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Branchen | Niederlande | Bauwirtschaft

Marktchancen

Trotz der aktuellen Herausforderungen verzeichnete der Bausektor im 1. Quartal 2023 ein Umsatzwachstum. Grund dafür sind gestiegene Baukosten und die Nachfrage nach Nachhaltigkeit.

Von Inge Kozel | Berlin

Steigende Umsätze bei sinkendem Volumen

Die Umsätze sollen 2023 und 2024 steigen, allerdings ohne Erhöhung des Volumens. Laut ING-Bank geben über 60 Prozent der niederländischen Baubetriebe an, wegen gestiegener Materialkosten ihre Verkaufspreise weiter zu erhöhen. Die Branche hat zurzeit mit Material- und Personalknappheit sowie mit der Beschleunigung der Energie- und Klimawende zu kämpfen.

Wegen der gestiegenen Zinssätze und der allgemeinen Unsicherheiten haben sich die Aussichten für den Immobiliensektor in der zweiten Jahreshälfte 2023 stark eingetrübt. Nach Ansicht der Rabo Bank ist eine schnelle Erholung nicht in Sicht. Weiter steigende Zinsen, Preisdruck und belastende Steuervorschriften bremsen die Baukonjunktur.

Energiepreise und Baukosten sind stark gestiegen und es mangelt an Bauland. Die Anzahl der Baugenehmigungen für Wohnungen sank im 1. Quartal 2023 um mehr als ein Viertel, so das niederländische Statistikamt CBS. Im Tief- und Nichtwohnungsbau stieg der Umsatz - nicht aber das Volumen - um etwa 8,6 Prozent, im Erd-, Wasser- und Straßenbau sogar um 11,3 Prozent.

Die Anzahl der Transaktionen und die Verkaufspreise für Bestandswohnungen sanken dagegen seit Mitte 2022. Die Immobilienpreise insgesamt können laut Rabo Bank zwischen 10 und 15 Prozent nachgeben.


Marktvolumen der Bauwirtschaft in den Niederlanden (in Millionen Euro) ¹⁾

Kennziffer

2020

2020

2022 ²⁾

Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon

16.500

18.777

20.638

Wohnungsbau

10.533

12.228

13.481

Wirtschaftsbau ³⁾

3.745

4.056

4.556

1 fertiggestellte Gebäude; 2 Schätzung; 3 Büros, Hallen und Warenhäuser, Glashäuser, landwirtschaftliche Gebäude, GeschäfteQuelle: CBS 2023

Zu wenig bezahlbare Mietwohnungen

Vor allem wegen des Anstiegs der Hypothekenzinsen und der Inflation bleiben die Immobilienpreise auch 2023 unter Druck. Nach Angaben von CBS sind die Preise für Bestandsimmobilien im April 2023 bereits um 4,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Gleichzeitig stiegen die Bauumsätze für Neubauwohnungen um 12,3 Prozent im 1. Quartal 2023 im Vergleich zur Vorjahresperiode. Im 4. Quartal 2022 gab es nur etwa halb so viele Transaktionen bei Neubauten wie im Jahr davor (Gesamtjahr 2022: -27 Prozent).

Auf dem Mietmarkt herrscht ein großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Die Nationale Wohnungs- und Bauagenda mit einem Wohnungsbauprogramm von Anfang 2022 kommt nicht richtig in Gang. Bauanträge werden wegen wirtschaftlicher Unsicherheit sowie steigender Zinsen, Bau- und Erschließungskosten nicht gestellt.

Zudem bremst die Regierung den Wohnungsneubau durch Vorschriften in den Bereichen Klimaschutz, CO2 und Stickstoff. Erschwerend wurde seit Januar 2023 die Grunderwerbssteuer für nicht selbst bewohnte Immobilien von 8 auf 10,4 Prozent erhöht. Das trifft vor allem Kapitalanleger und Erwerber gewerblicher Immobilien oder Ferienwohnungen. Außerdem dürfen ab 2030 schlecht isolierte Häuser mit Energieeffizienzklassen E, F und G nicht mehr vermietet werden.

Bedarf an großen Büroflächen sinkt

Da immer mehr Arbeitnehmer von zuhause aus arbeiten, ist auch das Angebot auf dem Büromarkt in den letzten Jahren zurückgegangen. In den letzten Monaten wurden große Flächen (ab 2.500 qm) weniger stark nachgefragt, insbesondere größere Unternehmen verringern ihre Bürofläche oder planen dies. Damit erhöhte sich das Angebot größerer Flächen auf dem Markt. Seit Januar 2023 muss jedes Büro mindestens das Energielevel C haben.

Allerdings besteht nach wie vor eine hohe Nachfrage nach hochwertigen und nachhaltigen Büros in guten Lagen sowie nach kleineren Flächen. Laut Rabo Bank sollen bis 2030 wieder mehr Büroflächen auf den Markt kommen und zu einem Überschuss auf dem Markt führen.

Industrieflächen werden gesucht

Die Nachfrage nach Industrieflächen war 2022 hoch. Wegen des starken Wachstums des E-Commerce und des Ausbaus der Kreislaufwirtschaft erwartet die Rabo Bank, dass Industrieflächen weiter gesucht werden. Zudem wird ins Ausland ausgelagerte Arbeit in die Niederlande zurückverlagert (Reshoring, Nearshoring).

In den letzten Jahren haben die Kommunen häufig Gewerbeflächen in Wohnflächen umgewidmet und Unternehmen so aus den Städten vertrieben. Neue Standorte für Unternehmen wurden nicht mehr geplant, wodurch es zu Engpässen kommt.

Das Gastgewerbe und der Handel fallen nach der Coronapandemie in die nächste Krise. Der Krieg in der Ukraine ließ die Preise für Energie, Rohstoffe und Produkte steigen. Zudem herrscht Personalmangel und die Löhne steigen. Entsprechend geben die Verbraucher mehr aus, kaufen aber weniger.

Im Handel sind Möbelhäuser und Elektronikgeschäfte besonders betroffen. Trotzdem sind die Aussichten auf dem Immobilienmarkt nicht schlecht, weil Verbraucher trotz Krise Geld für Unterhaltung und Freizeit ausgeben, so die Rabo Bank. Die Leerstandsquote ist in den letzten Jahren erheblich gesunken. Einkaufsgebiete werden durch Freizeit- und Gesundheitseinrichtungen sowie durch zusätzlichen Wohnraum attraktiv gestaltet.

Seniorengerechte Wohnungen fehlen

Auch in den Niederlanden stellt die zunehmende Alterung der Bevölkerung ein Problem dar. Zu wenige Wohnungen sind wirklich seniorengeeignet. Auch darum bleiben ältere Menschen in ihren - häufig zu großen - Wohnungen.

Hohe Kosten durch geringere Arbeitsproduktivität

Ein Manko des Bausektors ist die relativ geringe Arbeitsproduktivität im Vergleich zur Industrie. Diese führt zu höheren Preisen und Arbeitskräftemangel. Da die Produktion im Bausektor ortsspezifisch (auf eine Baustelle beschränkt) ist, ist viel Handarbeit und häufig ein Architekt pro Gebäude erforderlich. Auch die unterschiedlichen Anforderungen der Kommunen an das Bauen erschweren eine Industrialisierung des Bauprozesses.

Inzwischen setzen Unternehmen wie Daiwa house, Dijkstra Draisma, Heijmans, modular Europe, Van Wijnen und Plegt-Vos auf Automatisierung des Bauprozesses und setzen Industrialisierung, Digitalisierung, Modul- und Fertigteilbau ein. Trotzdem ist beispielsweise bei Instandhaltung und Renovierung oft eine individuelle Anpassung notwendig.

Ausgewählte Großprojekte in den Niederlanden (Investitionen in Millionen Euro)

Vorhaben

Investitionssumme 

Projektstand

Projektträger

Straßenbau im ganzen Land

25.000

Planung, teilweise bereits im Bau

Realisierung bis 2028; Rijksoverheid

Offshore-Windparks

bis zu 20.000

Planung

Von 2022 bis 2029 werden 7,5 Gigawatt errichtet; Tennet

Landesweiter Ausbau der Bahninfrastruktur

18.000

Planung, teilweise bereits im Bau

Realisierung bis 2040; NS Procurement

Ausbau von Wasserstraßen, Hochwasserschutz, Entwässerungs- und Kläranlagen

18.000

Planung, teilweise bereits im Bau

Realisierung von 2021 bis 2034 geplant; Deltafonds

Ausbau Hafen Rotterdam

5.000 bis 6.500

Planung, teilweise bereits im Bau

Vor allem Infrastruktur- und Energieprojekte, Realisierung bis 2025; Hafen Rotterdam

Ausbau U-Bahn in der Region Amsterdam

1.500

Planung

Verlängerung der Linie 52 nach Hoofdorp über Flughafen Schipol; GVB

Bioraffinerie von Neste in Rotterdam

1.500

Planung

Neben nachhaltigen Kraftstoffen sollen auch Rohstoffe für die Chemieindustrie erzeugt werden; Neste

Ausbau von Pflegeinrichtungen

600

Planung

Stiftung S Heeren Loo

Quelle: Recherchen von Germany Trade and Invest

Informationen zum Infrastrukturbau finden Sie hier.

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