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Saudi-Arabien plant in Riad den größten Flughafen der Welt
Der neue Airport soll ab 2030 über 120 Millionen Passagiere pro Jahr abfertigen. Anbieter von Infrastrukturleistungen und technischer Ausstattung können profitieren.
17.06.2025
Von Heena Nazir | Dubai
Saudi-Arabien will in der zivilen Luftfahrt neue Maßstäbe setzen. Im Zentrum der ambitionierten Pläne steht der King Salman International Airport (KSIA), der bis 2030 in der Hauptstadt Riad entstehen soll.
Globales Drehkreuz soll Superlative bedienen
Vorgesehen sind sechs parallel verlaufende Start- und Landebahnen sowie eine Kapazität von jährlich 120 Millionen Passagieren. Der weitere Ausbau soll ab etwa 2050 die Abfertigung von etwa 185 Millionen Fluggästen und bis zu 3,5 Millionen Tonnen Luftfracht pro Jahr ermöglichen. Damit soll sich der KSIA zum weltweit größten Flughafen entwickeln.
Auf einer Fläche von 57 Quadratkilometern entsteht ein Megaflughafen mit Technik- und Logistikzentren, Wohnquartieren und Freizeiteinrichtungen. Das Großprojekt soll Riad im Rahmen der nationalen Vision 2030 als globale Drehscheibe zwischen Europa, Asien und Afrika etablieren.
Erste Ausbaustufe soll bis 2030 in Betrieb gehen
Die King Salman International Airport Development Company (KSIADC), eine Tochter des staatlichen Public Investment Fund (PIF), verantwortet die Realisierung des Vorhabens im Umfang von 23 Milliarden US-Dollar. Der Masterplan stammt vom britischen Architekturbüro Foster + Partners, die technische Gesamtkoordination liegt in den Händen des US-Unternehmens Jacobs. Ebenfalls aus den USA stammen der Bauriese Bechtel, der die Terminals errichtet, und die Firma Parsons, die für die luftseitige Infrastruktur – alle Bereiche des Flughafens hinter den Sicherheitskontrollen, einschließlich des Vorfelds – sowie die Anbindung an Strom-, Wasser- und Verkehrsnetze zuständig ist. Das Projekt folgt dem bewährten Delivery-Partner-Modell, das bereits bei Megavorhaben wie NEOM zum Einsatz kommt. Dabei werden erfahrene internationale Unternehmen zur Steigerung der Effizienz als strategische Partner eingebunden.
Die Umsetzung erfolgt modular. Neben dem Hauptterminal befinden sich derzeit mehrere Rollbahnpakete, Gepäcksysteme, Wohnanlagen und Frachtzentren in unterschiedlichen Planungs- und Ausschreibungsphasen. Der bestehende King Khalid International Airport (KKIA) wird schrittweise in den neuen Flughafen integriert. Die Inbetriebnahme der ersten großen Ausbaustufe ist für 2030 geplant.
Ausbau internationaler Verbindungen entscheidend
Laut der General Authority of Civil Aviation (GACA) stieg die Zahl der landesweit abgefertigten Passagiere 2024 auf über 128 Millionen – ein Plus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das Niveau vor der Pandemie (2019: 103 Millionen Passagiere) wurde damit deutlich übertroffen. Auch das Frachtvolumen legte kräftig zu und erreichte 1,2 Millionen Tonnen. Die Zahl der Flugbewegungen stieg auf rund 905.000. Inzwischen sind von Saudi-Arabien aus rund 170 Destinationen weltweit zu erreichen.
Flughafen (Stadt) | Passagiere 2024 (in Mio.) | Wachstumsrate gegenüber 2023 (in %) | Flugbewegungen 2024 1) | Internationale Ziele 2) | Besonderheiten |
King Abdulaziz Intl. (Dschidda) | 49,0 | 14 | 290.000 | 369 | Tor zu Mekka; Terminal 1 modern; Saudia-Hub; Hajj-Terminal |
King Khalid Intl. (Riad) | 37,6 | 18 | 274.000 | 165 | Schnellstes Wachstum; Hub von Riyadh Air; Ausbau zu King Salman Intl. |
King Fahd Intl. (Dammam) | 12,8 | 15 | 105.000 | 85 | Flächengrößter Flughafen; Modernisierung; regionales Drehkreuz |
Bis 2030 plant das Land, die Zahl der Passagiere auf jährlich 330 Millionen zu steigern, den Frachtumschlag auf 4,5 Millionen Tonnen zu erhöhen und mehr als 250 internationale Ziele anzufliegen. Über 100 Milliarden US-Dollar fließen in neue Airports, Fluggesellschaften und luftfahrtspezifische Dienstleistungen.
Im Jahr 2024 reisten über 9 Millionen Transitpassagiere über Saudi-Arabien – ein starkes Plus von rund 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: In Dubai lag die Zahl der Transitpassagiere 2023 bei rund 46 Millionen. Saudi-Arabien steht also trotz deutlicher Zuwächse noch am Anfang seiner Positionierung als internationales Drehkreuz.
Die neu gegründete Fluggesellschaft Riyadh Air soll als strategischer Wachstumstreiber dienen: Der Flugbetrieb soll Ende 2025 mit dem Ziel starten, bis 2030 über 100 Orte weltweit anzusteuern. Neue Partnerschaften, etwa mit Air France-KLM, sowie umfangreiche Flugzeugbestellungen und Digitalisierungsinitiativen untermauern diese Ambitionen.
Gefragt sind Infrastruktur- und Luftfahrttechnologien
Für mittelständische Anbieter, die auf Infrastruktur- und Luftfahrttechnologien spezialisiert sind, ergeben sich gute Geschäftsmöglichkeiten, erklären Unternehmensvertreter aus der MENA-Region. Deutsche Firmen sind bislang nicht direkt in das Projekt eingebunden: Schlüsselaufträge wurden frühzeitig an anglo-amerikanische Konzerne vergeben, die über enge Beziehungen zu saudi-arabischen Entscheidungsträgern sowie langjährige Erfahrung mit dem Delivery-Partner-Modell verfügen.
Zugleich verlaufen viele Vergaben nicht öffentlich, sondern über eine Vorauswahl (Präqualifikation) oder Konsortien mit lokalem Bezug. Spezifische Anforderungen zur "Saudisierung" oder zur lokalen Wertschöpfung ("In-Kingdom Total Value Add") sowie die fehlende lokale Präsenz stellen zusätzliche Markteintrittshürden dar. Hinzu kommt, dass sich deutsche Exportaktivitäten in Saudi-Arabien bislang stark auf Energie, Industrie und Bahntechnik konzentrieren. Die Chancen für spezialisierte Technologieanbieter steigen nun jedoch in der zweiten Projektphase und bei der Ausgestaltung der Betriebsinfrastruktur.
Bereich | Beispiele & Chancen | Relevanz / Zugang |
---|---|---|
Gebäudetechnik & Energieeffizienz | Energieoptimierung, HLK-Systeme, Gebäudeautomation (KNX), Wärmerückgewinnung | Beitrag zur LEED-Platin-Zertifizierung, Ausschreibungen zu Terminalausbau und Airport City |
IT & Digitalisierung | Passagierleitsysteme, Wartungsplattformen, "digitale Zwillinge", Cybersecurity | Bedarf an Betriebslösungen und IT-Backbone für Terminalmanagement |
Gepäck- und Sicherheitssysteme | Automatisierte Gepäckförderung, Screeningtechnik, biometrische Gates, Zugangskontrolle | Einstieg über spezialisierte Lose oder als Zulieferer für Generalunternehmen wie Bechtel |
Nachhaltigkeit & Beratung | Umweltmonitoring, nachhaltige Materialien, Betriebs- und Energiekonzepte | Projektziel: klimafreundlicher Flughafen; Nachfrage nach Lifecycle-Analysen, Materialien mit niedrigem CO₂-Fußabdruck |
Logistik & Architektur | Ausstattung von Hotels, Einzelhandelsflächen, Gewerbezonen in der Airport City | Zusätzliche Projekte außerhalb des Terminals bieten Einstiegsmöglichkeiten für Unternehmen aus Bau, Logistik, Innenausbau und Facility Management |
Markteintritt & Partnerschaften | Beteiligung über Etimad, Kooperation mit EPC-Firmen, Zulieferung an Jacobs, Parsons, Siemens | Erfolgsmodelle: DB Engineering & Consulting in Bahninfrastruktur, Siemens bei Smart Infrastructure |
Anbieter nachhaltiger Lösungen haben gute Chancen
Relevanter wird der Bereich Nachhaltigkeit. Riads neuer Flughafen soll nach dem LEED-Platin-Standard zertifiziert werden. Dadurch eröffnen sich Chancen für Anbieter von ökologischen Baustoffen, Wärmerückgewinnungssystemen, grüner Gebäudetechnik oder Umweltmonitoring. Ebenso werden Beratungsleistungen zur Energieeffizienz und Lifecycle-Kostenbetrachtung nachgefragt, insbesondere bei den in Planung befindlichen Wohn- und Gewerbeeinheiten der Airport City.
Für den Markteintritt kommen verschiedene Wege in Betracht: Joint Ventures mit saudi-arabischen EPC-Firmen (Engineering, Procurement and Construction), die Teilnahme an internationalen Ausschreibungen über Plattformen, Lieferungen an Generalunternehmen oder Partnerschaften mit in Riad tätigen Infrastrukturbetreibern.