Archipel insbesondere bei chemischen Erzeugnissen auf Importe angewiesen. Im Jahr 2022 wurden entsprechende Produkte im Rekordwert von 33,4 Milliarden US-Dollar (US$) eingeführt. Aus Deutschland werden chemische Erzeugnisse für knapp unter 1 Milliarde US$ geliefert, vor allem Industriechemikalien und Medikamente. 

Die benötigten Importprodukte decken das gesamte Spektrum des Sektors ab: von Industriechemikalien über Arznei- und Düngemitteln bis hin zu Kunststoffen. Einer der teuersten Posten sind Kunststoffe, insbesondere in Form von Vorprodukten, deren Einfuhr jährlich bis zu 10 Milliarden US$ kostet. Auch Plastikmüll wird in erheblichen Mengen für die Kunststoffproduktion eingeführt. Generell gilt: Einfache Produkte, seien es einfache Kunststoffverbindungen, Harnstoffdünger oder Generika, können im Land hergestellt werden. Kompliziertere Waren kommen aus dem Ausland. Auch Produktionsanlagen werden mangels eigenen Know-hows importiert.

Eigene Produktion soll wachsen

Regierungsplan ist, in Zukunft möglichst viele Importe über eine Produktion im eigenen Land zu substituieren. Ausländische Unternehmen sollen durch die Reform des Investitionsrechts im Jahr 2021 angelockt werden. In der Chemieindustrie dürfte dieser Prozess aber angesichts der hohen Summen im Anlagenbau und des Mangels an Fachkräften deutlich länger dauern als in anderen Branchen, die ebenfalls auf Importsubstitution getrimmt werden sollen.

Die indonesische Chemieindustrie ist angesichts eines jährlichen Wirtschaftswachstums von 5 Prozent und demzufolge ebenfalls wachsender Abnehmerbranchen auf Expansionskurs. Laut Statistikamt BPS wuchs sie (abzüglich Petrochemie) zwischen 2019 und 2021 jährlich zwischen 8 und 10 Prozent. Für 2022 steht nach vorläufigen Zahlen nur ein Wachstum von 0,7 Prozent zu Buche. Die zwischenzeitlich hohen Ausschläge können durchaus in wenigen neuen Großprojekten begründet liegen, die in der im internationalen Vergleich kleinen indonesischen Chemiebranche bereits eine statistische Wirkung entfalten.

Indonesien ist stark in der Oleochemie

Der gesamte Sektor erwirtschaftete nach Definition von BPS ("Manufacture of Chemicals, Pharmaceuticals and Botanical Products") im Jahr 2022 etwa 24 Milliarden US$. Hinzu kommt die etwa gleichgroße Öl- und Gasverarbeitung ("Manufacture of Coal and Refined Petroleum Products"). Eine Stärke Indonesiens ist der durch die große Palmölproduktion getriebene Bereich der Oleochemie, insbesondere auf Sumatra. Wichtigstes Cluster der Petro- beziehungsweise Grundstoffchemie ist Cilegon an der Nordwestspitze Javas. 

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Zahlreiche Großprojekte geplant

Derzeit gibt es mehrere Großvorhaben. Wichtigstes ist der Neubau und Kapazitätserweiterungen von Ölraffinerien. Denn mangels heimischer Verarbeitungskapazitäten muss knapp die Hälfte des Benzins und Diesels importiert und dann für den Konsumenten mit erheblichen Summen subventioniert werden. Wenn die Weltmarktpreise für Öl steigen, führt das stets zu großen Belastungen des Staatshaushalts. Im 1. Halbjahr 2023 musste der Staat 3,8 Milliarden US$ für diese Kraftstoffsubventionen aufwenden. Und das, obwohl die Subventionen pro Liter Ende 2022 deutlich herabgesetzt worden waren. Der Handlungsdruck ist hoch, denn jedes Jahr kommen Hunderttausende Autos neu auf die Straßen des Archipels.

Derweil stocken die meisten Raffinerieprojekte. Sie befinden sich weitgehend noch in der Planungsphase. Teilweise sind Investoren abgesprungen, ein Projekt wurde ganz aufgegeben. Um sich die überaus teuren Vorhaben möglicherweise teilweise sparen zu können, treibt die Regierung die Elektromobilität voran. Doch angesichts der hohen Anschaffungspreise dürften die ganz überwiegend mit Kohlestrom betriebenen E-Autos auch auf längere Sicht kaum mehr als eine Marktnische einnehmen.

Weiterer Punkt auf der politischen Agenda ist der Ausbau der Düngemittelproduktion für die dringend benötigten Erntesteigerungen in der kleinbäuerlich geprägten Landwirtschaft. Denn bei höherwertigeren Düngemitteln besteht eine hohe Importabhängigkeit. Durch die Verknappung des Angebots infolge des Ukraine-Krieges hatten sich die entsprechenden Einfuhren 2022 auf 3,7 Milliarden US$ wertmäßig fast verdoppelt.

Die Chemieindustrie gehört zudem zu den fünf Kernbranchen, die Teil der staatlich geförderten Automatisierungsoffensive "Making Indonesia 4.0" sind. Über konkrete Fortschritte ist bisher jedoch wenig bekannt.


Ausgewählte Investitionsprojekte der chemischen Industrie in Indonesien

Akteur/Projekt

Investitionssumme (in Mrd. US$)

Projektstand

Anmerkungen

Neubau und Erweiterung von Ölraffinerien

55 

weitgehend Planungsstadium

Teil des Medium-Term Development Plans 2020-2024

Bau einer Anlage zur Glasproduktion in Batam (Provinz Inselgruppe Riau, Sumatra)

11 

in Planung

Investor: Xinyi Group (China)

Bau einer Anlage zur Herstellung von Polyethylen und Polypropylen für das indonesische Petrochemieunternehmen Chandra Asri in Cilegon (Provinz Banten, Java)

Baubeginn 2023, geplante Fertigstellung 2025

Bau durch das südkoreanische Lotte Chemical, Beteiligung von Thaioil

Bau einer Anlage zur Produktion von Sauerstoff und Stickstoff in Ostjava durch den deutschen Industriegasehersteller Linde

0,1

im Bau, Fertigstellung 2024 geplant

Belieferung einer Kupferschmelze des Minenkonzerns Freeport

Bau einer Anlage zur Produktion von Acrylsäure in Cilegon

k.A.

k.A.

Investor: Nippon Shokubai

Quelle: Medienberichte

Produktstandards bilden Hürde für ausländische Unternehmen

Die strategischen Planungen der indonesische Regierung sehen eine Expansion der Chemieindustrie vor. Dazu gehören unter anderem die Ausbildung von Fachkräften und der Ausbau benötigter Infrastruktur. Steuerliche Anreize und bürokratische Reformen sollen diesen Prozess flankieren. Die Europäische Handelskammer EuroCham in Jakarta bemängelt allerdings, dass die seit 2015 in Arbeit befindliche sogenannte Chemical Materials Law (genannt "Chemicals Bill") noch immer nicht verabschiedet wurde. Sie müsse demnach unter anderem die Regelungen zwischen den heimischen und den mit bürokratischen Hürden belegten importierten Chemikalien harmonisieren. 

Aber es gibt noch zahlreiche weitere allgemeine Hindernisse für ausländische Investoren, die auch die Chemiebranche behindern. Wie zum Beispiel der Nationale Produktstandard ("SNI"), der heimische Produkte vor der Konkurrenz von Importprodukten abschirmt. Dazu gehört auch der sogenannte Commodity-Balance-Mechanismus, dessen Ziel es ist, dass Unternehmen nur noch Vorprodukte importieren dürfen, wenn im Land kein anderweitiges Angebot vorhanden ist. Darüber hinaus ist bei dem in der Implementierung befindlichen Halal-Gesetz noch nicht klar, in welchem Umfang es auf die Chemiebranche angewendet wird. Im schlimmsten Fall könnte es zum Instrument des Protektionismus werden. Als weitere Baustellen eines unvollständigen Rechtsrahmens für den Chemiesektor in Indonesien nennt die EuroCham den Import und Vertrieb von Rohstoffen, insbesondere von Gefahrengütern ("Harzardous Materials").

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