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Nachhaltigkeit und Energieeffizienz

Polen steht vor Mammutaufgaben, um seinen Gebäudesektor langfristig klimaneutral zu gestalten. Strengere Umweltvorschriften und Förderungen heizen die Maßnahmen an.

Von Beatrice Repetzki | Berlin

Ein intelligentes neues Bauen und Modernisierungen des Bestands sollen die Emissionen von Gebäuden in Polen reduzieren. Darin sieht der für Gebäudetechnologien zuständige Direktor bei Siemens Sp. z o. o., Artur Górski, die beiden Kernaufgaben, wie die Firma in einem Beitrag in der Tageszeitung Rzeczpospolita schreibt. Der Anteil des Gebäudebestands, der eine unzureichende Energieeffizienz aufweist, liege in Polen über dem Weltdurchschnitt von 75 Prozent. Eine nachhaltige Energieerzeugung und sparsame –nutzung müssen hier Abhilfe schaffen und Dämmungsmaßnahmen den Wärmeverlust begrenzen.

Großinvestitionen in Wärmepumpen

Baumaterialien und Bauelemente sowie Ausstattungen, die Gebäude umweltfreundlicher machen, stellt Polen auch selbst her. Das Land entwickelt sich zu einem bedeutenden Standort zur Produktion von Wärmepumpen in Europa. Vier namhafte internationale Konzerne bauen dort entsprechende Fabriken. Das sind Dalkin aus Japan, Aira (Gruppe Northvolt) aus Schweden sowie die beiden deutschen Unternehmen Viessmann und Bosch.

Die japanische Gesellschaft Fujitsu erwägt ebenfalls, eine solche Produktionsstätte in Polen zu errichten. Auch die aufstrebende inländische Firma Sunex S.A. aus Racibórz (Ratibor) stellt Wärmepumpen her, außerdem Sonnenkollektoren, Montage-Bausätze für PV-Installationen. Sie exportiert in starkem Maße nach Deutschland.

Polen ist ein wichtiger Hersteller und Exporteur von Türen und Fenstern, die eine bessere Isolierung von Gebäuden bewirken. Der Output an Fenstern mit Holzrahmen sank 2022 laut dem Statistischen Hauptamt GUS um 2,0 Prozent auf 3,3 Millionen Stück. Holz spielt als erneuerbarer Rohstoff eine wichtige Rolle, der zu Faserplatten, Fußbodenbelägen, Parkett, Schwellen, Leisten und ganzen Holzhäusern (speziell Ferienhäusern) verarbeitet wird. Die Nachfrage danach steigt, was die Preise in die Höhe treibt. Auch Dämmmaterialien werden in Polen produziert. Der Output an Produkten zur thermischen Isolierung aus Mineralwolle sank laut GUS 2022 um 6,9 Prozent auf 714.304 Tonnen.

Förderung energetischer Sanierungen

Der Absatz von Wärmepumpen expandiert in Polen. Er lag im 1. Quartal 2023 laut dem Branchenverband PORT PC mit technologieübergreifend annähernd 47.000 Stück um 64 Prozent höher als im 1. Quartal 2022. Energetische Sanierungen werden schon länger finanziell gefördert.

Seit September 2018 können Mittel aus dem Programm „Czyste Powietrze“ (Saubere Luft) des Ministeriums für Klima und Umwelt MKiS beim Umweltfonds NFOSiGW beantragt werden. Damit sollen insbesondere alte Öfen und Heizkessel in immer noch knapp 3 Millionen Einfamilienhäusern ausgetauscht werden. Bis Ende Juli waren rund 657.000 Anträge auf Zuschüsse von rund 3,6 Milliarden Euro eingegangen. Von insgesamt 557.337 Zusagen betrafen 37 Prozent den Einbau von Kondensationsgaskesseln, 28 Prozent Luftwärmepumpen, 19 Prozent Biomassekessel, 10 Prozent Kohlekessel (2018 bis 2021), 4 Prozent Erdwärmepumpen und andere.

Das mit rund 23 Milliarden Euro dotierte Programm läuft noch bis 2029, wobei die Verträge bis Ende 2027 unterzeichnet sein und die Auszahlungen bis 30. September 2029 erfolgen müssen. Derzeit beträgt der höchste, einkommensabhängige Einzelförderbetrag gut 30.000 Euro für eine umfassende Modernisierung einschließlich PV-Anlagen. Die Bank für Umweltschutz BOŚ bezuschusst im Rahmen von Czyste Powietrze aufgenommene Kredite.

Strengere Vorgaben für Emissionen

Da zunehmend Strafzahlungen gefordert werden, wenn Kohle und andere unerwünschte Stoffe verbrannt beziehungsweise Kessel und Öfen außerhalb jeglicher Klassifizierung benutzt werden, dürfte dieses Programm nun einen stärkeren Auftrieb erhalten. Die Maßnahmen und Vorschriften variieren von Region zu Region, Stadt und Land. In Warschau etwa ist es ab Oktober 2023 untersagt, Kohle zum Heizen zu verbrennen.

Über die in den einzelnen Gebäuden vorhandenen Heizungsarten informiert das Zentralregister für Gebäudeemissionen (Centralna Ewidencja Emisyjności Budynków, CEEB). Einzelne Heizungen kontrolliert das Hauptamt für Bauaufsicht GUNB.

Weitere Fördermaßnahmen sind Steuervergünstigungen für energetische Maßnahmen. Außerdem stehen Gemeinden Mittel aus den Fonds „Stop Smog“ und „Ciepłe Mieszkanie“ (Warme Wohnung) für ihre Einwohner zur Verfügung. Experten schätzen die erforderlichen Investitionen in energetische Maßnahmen, um den polnischen Gebäudesektor bis 2050 gemäß den Zielvorgaben der Europäischen Union (EU) klimaneutral zu machen, auf 337 Milliarden Euro.

Angesichts dieses immensen Investitionsbedarfs haben deutsche Firmen gute Zulieferchancen, insbesondere bei Heiztechnik. Die notwendigen Baugeräte, Werkzeuge und andere stammen ebenfalls zum Teil aus Deutschland. Auch andere Installationen, Dämmmaterialien, Beleuchtungen und Know how sind gefragt, um den Energie- und Wasserverbrauch zu senken und erneuerbare Quellen zu nutzen. Mitunter werden solche Investitionen so finanziert, dass der Anbieter entsprechender Maßnahmen eine Zeitlang die vom Investor eingesparten Energiekosten als Vergütung erhält. Auf diese Weise modernisierte zum Beispiel die Firma Siemens 24 Schulgebäude in Płock (Plozk).

Umweltzertifikate stärker verbreitet

Nachhaltige neue Wohngebäude können das inländische Zertifikat „Zielony Dom“ (Grünes Haus) erhalten, das mehrere Kriterien umfasst. Vergeben wird es von dem polnischen Arm des Green Building Council (Stowarzyszenie Budownictwa Ekologicznego, PLGBC). Für den Kauf von so zertifizierten Wohnungen und Häusern bieten BOŚ und BNP Paribas vergünstigte Kredite an.

Während Wohngebäude nur in Einzelfällen internationale Umweltzertifikate erhalten, sind diese bei modernen neuen Bürobauten Standard. Auch Lager- und Industriehallen erhalten diese verstärkt, denn sie werden vielfach mit Solarpaneelen, energiesparender Beleuchtung und anderem ausgestattet. Einkaufszentren können sich ebenfalls mitunter damit rühmen. Verbreitet sind BREEAM-, LEED-, WELL- und andere Zertifikate unterschiedlicher Qualitätsstufen.

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