Branche kompakt | Japan | Medizintechnik
Branchenstruktur
Japan ist ein Nettoimporteur von Medizintechnik. Durch Eigenentwicklungen sowie Aufkäufe gewinnen japanische Branchenfirmen an Know-how und Exportstärke.
18.12.2023
Von Frank Robaschik | Tokyo
Japan hat seit den 1960er Jahren ein nationales Krankenversicherungssystem, das hauptsächlich durch Ausgaben der Pflichtversicherung und öffentliche Ausgaben gestützt wird. Diese machten nach Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) 2022 etwa 85,5 Prozent der gesamten Gesundheitsausgaben aus und lagen damit in etwa auf gleicher Höhe wie in Deutschland oder den skandinavischen Ländern.
Gute Ausstattung des Gesundheitssektors
Verschiedene Indikatoren sprechen für die hohe Qualität des japanischen Gesundheitswesens. Japan hatte 2021 mit 84,5 Jahren die höchste Lebenserwartung unter den OECD-Ländern. In der Coronapandemie zählte Japan in den Jahren von 2020 bis 2022 zu den Ländern mit den wenigsten durch das Virus verursachten Todesfällen pro Einwohner.
Bei der Zahl von Computertomographen und Magnetresonanztomographiegeräten pro Einwohner liegt Japan mit Abstand an der Spitze der OECD-Länder. Gleiches gilt für die Zahl der Apotheken pro Einwohner. Bei der Zahl der Krankenhausbetten pro Einwohner belegt Japan knapp hinter Südkorea Rang 2 in der OECD. Dagegen betrug die Zahl der Ärzte pro Einwohner 2021 nur etwa 58 Prozent des deutschen Niveaus.
Indikator | Wert |
---|---|
Einwohnerzahl (01.10.22 in Mio.) 1) | 124,9 |
Bevölkerungswachstum (01.10.22 in % p.a.) 1) | -0,44 |
Altersstruktur der Bevölkerung (2022) 1) | |
Anteil der unter 14-Jährigen (in %) | 11,6 |
Anteil der über 65-Jährigen (in %) | 29,0 |
Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt (2022 in Jahren) 2) | Männer: 81,05 Frauen: 87,09 |
Durchschnittseinkommen im Monat (2022 in US$) 2)4) | 2.476 |
Gesundheitsausgaben pro Kopf (Fiskaljahr 2022 in US$) 3) | 3.913 |
Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP (2020 in %) 2) | 8,02 |
Ärzte/100.000 Einwohner (31.12.20) 2) | 269,2 |
Zahnärzte/100.000 Einwohner (31.12.20) 2) | 85,2 |
Krankenhausbetten/100.000 Einwohner (2022), davon 2) | 1.194,9 |
privat | k.A. |
öffentlich | k.A. |
Gesundheitsversorgung auf hohem Niveau
Das Gesundheitssystem entspricht in großen Teilen dem deutschen, mit Primärversorgung, stationärer Versorgung und Rehabilitation. Ein Unterschied liegt im Zugang zu Ärzten, da Patienten nicht nur im Notfall Krankenhäuser zur Untersuchung aufsuchen können und viele Arztpraxen auch samstags Sprechstunden haben. In der Regel findet jedoch die Überweisung von einem Hausarzt zum Facharzt statt.
In Japan werden Einrichtungen mit bis zu 20 Betten als Klinik und ab 20 Betten als Krankenhäuser definiert. Hausarztpraxen wie in Deutschland gibt es nicht. Gemäß dieser Unterteilung existierten in Japan im Oktober 2022 circa 8.200 Krankenhäuser und 105.000 Kliniken. Diese verfügten über insgesamt 1,57 Millionen Betten. Hinzu kamen knapp 68.000 Zahnarztpraxen. Der weit überwiegende Teil der Gesundheitseinrichtungen ist in privater Hand.
Insgesamt punktet Japan im Global Health Security Index (GHSI) mit einer guten Bewertung und stand 2021 auf Platz 18 von 195 untersuchten Ländern. Ein Problem ist jedoch die regionale Ungleichverteilung von Gesundheitseinrichtungen, die meist in größeren Städten konzentriert sind.
Fachbereich | Anzahl |
---|---|
Innere Medizin | 6.581 |
Rehabilitation | 5.630 |
Orthopädie | 4.866 |
Chirurgie | 4.392 |
Kardioangiologie | 4.012 |
Gastroenterologie | 3.990 |
Radiologie | 3.323 |
Dermatologie | 3.050 |
Urologie | 2.881 |
Pneumologie | 2.802 |
Hohe ausländische Präsenz in Japan
Aufgrund der Nachfragepotenziale des Marktes haben viele ausländische Medizintechnikanbieter zumindest eine Repräsentanz vor Ort oder sind durch einen japanischen Partner vertreten. Die Vertriebsstrukturen sind vielschichtig und wenig transparent. Zwischen Hersteller und Endabnehmer sind meist zwei oder mehr Händlerstufen geschaltet. Der Wettbewerb ist intensiv.
Laut UN-Comtrade zeigten sowohl Importe als auch Exporte ausgewählter Medizintechnikprodukte im Jahr 2022 gegenüber 2021 eine schwächere Entwicklung. Japanischen Einfuhren von Branchenerzeugnissen 2022 im Wert von 11,6 Milliarden US$ standen Ausfuhren in Höhe von 7,7 Milliarden US$ gegenüber. Daten für das 1. Halbjahr 2023 zeigen ein Wiederanziehen der japanischen Käufe von Medizintechnik im Ausland. Ein wichtiger Importposten ist Orthopädietechnik und Prothesen (circa 3 Milliarden US$ im Jahr 2022).
Aus Deutschland bezieht Japan hauptsächlich Computertomographen, Magnetresonanztomographen und andere Röntgendiagnosegeräte, Orthopädietechnik (vor allem künstliche Gelenke) und zahnmedizinische Instrumente.
SITC | Import (2022) | Anteil Import aus Deutschland | |
---|---|---|---|
774.1 | Elektrodiagnoseapparate und -geräte | 1.171 | 5,5 |
774.2 | Röntgenapparate etc. | 1.490 | 17,8 |
741.83 | Sterilisierapparate | 30 | 15,9 |
872.1 | Zahnmedizinische Instrumente; a.n.g. | 316 | 31,1 |
872.21 | Spritzen, Nadeln, Katheter, Kanülen etc. | 2.484 | 3,1 |
872.25 | Ophthalmologische Instrumente | 270 | 3,8 |
872.29 | Andere Instrumente, Apparate und Geräte | 2.650 | 8,7 |
872.3 | Therapiegeräte, Atmungsgeräte etc. | 815 | 2,1 |
872.4 | Medizinmöbel etc. | 77 | 22,5 |
899.6 | Orthopädietechnik, Prothesen etc. | 2.256 | 6,1 |
Japan verfügt über einige international starke Firmen
Die Produktion von Medizintechnik in Japan betrug laut dem japanischen Gesundheitsministerium 2022 etwa 19,5 Milliarden US$. Japan ist stark bei Diagnosegeräten wie Endoskopen, Ultraschallgeräten und Magnetresonanztomographen. Höhere Produktionswerte gibt es daneben bei Kanülen und Kathetern, künstlichen Organen, Bluttestgeräten und In-vitro-Diagnostik.
Japan hat einige international bekannte Branchenunternehmen wie Olympus (für Endoskope), Terumo (für endovaskuläre Technologie) und Canon Medical Systems (für Elektrodiagnoseapparate). Als Zukunftsfelder spielen Roboter, künstliche Gewebe und Organe, minimalinvasive Behandlung, diagnostische Bildgebung und medizinische Heimgeräte eine wichtige Rolle.
So wollen japanische Unternehmen das Know-how in Robotertechnologie und Automatisierung nutzen, um sich stärker zu etablieren. Dabei geht es sowohl um Roboter für Hygienearbeiten, die Infektionsgefahren verringern können, als auch um Operationsroboter, die das medizinische Personal entlasten sollen. Zudem entwickeln eine Reihe von Firmen Serviceroboter für den Pflegeeinsatz.
Viele Kooperationen und Fusionen
Die großen Hersteller sind die Systemlieferanten. Kleine und mittelgroße Firmen konzentrieren sich oft auf die Produktion von Teilen oder auf Nischenbereiche. Neben organischem Wachstum setzen Japans Firmen auf Kooperationen wie auch auf Aufkäufe und Fusionen, um ihre Geschäfte im Inland und ihre Präsenz in anderen Märkten auszuweiten.
Olympus erwarb 2021 zur Stärkung seines Endoskopie-Geschäfts die niederländische Firma Quest Photonic Devices. Im gleichen Jahr kaufte Olympus das israelische Unternehmen Medi-Tate für minimalinvasive Behandlungen. Im Februar 2023 vereinbarte es die Übernahme von Taewoong Medical, einem südkoreanischen Hersteller von Magen-Darm-Stents für 370 Millionen US$. Ebenfalls 2023 übernahm Olympus das britische im Bereich Cloud-KI-Endoskopie tätige Unternehmen Odin Vision und zahlt dafür bis zu 79 Millionen US$.
Asahi Kasei erwarb 2021 über seine Tochterfirma ZOLL Medical Corporation die israelische Firma Itamar Medical, die einen Schwerpunkt auf der Behandlung von Schlafstörungen hat.
Unternehmen | Umsatz (2021) 4) | Umsatz (2022) 4) |
---|---|---|
Oympus Corporation 1), 2) | 6.675 | 6.512 |
Terumo Corporation 1) | 5.462 | 5.193 |
FUJIFILM Holdings Corporation 1), 2) | 4.750 | 4.512 |
NIPRO Corporation 1) | 4.403 | 4.026 |
Canon Medical Systems Corporation 3) | 2.930 | 2.524 |