Die Nachfrage nach smarten Gebäuden wächst. Stark rückläufig ist dagegen das Bauen im Bestand. Neue Zugstrecken und Autobahnen beleben die Tiefbausparte.
Der italienische Bauverband ANCE erwartet, dass das Hochbauvolumen 2025 um 7 Prozent abnimmt. Der Grund ist ein starker Rückgang bei Arbeiten im Wohnungsbaubestand von 25,8 Prozent. Auch die Errichtung neuer Wohnungen fällt 2025 um 2,6 Prozent geringer aus als 2024, so ANCE.
Besser sieht es bei Nicht-Wohngebäuden aus, deren Bau 2025 laut ANCE um 10,4 Prozent steigt. Hier sorgen um 16 Prozent höhere Aufträge der öffentlichen Hand für Wachstum, während Bauleistungen für private Investoren 2025 um 1,4 Prozent abnehmen.
224
Milliarden Euro
war der Wert der Gebäudeinvestitionen 2024.
Sanierungsboom ist vorbei
Der Hauptgrund für das rückläufige Hochbauvolumen ist der Wegfall der Förderprogramme Super- und Ecobonus. Diese hatten von 2021 bis 2024 für energieeffiziente Sanierungen und Neubauten sehr attraktive Abschreibungsmöglichkeiten vorgesehen und so einen Bauboom ausgelöst.
Daher hatte sich das Hochbauvolumen 2022 insgesamt um 8,9 Prozent und 2023 um 16,5 Prozent erhöht. Bereits 2024 war es jedoch wegen leicht reduzierter Abschreibungsmöglichkeiten zu einem Rückgang um 5,3 Prozent gekommen.
Baukredite und -genehmigungen gehen zurück
Darüber hinaus verteuert das weiterhin hohe Zinsniveau die Kredit- und Finanzierungskosten. Auch dies veranlasst Bauträger dazu, manche Projekte zu verschieben oder sogar zu streichen. So war der Wert der neu an Haushalte ausgereichten Baukredite 2024 um 24,6 Prozent geringer als vor dem Zinsanstieg 2022. Dies berichtet die italienische Zentralbank.
Auch die teurere Finanzierung wirkt sich direkt auf die Baugenehmigungen aus. Der in Italien neu bewilligte Wohnraum war 2024 um 9,6 Prozent geringer als 2022 und im 1. Quartal 2025 war die Fläche nochmals um 14,1 Prozent kleiner als im selben Vorjahreszeitraum.
Die neu genehmigte Fläche von Nicht-Wohngebäuden war 2024 noch um 2,1 Prozent größer als 2022. In den ersten drei Monaten 2025 gab es jedoch auch in diesem Segment einen Rückgang von 10,5 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum 2024.
Gebäudeauftragslage erholt sich im Herbst 2025
Manches spricht jedoch dafür, dass die Konjunkturtalsohle durchschritten ist. Im August 2025 erwarteten 15,2 Prozent der vom italienischen Statistikamt Istat befragten Hochbauunternehmen steigende und 10,6 Prozent sinkende Aufträge in den kommenden drei Monaten. Die auf bestimmte Bautätigkeiten spezialisierten Firmen rechneten zu 12,2 Prozent mit einem Plus und zu 9,1 Prozent mit einem Minus.
Auch nach dem Ende des durch die Förderungen ausgelösten Baubooms bleibt das Bauvolumen in Italien im langjährigen Vergleich weiterhin hoch. ANCE erwartet für 2025 einen Wert der Hochbauleistungen von 211,5 Milliarden Euro. Dies ist preisbereinigt um 39,3 Prozent höher als vor dem Coronaeinbruch 2019.
Umsätze gehen nach Rekordniveau 2023 wieder zurück Marktvolumen der Bauwirtschaft in Italien (in Milliarden Euro; reale Veränderung in Prozent)Kennziffer | 2023 | 2024 | Veränderung 2024/2023 |
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Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon | 236,2 | 223,5 | -5,3 |
Wohnungsbau | 134,2 | 107,6 | -19,8 |
Neubau | 17,3 | 16,4 | -5,2 |
Sanierung, Renovierung | 116,9 | 91,2 | -22,0 |
Nichtwohnungsbau | 102,0 | 115,9 | 13,6 |
privat | 37,1 | 38,4 | 0,7 |
öffentlich | 64,9 | 78,5 | 21,0 |
Quelle: Branchenverband ANCE 2025
Smarte Gebäude sorgen für Wachstum
Steigenden Bedarf gibt es für Smart-City-Bauleistungen. Ein Großprojekt ist der Great Campus in Genua. Auf 400.000 Quadratmetern entsteht ein vernetztes Viertel für die Wissenschaft und Unternehmen, das auch höchsten Energieeffizienzstandards entspricht.
Smart-City-Vorreiter in Italien sind Bologna und Mailand. Dies geht aus einem 2025 veröffentlichten Ranking der Unternehmensberatung EY hervor. In Bologna entsteht derzeit auch das Areal It4lia AI Factory für den Sektor der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Ein Großprojekt in Mailand ist der Faro Tower A2A.
Insgesamt hat sich das Smart-City-Marktvolumen in Italien von 2021 bis 2024 um 43,8 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro erhöht. Dies geht aus einer Studie der Hochschule Politecnico di Milano hervor. Mit weiterem starkem Wachstum ist zu rechnen. Etwa 91 Prozent der 2025 von Politecnico di Milano befragten italienischen Kommunen wollen in den kommenden beiden Jahren Smart-City-Projekte auflegen.
Gute Konjunktur im Tiefbau
Große öffentliche Infrastrukturprojekte eröffnen Tiefbauunternehmen viele Auftragschancen. Im August 2025 erwarteten 16,3 Prozent der von Istat befragten Tiefbaufirmen steigende Aufträge in den kommenden drei Monaten. Mit einem Rückgang rechneten nur 5,6 Prozent.
Auf 83 Milliarden Euro summiert sich allein der laufende Bahnstreckenausbau für Hochgeschwindigkeits- und Hochlastzüge. Für diese Trassen ist in Italien auch das Kürzel AV/AC (Alta Velocità/Alta Capacità) gängig. Unter anderem entstehen zwei Alpenbasistunnel unter dem Brenner sowie auf der Strecke zwischen Turin und Lyon.
Im August 2025 hat die italienische Regierung zudem entschieden, bis Ende 2032 eine Straßen- und Bahnbrücke zwischen Sizilien und dem italienischen Festland zu errichten. Das größte Vorhaben im Straßenbau ist die Autobahn A2 im südwestitalienischen Kalabrien.
Große Infrastrukturvorhaben bieten die meisten AuftragschancenAusgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in Italien
Hoher Bedarf an Handwerksleistungen
Handwerker aus Deutschland - aber auch aus Südtirol und Österreich - punkten in Italien mit einem hohen Qualitätsrenommee, nicht zuletzt dank der dualen Ausbildung. Der Nettoumsatz von Ausbaugewerken hat sich 2023 südlich des Brenners laut Eurostat auf 135,5 Milliarden Euro summiert.
Dabei entfielen 81,3 Milliarden Euro auf Bauinstallationen. Bautischler und -schlosser erwirtschafteten 4,9 Milliarden Euro, Dachdecker und Zimmerer 4,8 Milliarden Euro, Maler und Glaser 3,8 Milliarden Euro und Fußboden-, Fliesen- und Plattenleger sowie Tapezierer zusammen 3,2 Milliarden Euro.
Die Betriebe sind sehr produktiv. Ein bei einer italienischen Bauinstallationsfirma Beschäftigter hat 2023 einen durchschnittlichen Nettoumsatz von 152.370 Euro erwirtschaftet. Das war mehr als in Deutschland mit 143.450 Euro. Auch das entsprechende Mittel bei sonstigen italienischen Ausbaubetrieben war 2023 mit 113.790 Euro pro Mitarbeiter höher als in Deutschland mit 101.820 Euro. Ende 2024 befanden sich von den 373.000 italienischen Bauhandwerksbetrieben 25,4 Prozent in ausländischem Besitz.
Von Torsten Pauly
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