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Wirtschaftsausblick | Israel
Für 2023 wird eine Verlangsamung des 2022 schnellen Wirtschaftswachstums erwartet. Nach den Wahlen von November 2022 muss die Regierung weichenstellende Entscheidungen treffen.
22.12.2022
Von Wladimir Struminski | Jerusalem
Im Jahr 2022 war die israelische Wirtschaft durchaus erfolgreich. In ihrer Herbstprognose geht die Zentralbank (Bank of Israel) von einer Expansion des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um real 6 Prozent aus. Damit hat sie ihre vorherige Prognose um einen ganzen Prozentpunkt angehoben. Als Begründung nannte sie eine unerwartet kräftige Wirtschaftsentwicklung in den ersten drei Quartalen des Jahres.
Demgegenüber senkte die Zentralbank ihre Wachstumsvorhersage für 2023 um einen halben Prozentpunkt auf 3 Prozent. Maßgeblich für diese Revision ist die erwartete Verlangsamung des globalen Wirtschaftswachstums. Sie droht den internationalen Handel negativ zu tangieren. Ein weiterer Grund ist die zur Inflationseindämmung beschlossene Anhebung des Leitzinses von 0,1 Prozent im April 2022 auf 3,25 Prozent im November 2022.
Auch in Prognosen für 2023 schneidet Israel relativ gut ab. Nicht zuletzt wird die Wirtschaftsleistung je Einwohner zunehmen, und zwar um rund 1 Prozent, wenn das BIP um real 3 Prozent wächst. Die Inflation liegt 2022 laut der Herbstprognose bei 4,6 Prozent. Im Jahr 2023 soll sie auf 2,5 Prozent und damit auf den Stand von 2021 zurückgehen.
Trotz des überdurchschnittlichen Wirtschaftswachstums leidet auch die israelische Wirtschaft an grundlegenden Mängeln. Hier muss die im November 2022 gewählte neue Regierung an den relevanten Stellschrauben drehen.
Ein entscheidender Grund für diese relativ positiven Aussichten ist die Tatsache, dass Israel seinen Erdgasbedarf aus eigenen Vorkommen zu langfristig festgelegten Preisen deckt. Allerdings gibt es auch Unwägbarkeiten, die die Prognose für 2023 belasten.
Nicht zuletzt berührt die internationale Dämpfung des Hightechsektors auch Israel. Da Hightech der wichtigste Wachstumsmotor der israelischen Wirtschaft ist, wäre das Land von einer anhaltenden internationalen Schwäche der Hochtechnologie besonders betroffen. Darüber hinaus wäre eine generelle Dämpfung der Weltkonjunktur für Israels exportintensive Wirtschaft abträglich.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd.US$ | 407 | 482 | 4.261 |
BIP pro Kopf US$ | 44.212 | 51.420 | 51.214 |
Bevölkerung (Mio.), Jahresdurchschnitt | 9,2 | 9,4 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt 1US$ = NIS | 3,44 | 3,23 |
Für 2023 erwartet die Zentralbank einen Anstieg der Bruttoanlageinvestitionen um 3 Prozent (ohne Flugzeuge und Schiffe, deren Beschaffung unregelmäßig ist). Das wäre deutlich weniger als im Jahr 2022, für das ein Wachstum von 8 Prozent prognostiziert wird.
Allerdings hatten die Investitionen bereits 2021 mit real 10,4 Prozent kräftig zugenommen und selbst im Coronajahr 2020 nur geringfügig nachgegeben. Deshalb läge der Wert der Bruttoanlageinvestitionen 2023 immer noch real um rund 18 Prozent über dem vor der Coronakrise.
In den ersten neun Monaten 2022 nahmen die Bruttoanlageinvestitionen real um 10,8 Prozent zu. Die Bauinvestitionen, auf die 51,2 Prozent aller Investitionen entfielen, legten mit einem Plus von real 14,9 Prozent kräftig zu. Der Kapitalaufwand für Maschinen- und Ausrüstungsinvestitionen sank um real 5,1 Prozent nach und stellte 15,4 Prozent der Gesamtinvestitionen.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mrd. US$) | Projektstand | Anmerkung/Ansprechpartner |
---|---|---|---|
Metro im Großraum Tel Aviv | ca. 40,0 | Gesetz zur | |
Drei Straßenbahnlinien Groß-Tel Aviv | 5,0 | Inbetriebnahme erster Linie voraussichtlich im April 2023 | |
Bau einer 100-MW-Fotovoltaikanlage im südisraelischen Ashalim | k.A. | Vorausschreibung veröffentlicht | |
Bau einer Müllverbrennungsanlage zur Energiegewinnung im Landessüden | k.A. | Regierungsbeschluss; weitere Anlagen in anderen Landesteilen sollen folgen | |
Viertes Gleis der Ayalon-Bahnstrecke in Tel-Aviv | 1,5 | Planung | |
Schnellbahnstrecke Tel Aviv – Beer Sheva | ca. 4,0 | Erste Teilstrecke durch die Kommission für Nationale Infrastruktur genehmigt | Verkehrsministerium (Ministry of Transportation and Road Safety) |
Bahnstrecke Haifa-Nazareth | 2,2 | Vorbereitungarbeiten angelaufen | |
Bau einer Meerwasserentsalzungsanlage im Norden der israelischen Mittelmeerküste | k.A. | Zuschlag erteilt; Jahreskapazität 100 Mio. Kubikmeter |
Für 2022 prognostiziert die Bank von Israel einen Anstieg des Privatverbrauchs um 8 Prozent. Im Jahr 2023 soll das Konsumwachstum mit 3,5 Prozent indessen deutlich gemäßigter ausfallen.
Einer der Gründe für die Verlangsamung sind die steigenden Zinsen, die die Aufnahme von Verbraucherkrediten erschweren. Davon sind in der Regel vor allem größere Anschaffungen betroffen. Ein weiterer Grund für gemäßigteres Konsumwachstum ist die Tatsache, dass der 2020 wegen der Coronakrise entstandene Nachholbedarf bereits 2021 und 2022 weitestgehend gedeckt wurde.
Das gilt nicht zuletzt für die Ausgaben der Privathaushalte für Dienstleistungen. Wegen der 2020 ergriffenen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung, waren Aktivitäten, bei denen es zu Menschenansammlungen kam, untersagt worden oder wurden von Verbrauchern bewusst gemieden.
Im Jahr 2021 erholten sich die Konsumausgaben für Dienstleistungen um real 16,4 Prozent. Im 1. Halbjahr 2022 nahmen sie gegenüber dem Parallelzeitraum des Vorjahres um weitere 19,4 Prozent zu.
Israels Warenimporte nehmen 2022, in Fortsetzung der Vorjahresentwicklung, sprunghaft zu. Nachdem die Wareneinfuhren 2021 in laufenden Dollarpreisen um 31,0 Prozent zugelegt hatten, stiegen sie in den ersten zehn Monaten 2022 um 20,4 Prozent.
Allerdings geht der anhaltend schnelle Anstieg zu einem erheblichen Teil auf erhöhte Importpreise für Erdöl zurück. Zwar nehmen auch die Auslandsbezüge anderer Waren 2022 weiter zu, doch sind die Zuwachsraten nicht einheitlich. So stieg die Einfuhr von Konsumgütern in den ersten zehn Monaten 2022 um 8,5 Prozent, während die Zunahme bei Investitionsgütern bei 13,8 Prozent lag.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
---|---|---|---|
Importe | 70.326 | 92.159 | 31,0 |
Exporte | 50.154 | 60.158 | 19,9 |
Für 2023 wird eine Verlangsamung des Importwachstums prognostiziert. Für das Gesamtjahr 2022 erwartet die Bank von Israel eine Zunahme der zivilen Wareneinfuhr in realen Binnenpreisen (unter Herausrechnen von Diamanten, Schiffen und Flugzeugen) um 12,5 Prozent. Demgegenüber prognostiziert sie für 2023 einen Importanstieg von nur noch 3,5 Prozent.
Israel importierte 2021 Waren im Wert von 6,6 Milliarden US-Dollar aus Deutschland. In den ersten zehn Monaten 2022 stiegen die Importe aus der Bundesrepublik gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 10,3 Prozent. Der deutsche Importmarktanteil lag 2021 bei 7,1 Prozent und in den ersten zehn Monaten 2022 bei 6,5 Prozent.