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Special | Kambodscha | US-Zölle

Erleichterung über moderate US-Zölle in Kambodscha

Waren aus Kambodscha werden in den USA mit 19 Prozent Zusatzzoll belegt. Damit bleibt die Chancengleichheit mit anderen wichtigen Textilländern in der Region bestehen.

Von Frank Malerius | Bangkok

Angesichts der am 31. Juli 2025 vom Weißen Haus in Washington verkündeten zusätzlichen Importzölle von 19 Prozent ab dem 7. August 2025 atmet Kambodscha auf. In den Monaten zuvor hatten die USA dem Land mit 49 und 36 Prozent noch die weltweit fast höchsten Zollsätze angedroht. Bisher waren die meisten kambodschanischen Warenlieferungen in die USA zollfrei.

Bekleidungsindustrie hat kleinen Trumpf

Höhere Zölle hätten vor allem die wachsende Bekleidungsindustrie mit ihren 1.700 Fabriken hart getroffen. Kleidung steht für die Hälfte der kambodschanischen Exporte und beschäftigt fast 6 Prozent der Bevölkerung. Kein anderes Land exportiert im Verhältnis zu seiner Wirtschaftskraft so viel Bekleidung wie Kambodscha. Nun hat das Land der Khmer sogar einen minimalen Zollvorteil gegenüber den großen Konkurrenten der Bekleidungsindustrie Indien, Bangladesch, Vietnam und Indonesien.

 

US-Produkte sind in Kambodscha nun weitgehend zollfrei. Darüber hinaus sind bisher kaum Details über die künftigen bilateralen Handelsregeln bekannt. Beide Länder werden in den kommenden Monaten darüber verhandeln. Ziel der USA ist, das hohe bilaterale Handelsbilanzdefizit abzubauen. Im Jahr 2024 betrug es 13 Milliarden US-Dollar (US$).

Wichtiger deutscher Beschaffungsstandort bleibt wettbewerbsfähig

Kambodscha gehört zu den zehn wichtigsten Beschaffungsmärkten der deutschen Bekleidungs- und Schuhindustrie. Für sie dürften die US-Zölle keine größeren Auswirkungen haben. Im Jahr 2024 bezog Deutschland Waren im Wert von mehr als 2 Milliarden US$ aus Kambodscha. Beispielsweise kauft Adidas einen großen Teil seiner Ware dort ein und beschäftigt in seinen Vertragsfabriken mehrere zehntausend Menschen. Zudem bezieht Deutschland Fahrräder für jährlich bis zu 200 Millionen US$ aus Kambodscha.

Die deutschen Exporte nach Kambodscha sind gering. Neben Brautechnik und Getränkeabfüllanlagen erreichen einige deutsche Nahrungsmittelmarken die lokalen Supermärkte. Produzierende deutsche Firmen gibt es dort nicht, dafür ist das Investitionsumfeld zu unsicher.

Es herrscht Erleichterung. Denn die vorher angedrohten Zölle von erst 49, dann 36 Prozent, hätten die Produktion getroffen. Allerdings ist Kambodscha jetzt für fast alle US-Produkte zollfrei. Wir rechnen nur mit einer leichten Verschiebung des Importmarktes zugunsten der USA. Für deutsche Lieferanten, die im Land jährlich nur Produkte im unteren dreistelligen Millionenwert verkaufen, hat das keine größeren Auswirkungen.

Tassilo Brinzer Vorsitzender German Business Cambodia (GBC) in Phnom Penh

Für deutsche und europäische Autos wird es nach Einschätzung von Tassilo Brinzer jedoch schwieriger als bisher, mit der Konkurrenz aus den USA mitzuhalten. Automobile aus der EU waren in Kambodscha schon immer mit hohen Importzöllen belegt, bei Luxusmodellen mit bis zu 100 Prozent.

Problem chinesischer Weiterverladung von Gütern

Ein aus US-amerikanischer Sicht großes Problem ist die starke Rolle Chinas in Kambodscha. Politisch und wirtschaftlich befindet sich das Königreich fest im Griff des übermächtigen Nachbarn im Norden. Ein Großteil der Textilfabriken gehört Unternehmen aus China und Hongkong. Die meisten Sonderwirtschaftszonen beherbergen überwiegend chinesische Unternehmen.

Kambodscha kann über das General System of Preferences (GSP) die meisten seiner Waren zollfrei in Industrienationen exportieren. Das macht das Land bisher insbesondere für Unternehmen aus China zum idealen Standort, um von dort aus US-Zölle zu umgehen. Dies geschieht legal über eine reguläre Fertigung im Land, aber auch über sogenannte Transshipments: Fertigwaren oder Produkte, bei denen nur ein kleiner Teil der Wertschöpfung in Kambodscha erbracht wird, werden von dort in die USA weitergeleitet. Das GSP der USA ist im Jahr 2020 ausgelaufen und wurde bislang nicht verlängert.

In der arbeitsintensiven Bekleidungsindustrie dürften Transshipments ein kleines Problem sein. Die großen Lohnunterschiede rechtfertigen eine Produktionsverlagerung nach Kambodscha. In der teilautomatisierten Elektronikindustrie ist die Versuchung zur Weiterverladung von Gütern größer. Solange die US-Importzölle auf Waren aus China substanziell höher sind als auf Produkte aus Kambodscha, bestehen Anreize für diese illegale Zollvermeidung.

Bei der Umsetzung von Recht hat Kambodscha keinen besonders guten Ruf. Doch es ist im Interesse des Königreichs, Wertschöpfung im Land zu halten. "Kambodscha hat den USA zugesagt, bei Transshipments hart durchzugreifen", berichtet Brinzer, der auch stellvertretender Vorsitzender von EuroCham, der Europäischen Handelskammer in Phnom Penh, ist. "Erste Erfahrungen bei EuroCham und unseren Logistikunternehmen zeigen, dass dies auch in die Tat umgesetzt wird. Dies geschieht bisher über zusätzlich zu erbringende Nachweise und Abfragen seitens der Zollbehörden."

Anhaltender Wirtschaftsboom gerät ins Stocken

Kambodscha hat eine rasante wirtschaftliche Entwicklung hinter sich. Nach Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF) gehört das Land seit der Jahrtausendwende mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 7,2 Prozent zu den zehn wachstumsstärksten Staaten der Welt. 

Viele Unternehmen aus China, Japan und Taiwan haben in Kambodscha eine Exportproduktion aufgesetzt. Allerdings fehlt für höherwertige Produktion das entsprechende Bildungs- beziehungsweise Ausbildungsniveau.

Für die kommenden fünf Jahre prognostiziert der IWF Wachstumsraten von nur 3,4 bis 5,2 Prozent. Sie gehören zu den niedrigsten seit Jahrzehnten. Grund dafür sind auch die mittel- und langfristigen Unsicherheiten rund um den Handelskonflikt zwischen den USA und China.

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