Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Special | Italien | US-Zölle

Italien: Zahlreiche Industriesektoren auf US-Markt fokussiert

Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für italienische Maschinen, Pharma und Medizintechnik. Viele Kfz-Zulieferer wären indirekt von neuen US-Zöllen betroffen. 

Von Torsten Pauly, Edda vom Dorp | Mailand, Bonn

Mit einem Ausfuhranteil von 10,4 Prozent waren die USA 2024 Italiens zweitwichtigster Auslandsmarkt. Zudem sind sie der bedeutendste Investitionsstandort. Ende 2023 hatten Italiens Unternehmen etwa 11,3 Prozent und damit die meisten aller Direktinvestitionen im Ausland in den USA investiert - über sämtliche wichtigen Branchen hinweg.

Von den US-Zöllen könnten nun laut italienischem Statistikamt bis zu 23.000 italienische Unternehmen betroffen sein.

Besonderheiten in den Wirtschaftsbeziehungen mit den USA

Nahezu jedes international orientierte italienische Unternehmen hat in der ein oder anderen Weise Interessen in den USA:

  • Kfz-Hersteller und Fiat-Mutterkonzern Stellantis unterhält sieben Werke in den USA und je zwei in Kanada und Mexiko. Durch Zusatzzölle verteuern würden sich importierte Kfz-Teile in US-Fabriken. Medienberichten zufolge hat Stellantis bereits in je einem mexikanischen und kanadischen Werk Kurzarbeit eingeführt. Für US-Hersteller von Kfz gibt es "Zollrückerstattungsmöglichkeiten", sofern sie Kfz-Teile importieren und diese in den USA verbauen. 
  • Auch der italienische Reifenhersteller Pirelli betreibt Werke in den USA und Mexiko.
  • Viele italienische Lebensmittelhersteller sind in den USA präsent. Darunter der Süßwarenhersteller Ferrero mit Werken in den USA, Kanada und Mexiko und die Kaffeekonzerne Lavazza und llly Caffè. Beide Kaffeeröster haben bereits angekündigt, die Produktion für den US-Markt dorthin zu verlagern.
  • Weitere große, in den USA präsente Industrieunternehmen sind etwa die Chemieproduzenten Vinavil und Radici, die Maschinenbauer Marchesini Imola und die Gruppo Camozzi, der Rüstungskonzern Leonardo, der Baustoffproduzent Polyglass oder der Kabelhersteller Prysman. US- und kanadische Standorte haben unter anderem der Schiffbauer Fincantieri und der Energiekonzern Enel.
  • Die stark im Ausland tätigen italienischen Baukonzerne könnten Nachteile gegenüber US-Wettbewerbern bei öffentlichen Großaufträgen erleiden. Noch 2024 hat etwa der Baukonzern Webuild 12 Prozent des weltweiten Wertes seiner neuen Auftragseingänge in den USA und Kanada generiert.
Italiens Top-5 Exportprodukte in die USAIn Mrd. Euro, 2024
Produkt

Wert

Medizinische und pharmazeutische Produkte (SITC 54)

10,0

Maschinen für verschiedene Zwecke z.B. Heiz- und Klimageräte, Hebe- und Fördervorrichtungen (SITC 74)

7,1

Straßenfahrzeuge (SITC 78)

4,5

Arbeitsmaschinen für besondere Zwecke z.B. Maschinen für Berg-, Hoch- und Tiefbau, Landwirtschaft, Textil- und Papiermaschinen (SITC 72)

3,8

Elektrische Maschinen (SITC 77)

2,9

Quelle: Eurostat 2025

Herausforderungen und Chancen

Italiens Zentralbank hat im April 2025 ihre Prognose für den Export von Waren und Dienstleistungen im Jahr 2025 stark gesenkt: Von 1,3 Prozent Wachstum auf -0,1 Prozent. Für Italiens Bruttoinlandsprodukt wird nur noch eine Zunahme von 0,6 Prozent anstelle von 0,8 Prozent vorausgesagt.

Die Auswirkungen zusätzlicher US-Zölle würden die italienischen Regionen unterschiedlich stark treffen. Am stärksten betroffen wären die Regionen Emilia-Romagna, Lombardei, Venetien, Piemont, und Friaul/Julisch Venetien, da hier die meisten Exporthersteller ansässig sind. Größere Nachteile hätten auch einige Provinzen der Region Toskana zu befürchten, in denen namhafte Hersteller der Mode- und Luxusindustrie sitzen, sowie die Provinz Catania in der Region Sizilien wegen des Elektronikclusters Etna Valley. 

Als Reaktion auf die drohenden US-Zölle hat die italienische Regierung eine Task Force gegründet. Diese hat noch im April 2025 einen Unterstützungsfonds für betroffene Unternehmen angekündigt. Ausstattung des Fonds: 25 Milliarden Euro. Hierfür sollen EU-Gelder umgewidmet werden: 14 Milliarden Euro aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und 11 Milliarden Euro aus dem Kohäsionsfonds. Dies könnte jedoch langwierige Verhandlungen mit der EU-Kommission mit ungewissem Ausgang erfordern.

Chancen eröffnet auch die Exportförderstrategie „Made in Italy“, die die italienische Regierung bereits seit Regierungsantritt 2022 verfolgt. Im Fokus stehen Wachstumsmärkte im Nahen und Mittleren Osten, Afrika und Lateinamerika. Für Geschäftsanbahnungsreisen und andere Made-in-Italy-Maßnahmen hat die Förderagentur Simest 2024 etwa 8 Milliarden Euro ausgegeben. Davon haben zu 90 Prozent KMU profitiert. Ende März 2025 hat die Regierung wegen der US-Zölle eine weitere Milliarde Euro zur Verfügung gestellt. Gleichzeitig wurde ein neues Programm für Lateinamerika aufgelegt.

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.