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Serbien will grünen Wasserstoff produzieren und exportieren
Serbien erzeugt aktuell noch keinen klimaneutralen Wasserstoff. Ein deutsches Pilotprojekt will grünen Wasserstoff herstellen. Dieser soll exportiert werden, auch nach Deutschland.
04.06.2025
Von Hans-Jürgen Wittmann | Belgrad
Serbien hat sich im Pariser Klimaschutzabkommen und als Beitrittskandidat der Europäischen Union zur Dekarbonisierung seiner Wirtschaft verpflichtet. Derzeit liegt der Anteil erneuerbarer Energiequellen an der Stromerzeugung bei rund 27 Prozent. Bis 2030 will die Regierung den Anteil grüner Energie an der Stromerzeugung auf 45 Prozent erhöhen. Dazu beitragen soll der Ausbau der installierten Leistung von Wind- und Solarkraftwerken auf 3,5 Gigawatt.
Seit Neuestem möchte das größte Westbalkanland auch grünen Wasserstoff erzeugen. Die Regierung hat jedoch noch keine nationale Wasserstoffstrategie beschlossen. Aktuell existiert nur ein Entwurf aus dem Jahr 2022, der mit Unterstützung der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) erstellt wurde. Dieser sieht vor, dass das Land ab dem Jahr 2035 rund 5.100 Tonnen grüner Wasserstoff pro Jahr aus Wind- und Solarenergie produziert. Bis 2050 soll die Menge auf 20.600 Tonnen pro Jahr steigen.
Trotz der eher langfristigen Zielvorgaben ergeben sich bereits jetzt Geschäftschancen beim Hochlauf der Produktion von grünem Wasserstoff im Land. Mittelfristig besteht auch Potenzial zum Export des Energieträgers nach Mitteleuropa. Und ein deutsches Unternehmen ist als Vorreiter mit im Boot. So lauteten die wichtigsten Ergebnisse der Fachdiskussion "Grüner Wasserstoff in Serbien" im Rahmen der Veranstaltungsreihe Climate Talks der Deutsch-Serbischen Wirtschaftskammer (AHK Serbien) Mitte Mai 2025 in Belgrad.
Pilotprojekt mit deutscher Beteiligung
Im Fokus der Veranstaltung stand das Pilotprojekt HyDSerbia zur Erzeugung von grünem Wasserstoff im nordserbischen Sombor, das die Leipziger Energie Group realisiert. Der deutsche Spezialist für Planung, Entwicklung sowie für Bau und den Betrieb von Kraftwerken und integrierten Projekten für erneuerbare Energien ist Projektträger einer Fotovoltaikanlage für die Landwirtschaft mit einer Gesamtleistung von 4 Megawattpeak und eines Elektrolyseurs mit einer Leistung von 2 Megawatt zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Ende 2026 soll die Produktion anlaufen.
Der in Sombor produzierte grüne Wasserstoff soll vor allem im Land selbst zum Einsatz kommen. Größter Abnehmer wird der Gasfernleitungsnetzbetreiber Srbijagas, mit dem Leipziger Energie eine strategische Partnerschaft eingeht.
Durch das Sammeln von Entwicklungs- und Betriebserfahrungen mit integrierten erneuerbaren Energiesystemen in Serbien erhofft sich Leipziger Energie, weiteres Potenzial für die Produktion von grünem Wasserstoff in Serbien zu heben.
"Mit HyDSerbia wollen wir die Transformation des Landes zur nachhaltigen, erneuerbaren Energieversorgung unterstützen und Serbiens Rolle in der wasserstoffbasierten Wirtschaft in Europa stärken. Dies wird sowohl dem Land selbst als auch der deutschen Industrie und Verbrauchern zugutekommen“,
sagt Tina Scherf, Geschäftsführerin des Unternehmens Leipziger Energie Management.
Unterstützung erhält das Vorhaben HyDSerbia auch aus Deutschland. Die Bundesregierung fördert bilaterale Wasserstoffkooperationen in Nicht-EU-Ländern. HyDSerbia ist dabei aktuell das einzige Projekt auf dem europäischen Kontinent, das im Rahmen der nationalen Wasserstoffstrategie gefördert wird.
Mittelfristiges Ziel: Export nach Mitteleuropa
Um neben lokalen Verbrauchern weitere Abnehmer des grünen Wasserstoffs zu finden, erwägt Leipziger Energie den Export des Energieträgers und seiner Derivate in die EU. Sombor in der Wojwodina hat aufgrund seiner geografischen Nähe zu Kroatien und Ungarn sowie der Anbindung an den paneuropäischen Verkehrskorridor VI (Donau) das Potenzial, zu einem strategischen Standort für den Wasserstoffexport in die EU zu werden.
Aktuell ist Serbien zwar nicht an das European Hydrogen Backbone angebunden. Von Sombor aus müsste also erst eine Anbindung an Korridor E, der aus Südost- nach Mitteleuropa verlaufen soll, gebaut werden. Dies wäre die Voraussetzung für den künftigen Export von Wasserstoff in Pipelines nach Deutschland. Aufgrund der voraussichtlich hohen Kosten müsste allerdings auch die serbische Regierung mit ins Boot geholt werden. Aktuell ist die Privatwirtschaft Treiber beim Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft.
Ausarbeitung des rechtlichen Rahmens stockt
Serbien verfügt über gute Voraussetzungen, den Sprung in die Wasserstoffwirtschaft erfolgreich zu meistern. Die industriellen Voraussetzungen sind gegeben. Technische und wissenschaftliche Expertise sind in Form von Exzellenzzentren vorhanden. Der H2-Cluster Serbia bündelt wissenschaftliche Institute, industrielle Vorreiter und Geldgeber und gewährleistet damit den Wissenstransfer der lokalen Akteure. Und die günstige geografische Lage zwischen Mitteleuropa und dem Mittelmeer machen das Land zu einer Energiebrücke zwischen Nord und Süd.
Zugleich muss Serbien noch grundlegende Voraussetzungen für die Produktion von grünem Wasserstoff erfüllen. Branchenkenner kritisieren vor allem den fehlenden regulatorischen Rahmen für die Erzeugung von grünem Wasserstoff in Serbien. Daneben werden technische Standards für die Anbindung der Wasserstoffproduktion an das nationale Gasnetz benötigt. Fehlende Zertifizierungssysteme erschweren sowohl Produktion als auch Einspeisung von grünem Wasserstoff in das Erdgasnetz. Um neue Abnehmer im Ausland zu gewinnen, muss Serbien zudem Abkommen über den grenzüberschreitenden Wasserstofftransport und -export abschließen.
Weitere Wasserstoffprojekte in Planung
Neben dem Pilotprojekt von Leipzig Energie sind weitere Vorhaben zur Produktion von grünem Wasserstoff in Serbien angekündigt. Das Unternehmen Pan Ledi aus Pančevo errichtet eine Wasserstofftankstelle auf Basis eines alkalischen Elektrolyseurs in Nova Pazova. Die Inbetriebnahme ist für das dritte Quartal 2026 geplant.
Der Ölkonzern NIS plant den Bau einer Anlage zur Produktion von grünem und blauem Wasserstoff nahe der Gasraffinerie in Elemir. Grüner Wasserstoff soll durch Elektrolyse mit Solarenergie erzeugt werden. Der Produktionsstart ist für 2025 geplant.
Die Elexir Group will im Industrie- und Chemiepark Prahov grünen Wasserstoff durch die Nutzung von Strom aus dem Donau-Wasserkraftwerk Đerdap II erzeugen.
Das chinesische Unternehmen Shanghai Fengling Renewables plant in Zusammenarbeit mit der Ziđin Mining Group den Bau eines Wind- und Solarparks in der Nähe der Kupfermine von Bor. Ziel ist die Produktion von bis zu 30.000 Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr.
Kontaktadressen
Bezeichnung | Anmerkung |
Deutsch-Serbische Wirtschaftskammer (AHK Serbien) | Green Hydrogen Business Desk |
Serbischer Wasserstoff-Cluster | Cluster zur Entwicklung von Wasserstoffprojekten |
Institut für Nuklearwissenschaften Vinča | Center of Excellence for Hydrogen and Renewable Energy |
https://www.serbien.ahk.de