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Wirtschaftsumfeld | Iran | Wirtschaftsstruktur

Irans Wirtschaftsstruktur zeigt starke Diversifizierung

Die iranische Wirtschaft ist breit aufgestellt und verfügt deshalb über eine große Resilienz gegen Sanktionen. Die Abwesenheit westlicher Partner bremst aber die Entwicklung. 

Von Robert Espey | Dubai

Iran gehört weltweit zu den Ländern mit den größten Öl- und Gasreserven. Gemäß OPEC-Angaben (Organization of the Petroleum Exporting Countries) lag Iran 2022 bei den nachgewiesenen Ölreserven auf dem 3. Rang (hinter Venezuela und Saudi-Arabien) und bei Gas auf Platz 2 (hinter Russland und vor Katar). Als Produzent und Exporteur von Gas und Öl ist Iran aber deutlich schlechter positioniert. Ein wesentlicher Grund sind die 2018 von Donald Trump wieder in Kraft gesetzten US-Wirtschaftssanktionen.

Öl- und Gassektor gewinnt wieder mehr an Bedeutung

Ohne die US-Sanktionspolitik wäre Iran ein deutlich größerer Öl- und Gasproduzent und entsprechend stärker wäre die Bedeutung des Öl- und Gassektors für die Volkswirtschaft. Nach vorläufigen Berechnungen der iranischen Zentralbank hatte die Öl- und Gasförderung 2022/2023 (iranisches Jahr 1401: 21. März 2022 bis 20. März 2023) einen Anteil an der Bruttowertschöpfung von 11,8 Prozent (zu laufenden Preisen). Im Vorjahr betrug der Anteil aufgrund geringerer Fördermengen und niedrigerer Ölpreise lediglich 7,0 Prozent. Vor der Reaktivierung der US-Sanktionen lag der Anteil bei 13 Prozent (2017/2018). 

84,7 Mio.

Personen lebten 2022 in Iran.

Quelle: Statistical Centre of Iran 2023

403 Mrd.

US-Dollar betrug das Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2022/2023. *)

*) iranisches Jahr 1401: 21. März 2022 bis 20. März 2023, Umrechnung zum durchschnittlichen freien Marktkurs (2022/2023: 1 US$ = 350.580 Rial)

Quelle: Statistical Centre of Iran 2023, Bonbast Exchange 2023  

4.756

US-Dollar machte das BIP pro Kopf damit 2022/2023 aus.

Quelle: Statistical Centre of Iran 2023

Rang 63

belegte Iran 2022 unter den deutschen Exportzielen.

Quelle: Destatis 2023

Rang 147

nimmt Iran im Corruption Perceptions Index 2022 ein (unter 180 Ländern).

Quelle: Transparency International 2023

Der Wachstumstrend im Ölsektor setzt sich auch 2023 fort. Gemäß OPEC stieg die Förderung im Juni 2023 auf 2,8 Millionen barrel per day. Im Mai erklärte Irans Ölminister Javad Owji, die Ölförderung habe ein Niveau von über 3 Millionen barrel per day erreicht. Die Produktionserhöhung spiegelt vor allem die Entwicklung der Ölexporte. Trotz fortbestehender Sanktionen gelingt es Iran, mehr Öl ins Ausland zu verkaufen. Hauptabnehmer ist China.

Iran will mittelfristig seine Ölförderkapazität von aktuell 3,8 Millionen auf 5,7 Millionen barrel per day  ausbauen. Die Gasförderung soll von 1 Milliarde auf 1,5 Milliarden Kubikmeter/Tag steigen. Die dazu notwendigen Investitionen werden mit 160 Milliarden US-Dollar (US$) veranschlagt.

Verarbeitende Industrie ist wichtigster Wirtschaftszweig

Das verarbeitende Gewerbe ist der mit Abstand wichtigste Wirtschaftszweig. Zu laufenden Preisen bewegte sich der BIP-Anteil in den letzten fünf Jahren zwischen 16 und 22 Prozent. Für 2022/2023 werden 20,5 Prozent gemeldet. Die Petrochemie und die Kfz-Industrie sind die größten Sparten des verarbeitenden Gewerbes.

Trotz der Wirtschaftssanktionen baut Iran die petrochemische Industrie kontinuierlich aus. Viele Projekte entwickeln sich aber deutlich langsamer als geplant. Nach Angaben der National Petrochemical Company existieren gegenwärtig 67 Petrochemiekomplexe mit einer jährlichen Gesamtkapazität von 89 Millionen Tonnen.

Der Petrochemiesektor strebt für 2024 eine Kapazität von 100 Millionen Tonnen an. Insgesamt sechs große Projekte sollen 2023/2024 in Produktion gehen. Für 2025 werden 133 Millionen Tonnen als Zielmarke genannt. Die Expansionspläne dürften jedoch nur zu einem Teil realisierbar sein. Vor der Reaktivierung der US-Sanktionen waren die Wachstumsziele noch ambitionierter. Die Jahreskapazitäten sollten in Kooperation mit westlichen Partnern bis 2021 auf 120 Millionen Tonnen und bis 2025 auf 180 Millionen erweitert werden.

Die petrochemische Produktion liegt deutlich unter den Kapazitätswerten. Nach offiziellen Angaben betrug 2022/2023 der Ausstoß 69 Millionen Tonnen. Davon wurden 27 Millionen Tonnen für 16 Milliarden US$ exportiert.

Bedeutung der Wirtschaftszweige in Iran 2022/2023 (Anteile in Prozent) 1)

Sektoren

Anteil an der Bruttowertschöpfung 2) 3)

Anteil an den Beschäftigten 4)

Land- und Forstwirtschaft, Fischerei

13,1

14,8

Bergbau (inklusive Öl- und Gasförderung

14,3

0,8

   Öl- und Gasförderung

11,8

k.A.

Verarbeitendes Gewerbe

20,5

17,2

Energieversorgung

0,6

0,7

Wasserversorgung, Abwasser- und Abfallentsorgung

0,1

0,7

Baugewerbe

5,4

14,2

Dienstleistungen

46,1

51,6

1) iranisches Jahr 1401 (21. März 2022 bis 20. März 2023); 2) vorläufige Angaben; 3) zu laufenden Preisen; 4) Schätzungen, außer Landwirtschaft und DienstleistungenQuelle: Statistical Center of Iran 2023, Central Bank of Iran 2023, Germany Trade & Invest 2023

Mit der Kfz-Fertigung hat Iran vor mehr als 55 Jahren begonnen. ACEA-Angaben (European Automobile Manufacturers’ Association) zufolge produzierte Iran 2022 etwa 1,1 Millionen Fahrzeuge. In der gesamten Region "Middle East/Africa" wurden 2022 rund 2,3 Millionen Fahrzeuge hergestellt.

Gemäß dem Industrieministerium erhöhte sich die Fahrzeugproduktion 2022/2023 um 40 Prozent auf 1,3 Millionen Einheiten. Auf die beiden führenden, staatlich kontrollierten Produzenten, Iran Khodro und Saipa, entfielen 1,1 Millionen Fahrzeuge (Vorjahr: 0,8 Millionen). Der Großteil des Ausstoßes waren Pkw (1,07 Millionen), es folgten Pick-ups (0,13 Millionen), leichte und schwere Lkw (0,04 Millionen) sowie Busse (2.500).

Irans Kfz-Sektor leidet unter großen Strukturproblemen. Aufgrund der sanktionsbedingt geringen Kooperation mit ausländischen Partnern besteht der Pkw-Ausstoß vor allem aus völlig veralteten, modifizierten Nachbauten ausländischer, insbesondere französischer Modelle. Iran bemüht sich aber um eigenständige Entwicklungen. So hat Iran Khodro 2022 einen vollelektrischen Pkw (Modell Tara) vorgestellt, der mit einer 45 Kilowattstunden-Batterie eine Reichweite von 300 Kilometer haben soll.

Ausführliche Informationen zur Wirtschaft finden Sie in den Wirtschaftsdaten kompakt.

SWOT-Analyse Iran

S

Stärken Strengths

  • Große Öl- und Gasreserven und andere Rohstoffvorkommen
  • Diversifizierte Wirtschaftsstruktur
  • Hohes Ausbildungsniveau
  • Junge, westlich orientierte Bevölkerung
  • Traditionell gute Beziehungen zu Europa (vor allem zu Deutschland)
W

Schwächen Weaknesses

  • US-Sanktionen behindern Handels- und Finanzbeziehungen sowie Direktinvestitionen
  • Anhaltender Reformstau, staatliche Unternehmen dominieren
  • Schwierige staatliche Bürokratie
  • Fehlende ausländische Finanzierungen, Devisenknappheit, Währungsschwäche, mangelhaftes Bankensystem, hohe Haushaltsdefizite
  • Staatlich kontrollierte, autoritär-konservative Gesellschaftsordnung
O

Chancen Opportunities

  • Ausbau/Modernisierung der Öl- und Gasindustrie
  • Ausbau/Modernisierung der verarbeitenden Industrie
  • Ausbau/Modernisierung der Verkehrsinfrastruktur
  • Energieeffizienz, erneuerbare Energien, Umwelttechnik
  • Ausbau/Modernisierung des Gesundheitswesens
  • Anmerkung:  Angesichts der fortbestehenden US-Sanktionen und der jüngsten politischen Entwicklungen sind die Chancen aktuell nicht oder nur sehr eingeschränkt realisierbar.
T

Risiken Threats

  • Einigung zwischen Iran und USA über die Rückkehr zum Atomabkommen scheitert endgültig, Wiederinkrafttreten von UN- und EU-Sanktionen
  • Militärische Konflikte mit Israel, den USA und arabischen Staaten
  • Weitere Zunahme sozialer und politischer Konflikte, Machtkämpfe innerhalb des Machtapparats
  • Staatlich kontrollierte Unternehmen werden noch dominanter, verstärkte Interventionen in der Privatwirtschaft
  • China baut seinen politischen und wirtschaftlichen Einfluss massiv aus

Großraum Teheran und Ölprovinz Khuzestan sind führende Wirtschaftsregionen 

Auf die Hauptstadtregion (Provinzen Teheran und Alborz) entfallen etwa ein Viertel der Wirtschaftsleistung des Landes. Der Dienstleistungssektor ist im Großraum Teheran dominierend mit über 80 Prozent der Wertschöpfung. Die beiden größten Sparten sind Immobiliendienstleistungen und der Groß- und Einzelhandel. In der Hauptstadtregion ist aber auch die verarbeitende Industrie stark vertreten. Etwa 20 Prozent der industriellen Wertschöpfung des Landes wird hier erbracht.

Eckdaten der wichtigsten Provinzen in Iran 2020/2021 1)

Provinz (Hauptstadt)

Anteil an der Bruttowertschöpfung (in Prozent)

Bruttowertschöpfung pro Kopf (in US$) 2)

Bevölkerung (in Millionen)

Teheran (Teheran)

22,6

3.855

14,0

Khuzestan (Ahvaz)

13,9

6.669

5,0

Isfahan (Isfahan)

6,1

2.710

5,3

Bushehr (Bushehr)

5,4

10.343

1,2

Khorasan Razavi (Mashad)

4,7

1.630

6,9

Fars (Shiraz)

4,2

1.998

5,1

Kerman (Kerman)

3,8

2.720

3,3

East Azarbayejan (Tabriz)

3,6

2.123

4,0

Mazandaran (Sari)

3,1

2.224

3,4

Alborz (Karaj)

2,8

2.307

2,9

1) iranisches Jahr 1399 (21. März 2020 bis 20. März 2021); 2) Umrechnung in US$ zum freien Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 1399: 1 US$ = 228.809 Rial)Quelle: Statistical Centre of Iran 2023, Central Bank of Iran 2023, Germany Trade & Invest 2023

Die zweitwichtigste Wirtschaftsregion ist die Provinz Khuzestan, mit einem Anteil an der Wertschöpfung Irans von etwa 14 bis 15 Prozent. Die führenden Branchen der Provinz sind die Öl- und Gasförderung sowie die Petrochemie. Diese beiden Sektoren machen in Khuzestan mehr als Dreiviertel der Wertschöpfung aus.

 

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