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Branchen | Italien | Wasserstoff

Italien setzt auf Wasserstofferzeugung und -pipelines

Erste größere italienische Elektrolyseanlagen für grünen Wasserstoff sollen ab 2026 in Betrieb gehen. Zudem laufen Planungen für Übertragungsnetze.

Von Torsten Pauly | Mailand

An den drei apulischen Standorten Brindisi, Taranto und Cerignola wollen die Unternehmen Edison und Saipem Elektrolyseanlagen mit einer Gesamtkapazität von 220 Megawatt errichten. Den Strom wird Solarenergie liefern. Das Projekt hat den Titel Puglia Green Hydrogen Valley.

Im sizilianischen Belpasso entwickelt die Eneron-Gruppe bis 2026 eine Elektrolyseanlage. Diese soll 850.000 Tonnen grünen Wasserstoff im Jahr erzeugen. Ebenfalls 2026 in Betrieb gehen soll die fotovoltaikgespeiste IdrogeMO-Anlage in Modena. Diese planen das italienische Versorgungsunternehmen Hera, Holding Energia Risorse Ambiente, und der italienische Fernleitungsnetzbetreiber für Erdgas Snam, Società Nazionale Metanodotti.

In Forsinione unweit von Rom wollen der französische Konzern Engie und das italienische Gasunternehmen SGI bis 2026 eine Produktion von grünem Wasserstoff aufbauen. Das Helios genannte Vorhaben soll mit einer Jahresproduktion von 400.000 Tonnen das größte in Mittelitalien werden.

Eine Wasserstoffelektrolyse mit Windenergie wollen die beiden Privatinvestoren Aquaterra Energy und Seawind Ocean Technology realisieren. Diese soll an einen neuen Offshore-Windpark mit einer Leistung von 3,2 Gigawatt gekoppelt sein. Das Projekt HyMed soll 2027 in Betrieb gehen.

Die italienische Regierung strebt 2020 in einem Entwurf zu einer nationalen Wasserstoffstrategie bis 2030 einen Kapazitätsaufbau von 5 Megawatt an Elektrolyseanlagen. Branchenkenner bezweifeln, ob sich das Ziel in vollem Umfang realisieren lässt.

Grüner Wasserstoff aus Abfall

Der zum NextChem-Konzern gehörende italienische Anlagenbauer Maire Tecnimont entwickelt eine Technologie, die Müll in Biomethanol umwandelt, welches wiederum zur Wasserstoffelektrolyse dient. Derzeit entstehen in Italien drei derartige Projekte. Eines realisiert Maire Tecnimont mit dem italienischen Energiekonzern Eni im sizilianischen Gela. Dort sollen ab 2026 jährlich 200.000 Tonnen Abfall zu 94.000 Tonnen Biomethanol und dann zu 2.500 Tonnen Wasserstoff werden.

Eine weitere Anlage von Maire Tecnimont in Genua ist ebenfalls auf 200.000 Tonnen Abfall ausgelegt, die Inbetriebnahme ist für 2026 geplant. Das Investitionsvolumen beträgt 300 Millionen Euro. Die dritte Waste-to-hydrogen-Anlage will Maire Tecnimont mit der französischen Suez-Gruppe im toskanischen Empoli bauen. Dieses Projekt befindet sich im Stadium einer Machbarkeitsstudie.

SoutH2-Leitung soll Wasserstoff bis nach Deutschland liefern

Die bedeutendste in Italien geplante Wasserstofftrasse ist der SoutH2-Korridor, der Sizilien über die Apenninhalbinsel bis Würmlach an der österreichischen Grenze queren wird. Diesen Korridor realisiert der italienische Fernleitungsnetzbetreiber Snam. 

Die SoutH2-Trasse wird im sizilianischen Mazzara del Vallo von einer Unterseepipeline aus Tunesien gespeist, die unter dem Projekttitel ELMED firmiert. SoutH2 führt durch Österreich weiter nach Bayern und hat daher für Deutschland große Bedeutung. Die Wasserstoffpipeline ist auch Teil des deutsch-italienischen Aktionsplans, den beide Regierungen 2023 verabschiedet haben.

In Österreich soll auch eine Wasserstoffpipeline unter dem Namen SunsHYne in die Slowakei und nach Tschechien abzweigen. Daher wird die italienische Route mitunter auch als SunsHYne-Trasse bezeichnet. Sie ist einer der fünf Hauptkorridore für Wasserstoff der Europäischen Union und hat den Status eines Project of Common Interest (PCI) und eines Project of Mutual Interest (PMI). Nur auf 15 Prozent der Strecke müssen neue Pipelines gelegt werden, der Rest wird aus umgewidmeten Gasleitungen bestehen. Ein weiteres PCI/PMI-Vorhaben sind die SACOI 3 genannten Wasserstoffverbindungen nach Sardinien und Korsika.

Auch auf regionaler Ebene gibt es Pläne zur Umwandlung von Gas- in Wasserstoffleitungen. In Piemont rüstet Italgas Reti einen Teil des Übertragungsnetzes auf Hydrogen und Biomethanol um. In der Emilia Romagna startet Hera ein Pilotprojekt, das die Gasbelieferung von Haushalten in der Kommune Castelfranco Emilia auf Wasserstoff umstellt.

EU-Gelder unterstützen Technologieentwicklung

Italienische Hersteller von Wasserstofftechnik erhalten auch EU-Förderungen im Rahmen des IPCEI-Programms (Important Project of Common European Interest). Italienische Unternehmen profitieren dabei zum einen vom IPCEI-Projekt Hy2Use. Dieses fördert industrielle Elektrolyseanlagen und Transporttechnologien mit 5,2 Milliarden Euro.

Begünstigte italienische Hy2Use-Anbieter sind NextChem, der Ingenieurdienstleister Rina-CSM, das Gemeinschaftsunternehmen South Italy Green Hydrogen der Energiekonzerne Eni und Enel sowie das Projekt SardHy Green Hydrogen, das Enel und Saras realisieren. Am Programm Hy2Use nehmen außer Italien zwölf weitere EU-Länder teil.

Italien ist mit 14 anderen EU-Staaten auch am IPCEI-Programm Hy2Tech beteiligt. Dieses stellt 5,4 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklungen in der gesamten Wertschöpfungskette von Wasserstoff zur Verfügung. Vom Hy2Tech-Programm profitieren sechs italienische Unternehmen: die Energiekonzerne Enel und Ansaldo, der Schiffbauer Fincantieri, der Nutzfahrzeugbauer Iveco, der Chemie- und Umwelttechnikhersteller De Nora und die italienische Niederlassung des französischen Technologiekonzerns Alstom.

Spezielle Förderung für energieintensive Branchen

Darüber hinaus erhält die italienische Wasserstoffwirtschaft bis 2027 Förderungen aus der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität. Diese wurde 2021 zur Überwindung der Coronakrise durch nachhaltige und digitale Investitionen ins Leben gerufen und sieht 3,6 Milliarden Euro für Wasserstoffentwicklungen in Italien vor. Davon stehen 2 Milliarden Euro für Projekte in besonders energieintensiven Hard-to-abate-Industrien zur Verfügung. Weitere 500 Millionen Euro können für Vorhaben in anderen Industrieanlagen genutzt werden. Für Wasserstoffantriebe im Verkehr stehen 530 Millionen Euro bereit.

Die Unternehmen sind im italienischen Wasserstoffverband H2it zusammengeschlossen. Regionale Cluster bestehen unter anderem in der Emilia Romagna und in Basilicata.

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