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Regionalbericht I Nordamerika I Rechenzentren, KI

KI entfacht unstillbaren Hunger nach Rechenpower

KI-Modelle werden immer komplexer und lernen fortlaufend dazu. In Nordamerika läuft der Bau von Datenzentren deshalb auf Hochtouren – und kommt dennoch kaum hinterher.

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Der Bedarf an Rechenleistung in Nordamerika wächst rasant. Im Zentrum stehen die USA mit ihren großen Technologiekonzernen. Der Wettlauf um immer leistungsfähigere KI-Modelle und die Vision einer künstlichen Superintelligenz treiben die Investitionen auf ein Rekordniveau. Laut Goldman Sachs sollen die jährlichen Ausgaben der US-Tech-Giganten bis 2027 auf über 540 Milliarden US-Dollar (US$) ansteigen – mehr als doppelt so viel wie 2024.

Ein Großteil der Milliarden fließt in den Bau neuer Data Center. Doch selbst diese Anstrengungen reichen kaum aus, um die wachsende Nachfrage nach Rechenleistung zu decken. Bei der Vorstellung der Quartalsergebnisse im Oktober 2025 brachte Amy Hood, Finanzchefin (CFO) von Microsoft, die Lage auf den Punkt: "Wir haben seit vielen Quartalen Engpässe. Ich habe gehofft, wir würden aufholen – aber das gelingt uns nicht. Die Nachfrage steigt weiter." Microsoft will daher seine Rechenkapazitäten in den nächsten zwei Jahren verdoppeln.

Andere Tech-Unternehmen wie die Google-Mutter Alphabet, Meta oder Amazon schlagen ähnliche Töne an. Angst vor Überkapazitäten scheint es nicht zu geben. "Im schlimmsten Fall würden wir den Ausbau neuer Infrastruktur vorübergehend einfach verlangsamen, bis wir die bereits geschaffenen Kapazitäten vollständig auslasten können", erklärte Mark Zuckerberg, Gründer und Vorstandsvorsitzender (CEO) von Meta bei einer Investorenkonferenz.

KI benötigt mehr Leistung

Neben den großen Cloud-Computing-Anbietern treibt insbesondere OpenAI den Bau von Rechenzentren voran. Im Herbst 2025 schloss das Start-up mehrere Deals mit Chipherstellern wie Nvidia, AMD und Broadcom, die neue Rechenkapazitäten von 26 Gigawatt nach sich ziehen. Gründer Sam Altman sprach sogar von 250 Gigawatt als Langfristziel.

Der Boom bei den Fabriken ist eng mit der Weiterentwicklung von KI-Modellen verknüpft. Frühe Anwendungen waren statisch: Nach einer einmaligen Trainingsphase folgte die Nutzung in Form von Inferenz. Durch den Kampf gegen Halluzinationen und die Entwicklung von KI-Agenten, die in Echtzeit Entscheidungen treffen, ändert sich das Bild.

Als im Oktober 2025 die TechCrunch Disrupt in San Francisco stattfand, beschrieb Eric Anderson von Scale Venture Partners eine Zukunft, in der KI-Systeme mittels Reinforcement Learning kontinuierlich dazulernen. Sie benötigen damit viel mehr Rechenleistung. Dieser zusätzliche Bedarf ist gewaltig: Laut Deloitte könnten die Kapazitäten amerikanischer KI-Rechenzentren bis 2035 um mehr als das Dreißigfache steigen – auf 123 Gigawatt gegenüber 4 Gigawatt im Jahr 2024.

Standorte werden knapp

Als Folge des Booms wächst auch der US-Stromverbrauch, jährlich um 2 bis 3  Prozent. In wichtigen Data Hubs wie Virginia übersteigt die von Entwicklern angefragte Anschlussleistung die vorhandenen und geplanten Versorgungskapazitäten deutlich – mit der Folge langer Wartezeiten für Neues. Die Engpässe zwingen Betreiber dazu, nach alternativen Standorten zu suchen oder Energiequellen direkt am Rechenzentrum zu planen. 

Hoher Technikbedarf – auch deutsche Anbieter profitieren

Moderne KI-Zentren brauchen mehr als nur Rechenleistung: Gefragt sind vor allem leistungsstarke Kühl-, Elektro- und Netzwerktechnik. Die sich daraus ergebenden Geschäftschancen lösen in den USA bereits Investitionen deutscher und europäischer Unternehmen aus. Im Bereich der modernen Kühltechnik ist beispielsweise das Unternehmen Stulz aktiv. Die Hamburger eröffneten 2025 ihren dritten Produktionsstandort in den USA in Denton County (Texas).

Auch die Nachfrage nach elektrotechnischen Komponenten wie Schalt- und Stromverteilungstechnik ist hoch. Siemens eröffnete Anfang 2025 gleich zwei Standorte in den USA: in Pomona, Kalifornien, und in Fort Worth, Texas. In beiden Werken werden wichtige elektrische Komponenten wie Niederspannungsschaltanlagen hergestellt, um die starke Nachfrage in den USA zu bedienen. Weitere Investitionen könnten folgen.

Schneider Electric kündigte im März 2025 an, bis 2027 insgesamt rund 700 Millionen US$ in den Ausbau von acht bestehenden Produktionsstätten in den USA zu investieren. ABB investiert bis 2026 rund 230 Millionen US$ in mehrere Standorte in Mississippi, North Carolina, Tennessee, Virginia und Puerto Rico, um die Produktion von Niederspannungstechnik zu erweitern.

Welle schwappt nach Mexiko über

Da Rechenzentren überall dort entstehen, wo ausreichend Land und Energie zur Verfügung stehen, rückt auch Mexiko in den Fokus. Das Zentrum hierfür ist die strategisch günstig gelegene Provinz Querétaro, mit einer bereits installierten Rechenkapazität von rund 200 Megawatt. Neben südamerikanischen Betreibern wie Ascenty sind auch US-Konzerne wie Microsoft und Google vor Ort. 

Nach Schätzung der Mexican Data Center Association (MEXDC) könnte das Land bis 2030 über eine Rechenleistung von rund 1.500 Megawatt verfügen, davon allein 1.120  Megawatt in Querétaro. Die Nachfrage aus den USA ist dabei wichtiger Treiber. Amazon investiert 5 Milliarden US$ in einen neuen Data Hub in Querétaro. Ein weiterer US-Akteur ist CloudHQ, der für 4,8 Milliarden US$ einen Rechencampus mit 900 MW in der Provinz errichten will.

Eine Herausforderung in Querétaro sind das trockene Klima und die Wasserknappheit, weshalb Rechenzentren hier effiziente Kühltechnik benötigen. Für deutsche Unternehmen bieten sich zudem Chancen bei der Photonik.

Parallel zum Data-Center-Boom erhält auch der Ausbau von Glasfaserverbindungen zwischen den USA und Mexiko einen Schub. Zahlreiche Projekte, wie das 1.000 Kilometer lange Netz von Axtel zwischen Querétaro und Texas, sind bereits umgesetzt oder kurz vor der Fertigstellung. Nach dieser ersten Ausbauwelle ist davon auszugehen, dass die grenzüberschreitenden Glasfasernetze weiter gestärkt werden.

Projekte für Glasfaserverbindungen in Nordamerika (Auswahl)
UnternehmenAnmerkung
Liberty Networks/Gold Data/Sparklegeplanter Bau des 5.400 Kilometer langen MANTA-Unterseekabels im Golf von Mexiko. Verbindung zwischen den USA, Mexiko, Panama und Honduras
ZayoBau eines Glasfasernetzwerks zwischen Phoenix und Tucson in Arizona und El Paso in Mexiko bis 2026
C3ntro TelecomBau eines 2.500 Kilometer langen Glasfasernetzwerks (Tikva Project) zwischen Phoenix in Arizona und Querétaro bis 2026
Trans Americas Fiber System (TAFS)Bau des 7.200 Kilometer langen Unterseekabels TAM-1 bis 2026; Verbindung zwischen Miami in Florida mit Staaten in der Karibik und Lateinamerika
MDC Data CentersBau neuer Glasfasernetze zwischen Texas und Mexiko (El Paso–Ciudad Juárez; Laredo–Nuevo Laredo) bis Ende 2025
Lumen TechnologiesAufträge im Umfang von 8,5 Mrd. US$ mit großen Cloud-Computing-Anbietern wie Amazon Web Services, Google Cloud, Microsoft und Meta für ein spezialisiertes „Private Connectivity Fabric“ (PCF), um AI-Data-Center zu verbinden
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2025

Kanada setzt auf Datenhoheit

Auch Kanada positioniert sich als Standort für neue Rechenzentren. Es setzt dabei auf Faktoren wie niedrige Energiekosten sowie ein kaltes Klima, das den Kühlaufwand reduziert. Laut dem Marktforschungsinstitut DC Byte liegt die in Kanada installierte Leistung im Jahr 2025 bei 1,4  Gigawatt. Weitere 9 Gigawatt befinden sich im Bau oder in der Planung.

Amerikanische Unternehmen haben auch in Kanada eine starke Präsenz: Rund ein Drittel der etwa 280 kanadischen Rechenzentren gehört US-Betreibern. Vor diesem Hintergrund rückt für die kanadische Regierung die Frage der nationalen Datenhoheit in den Fokus. Grund ist das seit dem Amtsantritt von Donald Trump angespannte Verhältnis zu den USA. Es ist verbunden mit der Sorge, dass US-Betreiber aufgrund von Vorgaben wie dem US Cloud Act verpflichtet sein könnten, im Ausland gespeicherte Daten an US-Behörden herauszugeben.

Im Rahmen der Canadian Sovereign AI Compute Strategy stellt die Regierung rund 1,5 Milliarden US$ für den Ausbau von KI-Rechenleistung bereit und will auch den Aufbau einer "Sovereign Cloud" fördern. Die kanadischen Telekommunikationsanbieter sind bereits aktiv: Telus eröffnete in Québec die erste "Sovereign AI Factory" und hat schon weitere Projekte im Blick. Bell plant an sechs Standorten jeweils eine "AI Fabric" mit einer Anschlussleistung von insgesamt 500 Megawatt. Von deutscher Seite mischt SAP mit und bietet seine SAP Sovereign Cloud seit März 2025 auch in Kanada an.

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