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Der Kapitalmarkt ist für Start-ups offen
Für Start-ups stehen umfangreiche Geldmittel bereit. Die meisten Investoren unterstützen Firmen schon in der Anfangsphase. Ausländische Finanzierung spielt eine große Rolle.
09.09.2022
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Die Kapitalverfügbarkeit für technologieorientierte Unternehmen, inklusive der Start-ups, ist hoch. Nach Angaben von Start-up Nation Central waren im August 2022 insgesamt 808 Investoren im Hochtechnologiebereich tätig.
Viele Investoren stehen Start-ups zur Seite
Die größte Investorengruppe sind die 469 Wagniskapitalfonds. Bei 74 von ihnen handelt es sich um unternehmenseigene Fonds (Corporate VC). Die mit 182 Anlegern zweitgrößte Kategorie sind Angel-Investoren, gefolgt von 60 Beteiligungskapitalfirmen. Die restlichen Investoren verteilen sich auf andere Kategorien, unter anderem 36 Inkubatoren.
Die allermeisten Investoren, und zwar 604 (75 Prozent), stehen unter anderem für Investitionen in der Pre-Seed- und Seed-Phase zur Verfügung. Etwas mehr als die Hälfte aller Anleger - in absoluten Zahlen sind es 410 - stellt Kapital auch für Finanzierungsrunden A, B und C bereit.
Das meiste Geld kommt aus dem Ausland
Bei 28 Prozent aller Hightech-Investoren handelt es sich um ausländische Firmen, so Start-up Nation Central. Mit 65 Prozent ist der Anteil ausländischer Finanziers an unternehmenseigenen Wagniskapitalfonds besonders hoch. Unter anderen Wagniskapitalfonds machen ausländische Unternehmen 34 Prozent und unter privaten Beteiligungskapitalgebern 30 Prozent aus.
Im Durchschnitt stellen ausländische Kapitalgeber höhere Finanzierungsbeträge pro Transaktion bereit als ihre einheimischen Counterparts. Laut einem Bericht der auf den Wagniskapitalmarkt spezialisierten Wirtschaftsforschungsfirma IVC Research Center und der Anwaltskanzlei Meitar kamen 2021 fast zwei Drittel der israelischen Hightech-Investitionen (72,8 Prozent) aus dem Ausland.
Mehrheit der Start-ups in früher Finanzierungsphase
Mit 70 Prozent befinden sich die meisten israelischen Start-ups, so die Auswertung durch Start-up Nation Central, in einer frühen Tätigkeits- und Finanzierungsphase: bis inklusive Seed, aber vor der Finanzierungsrunde A. Auf die drei Phasen etabliert, börsengängig und übernommen entfallen nur knapp 5 Prozent.
Der hohe Anteil der Firmen, die erst am Anfang ihres Weges stehen, schafft aus der Sicht Investoren Unwägbarkeiten. Auf der anderen Seite bieten sich ihnen dadurch Chancen, mit richtigen Finanzierungsentscheidungen hohe Gewinne zu erzielen.
Pre-Seed- und Seed-Finanzierung wächst gemäßigt
Zwischen 2017 und 2021 hatte der israelische Hightech-Sektor eine stürmische Investitionswelle verbucht. Laut dem von IVC und Meitar veröffentlichten Jahresbericht 2021 lag die Gesamtaufbringung von Investitionsmitteln durch Hochtechnologieunternehmen 2021 mit 25,6 Milliarden US-Dollar beim Sechsfachen des 2016 verzeichneten Betrags.
Dieses Wachstum, das vor allem 2021 unerwartet hoch ausfiel, kam sowohl durch eine Zunahme der Zahl der Transaktionen als auch durch deren gestiegenen Durchschnittswert zustande.
Die Großinvestitionen konzentrieren sich naturgemäß auf Unternehmen in einem fortgeschrittenen Tätigkeitsstadium, in dem sie in der Regel gut dokumentierte Erfolge nachweisen können.
Demgegenüber nehmen die Investitionen in Start-ups in frühen Stadien viel langsamer zu. Im Jahr 2021 lag der Kapitalaufwand im Pre-Seed- und Seed-Stadium um 42 Prozent über den Vorjahresstand beziehungsweise um 50 Prozent über dem Stand von 2016. Im Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2021 beliefen sich die Pre-Seed- und Seed-Investitionen auf 0,8 Prozent des gesamten im Hightech-Sektor verzeichneten Investitionsaufwands.
Innovationsbehörde hilft mit
Die israelische Regierung fördert die technologische Entwicklung der Wirtschaft mit einer breiten Palette von Instrumenten. Die wichtigste Einrichtung ist dabei die Innovationsbehörde (Israel Innovation Authority). Ihre Aufgabe ist die Förderung die Innovationstätigkeit unter besonderer Betonung des Hightech-Sektors. Sie initiiert staatlich finanzierte F&E-Programme und stellt Unternehmen Finanzierungsmittel zur Verfügung.
Die Behörde verfügt über eine eigene Start-up-Abteilung. Diese fördert die Entwicklung der technologischen Erfindung bis zur Produktreife. Sie hilft Existenzgründern, ein Stadium zu erreichen, in dem sie eigenständige Kapitalaufnahme erzielen und Verkaufserlöse vorweisen können.
Ein wichtiges Instrument für die Frühphase der Entwicklung ist das Inkubatorprogramm. Dabei schreibt die Innovationsbehörde die Gründung von Technologieinkubatoren aus. Die privaten Ausschreibungssieger erhalten die Lizenz, den Inkubator acht Jahre lang zu betreiben. Die Behörde unterstützt die jungen Firmen aus ihrem eigenen Etat und verhilft ihnen zur Erlangung weiterer Fördermittel bis zu einer Gesamthöhe von 100 Prozent der für diesen Zweck anerkannten Forschungs- und Entwicklungskosten.
Name | Fokus | Anmerkungen |
---|---|---|
Foodtech | Unter Beteiligung israelischer Nahrungsmittel- und Getränkehersteller und ausländischen Wagniskapitals | |
Medizintechnik und digitale Gesundheit | In Kooperation mit dem Sheba-Krankenhaus (dem größten des Landes) | |
Medizintechnik und digitale Gesundheit | Unter Beteiligung von Philips Healthcare und Teva Pharmaceuticals (größter israelischer Pharmahersteller) | |
Biotechnologie | u.a. unter Beteiligung der Bayer AG | |
Multidisziplinär | Inkubator des israelischen Elektronikkonzerns Elbit | |
Industrie 4.0 | Industrielle Innovation | |
Agrotech | Teil der Trendline-Inkubatorengruppe | |
Alle Branchen | Nur für Pre-Seed-Start-ups |
Aus den Mitteln eines weiteren Programms, Tnufa (hebräisch für "Aufschwung"), werden Unternehmer am Anfang ihres Weges gefördert. Ihnen werden Zuschüsse für die Formulierung und Entwicklung technologischer Konzepte gewährt.
Weitere Instrumente sind die Unterstützung von Durchführbarkeits- und Rentabilitätsstudien sowie Förderprogramme für Innovationslabors. Im Jahr 2021 hat die Innovationsbehörde Finanzierungsmittel für 820 Investitionsprojekte bereitgestellt.
Name | Fokus | Anmerkungen |
---|---|---|
354x | Software und IoT | Für Start-ups, die in internationale Märkte expandieren wollen |
The Library | Smart Cities | Betrieben von der Stadt Tel-Aviv |
BizLabs | Fortbildung und Networking | Mit Fokus auf Förderung von Unternehmen aus der jüdisch-ultraorthodoxen Bevölkerungsgruppe |
ConTech | Bauwirtschaft | Partnerschaft der Regierung und der Bauwirtschaft |
Capsula TAU | Smart Mobility | Partnerschaft der Regierung und der Universität Tel Aviv |
NVIDIA Inception | Künstliche Intelligenz, Datenwissenschaften Hochleistungsrechnen (HPC) | Virtuelles Programm |
Google for Start-ups | Machine Learning | Teilnehmende erhalten Hilfe von Google-Experten |
Siemens Dynamo | Industry 4.0 und digitale Transformation | Teilnehmende kooperieren mit Firmen des Siemens-Konzerns |
Die Tätigkeit der Behörde wird durch das Innovationsgesetz geregelt. Zu ihren Zielen gehört, dass das mit staatlichen Fördermitteln entwickelte Wissen in Israel bleibt. Der Transfer solchen Wissens ins Ausland bedarf einer Genehmigung und kann teilweise oder zur Gänze mit der Rückerstattung bereits erhaltener Fördermittel verbunden sein.
Weiterführende Informationen
Forschungsschmiede Israel absorbiert weiter Kapital