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Hoher Investitionsbedarf für Entwicklung der Industrie

Indonesien kündigt eine "Downstreaming Roadmap" bis 2040 an. Der Kapitalbedarf wird mit 545 Milliarden US-Dollar angegeben. Es drohen weitere Exportverbote für Rohstoffe.

Von Frank Malerius | Jakarta

Der indonesische Investitionsminister Bahlil Lahadalia hat eine sogenannte "Downstreaming Roadmap" bis 2040 angekündigt. Sie soll den Rahmen für die Weiterverarbeitung heimischer Rohstoffe geben.  Ziel ist es, diese mit höherer Wertschöpfung auf dem Weltmarkt zu verkaufen. Insgesamt 21 Rohstoffe stehen im Fokus. Es handelt sich dabei vor allem um mineralische Rohstoffe, aber auch um Agrarmaterialien und Fischereiprodukte. Den notwendigen Investitionsbedarf gibt der Minister mit 545,3 Milliarden US-Dollar (U$) an. Mehr als drei Viertel davon sollen auf die Verarbeitung von Mineralerzen und Kohle entfallen.

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Der Vorgehensplan wurde 2022 entworfen. Die Ausschreibung für die konkrete Ausarbeitung der Downstreaming Roadmap über umgerechnet 5 Millionen US$ hat das indonesische Zertifizierungs- und Beratungsunternehmen Graha Sucofindo gewonnen. Noch ist nicht klar, auf welche Verarbeitungsstufen der einzelnen Rohstoffe die Schwerpunkte gelegt werden. 

Das Thema "Downstream-Entwicklung", also die Stärkung der verarbeitenden Industrie für vorhandene Rohstoffe, ist in Indonesien nicht neu. Noch immer ist die Wirtschaft abhängig vom Export von Ausgangsmaterialien. Ihre Veredelung findet zumeist anderswo statt, da es hierfür an Know-how mangelt. Zudem herrscht in Indonesien ein schlechtes Investitionsklima und die Industriepolitik hat ihre Ziele verfehlt. 

Strategische Rohstoffe der Downstreaming Roadmap

  • Mineralische Erze und Vorprodukte: Nickel, Zinn, Bauxit, Kupfer, Eisen/Stahl, Gold/Silber
  • Nahrungsmittel: Kokosnüsse, Garnelen, Fischereierzeugnisse, Krebstiere, Meeresalgen, Salz, Palmöl
  • Rohstoffe: Asphalt, Kautschuk, Rundholz, Kiefernharz
  • Brennstoffe: Kohle, Erdöl, Erdgas, Biokraftstoff

Die Nickelindustrie dient als Vorbild

Es gibt bereits eine Blaupause für die gewünschte Entwicklungsrichtung in der Nickelindustrie. Im Jahr 2020 verhängte Indonesien ein Exportverbot für Nickelerz. Es sollte nicht mehr nach China und Japan geliefert, sondern im Land weiterverarbeitet werden. Daraufhin wurden mithilfe vor allem chinesischer Investoren zahlreiche Nickelschmelzen errichtet und Werke für die Produktion von Edelstahl (für das Nickel benötigt wird) gebaut. Zentrum des Booms ist Sulawesi mit seinen zahlreichen Nickelminen. 

Aus dem Nichts wurde Indonesien so zu einem der weltgrößten Stahlexporteure. Auch der Export von Nickelprodukten vervielfachte sich in nur wenigen Jahren. Das Investitionsministerium Badan Koordinasi Penanaman Modal spricht von Investitionen in Höhe von 30 Milliarden US$ in die Wertschöpfungskette von Nickel. Der volkswirtschaftliche Erfolg der Maßnahmen ist groß. Und es wurden dabei Fakten geschaffen, an denen auch die erfolgreiche Klage der EU gegen das Exportverbot vor der Welthandelsorganisation nichts mehr ändern konnte.

Heute stehen internationale Automobilkonzerne, die Nickel für die Batterien von E-Autos in Indonesien beschaffen wollen, Schlange. Allerdings ist das dort ohne eine chinesische Beteiligung kaum noch möglich.

Mineralische Rohstoffe haben Priorität

Indonesiens Marktmacht ist in kaum einem anderen Bereich so stark wie bei Nickel. Zwar wird die Ausfuhr von Bauxit ab Juni 2023 verboten, um Anreize für den Bau von Aluminiumhütten im Land zu schaffen. Doch dieser Rohstoff ist weltweit in großen Mengen vorhanden. Zudem hat die indonesische Verarbeitungsindustrie noch nicht genügend Kapazitäten aufgebaut und bittet um eine Verschiebung des Exportverbotes. Analysten gehen davon aus, dass die Branche mehrere hundert Millionen US-Dollar Verlust machen wird, weil Abnehmer das unverarbeitete Bauxit nun woanders einkaufen. Erst nach einigen Jahren könne Indonesien durch den Verkauf höherwertiger Zwischenprodukte einen positiven Wirtschaftseffekt erzielen.

Als Nächstes stehen Kupferkonzentrat und raffinierter Zinn auf der Exportverbotsliste. Noch 2023 könnten entsprechende Maßnahmen verkündet werden. Bei Kupfer gibt es auf dem Weltmarkt weitaus größere Lieferanten als Indonesien, der Effekt dürfte ähnlich wie bei Bauxit ausfallen. Bei Zinn gehört Indonesien zu den weltgrößten Förderern. Aber auch hier ist die Verarbeitungsindustrie noch nicht auf ein Exportverbot vorbereitet. 

Auch Kohle steht auf der Liste der Downstreaming-Roadmap. Indonesien ist einer der weltgrößten Kohleförderer und -exporteure, wodurch unter anderem die europäische Energiekrise gemildert wird. Auch nach Deutschland wird der Rohstoff verschifft. In Indonesien soll Kohle für die Importsubstitution chemischer Produkte genutzt werden. So werden derzeit mehrere Anlagen zur Kohlevergasung gebaut, die unter anderem Methanol produzieren sollen – oder Dimethylether, das dem teuer importierten Flüssiggas beigemischt werden kann, mit dem die meisten Indonesier kochen. 

Chancen für deutsche Technologie

Inwieweit der Downstreaming Vorgehensplan auch jenseits mineralischer Rohstoffe Exportverbote beabsichtigt, ist noch unklar. In vielen Bereichen ist die Position dafür zu schwach. Ausnahmen sind Palm- und Palmkernöle, bei denen Indonesien 60 Prozente der Weltexporte stellt. Deutschland dürfte bei der Beschaffung von Rohstoffen insgesamt vergleichsweise wenig von möglichen Änderungen betroffen sein. Weniger als 0,4 Prozent der deutschen Einfuhren stammen aus dem Archipel. Jedoch wird Palmöl überwiegend über Drittländer bezogen. Das Ausmaß der Abhängigkeit lässt sich aus den Handelsstatistiken deshalb nicht herauslesen. 

Aus der Downstream-Rohstoffliste kauft Deutschland lediglich Kupfererze und ihre Konzentrate in größeren Mengen direkt in Indonesien ein. Der Importanteil an den deutschen Gesamtimporten lag 2022 bei knapp 10 Prozent. Zweitwichtigster Rohstoff ist Zinn, mit einem Importanteil von etwa 20 Prozent.

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Dafür könnte die Downstreaming Roadmap die Nachfrage nach deutscher Technologie steigern. Indonesien stellt selbst praktisch keine Maschinen und Anlagen her. Zudem genießt deutsche Technik im Inselreich einen guten Ruf, hat in den letzten 20 Jahren aber deutlich Marktanteile an die günstigere Konkurrenzware aus China verloren.  

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