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Vertragsrecht in Saudi-Arabien

Während das Wirtschaftsrecht weitgehend kodifiziert ist, stellt das allgemeine Zivilrecht eine wichtige Ausnahme von diesem Grundsatz dar. 

Von Jakob Kemmer | Bonn

Es speist sich ausschließlich aus schriftlich nicht fixierten Vorgaben des islamischen Rechts. Saudi-Arabien kennt also kein Zivilgesetzbuch. Zu Beginn des Jahres 2021 wurde allerdings die Verabschiedung eines kodifizierten „civil transactions law“ im Laufe des Jahres angekündigt. Ob dieses Gesetz dann eine vollumfängliche Verschriftlichung des Vertrags- bzw. des allgemeinen Zivilrechts sein wird, muss man abwarten. Das Fehlen einer solchen Kodifikation hat bisher mehrere wichtige Konsequenzen für den Vertragsschluss mit einem saudi-arabischen Geschäftspartner. 

Einmal ist deswegen im Vertragsrecht ein Rückgriff auf die Prinzipien der Scharia angezeigt. Diese sehen unter anderem vor, dass die Gerichte des Landes immer nur saudi-arabisches Recht, das heißt „Scharia-konformes“ Recht anwenden. Konsequenterweise gibt es dann auch kein kodifiziertes internationales Privatrecht, welches im Kollisionsfall das materiell anwendbare Recht bestimmen würde. Dieser Logik folgt dann auch die Tatsache, dass jede Rechtswahlklausel im Vertrag zugunsten eines ausländischen Rechts von saudi-arabischen Gerichten als pauschal unzulässig angesehen wird.

Weiter kennt die „Scharia-Rechtsordnung“ aber auch den Grundsatz der Vertragsfreiheit und den Ausspruch „Der Vertrag ist das Gesetz der Parteien“. Das bedeutet, dass man von der Möglichkeit Gebrauch machen sollte, einen Vertrag so ausdrücklich und hinreichend bestimmt wie möglich sowie in jedem Fall auch schriftlich zu schließen. So kann der Streitfall möglicherweise vermieden werden. 

Falls es die zu regelnde Materie zulässt, kann auch ein Teil des Vertrages im kodifizierten Wirtschaftsrecht liegen, beispielsweise im Investitions- oder Gesellschaftsrecht. Dadurch kann der Anwendungsbereich der Scharia begrenzt werden. 

Entscheidet man sich aber sogar für die ausdrückliche Wahl des saudi-arabischen Rechts, so wird dies von den Gerichten des Landes ausnahmsweise als zulässige Rechtswahlklausel angesehen. Eine solche Entscheidung kann auch eine mögliche Vollstreckung in Saudi-Arabien, beispielsweise bei nicht vertragsgemäßer Pflichterfüllung der anderen Partei, deutlich erleichtern und beschleunigen, da eine mögliche Auseinandersetzung vor Gericht bezüglich des anwendbaren Rechts entfällt.

Durch die Geltung der Scharia gibt es im Vertragsrecht noch einige weitere Ausnahmen und Besonderheiten zu beachten. So sind insbesondere Zinsen, Verzugszinsen und Vertragsstrafen verboten und in Saudi-Arabien nicht vollstreckbar. Auf der anderen Seite gelten Abzüge vom Preis bei einer verspäteten Lieferung aber nicht als Verzugszinsen.

Auch darf der Vertragsgegenstand beispielsweise nicht „haram“ sein, das heißt verboten. Das gilt vor allem für Schweinefleisch und Alkohol. Auch ist es nicht möglich eine aufschiebende Bedingung in einen Vertrag aufzunehmen, da das Scharia-Recht jegliche Unsicherheit verbietet. Streng genommen dürfen auch nicht mehrere Vertragstypen zu einem verbundenen Vertrag gemischt werden. Davon wird in der Praxis aber häufig eine Ausnahme gemacht. 

Nach Scharia-Recht gehen Eigentum und Preisgefahr mit Abschluss des Kaufvertrags gemeinsam über. In den Incoterms fallen diese Ereignisse zwar auseinander, diese sind in Saudi-Arabien aber trotzdem zulässig. Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden in Verträgen aber nur als zulässig und verbindlich betrachtet, wenn diese selbst „Scharia-konform“ sind und isoliert per Unterschrift akzeptiert wurden. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts oder einer Sicherungsabtretung als eigenständiger Vertragsbestandteil oder als Teil der AGB ist nach der Scharia ebenfalls ausgeschlossen.
 

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