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China: Vertragsrecht
Chinesischem Recht unterliegende Kaufverträge sind im 3. Buch des Zivilgesetzbuches (ZGB) geregelt, insbesondere in den Art. 595 ff. ZGB. (Stand: 01.12.2025)
Von Julia Merle | Bonn
Gewährleistungsrecht
Mit Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches (ZGB; Civil Code of the People’s Republic of China) am 1. Januar 2021 wurde das Vertragsgesetz von 1999 aufgehoben (Art. 1260 ZGB). Regelungen zum Vertragsrecht finden sich in Teil 3, Art. 463 bis 988 ZGB.
Die Vertragsparteien können grundsätzlich die Form (dazu Art. 469 ZGB), Sprache (vgl. Art. 466, 596 ZGB) und Streitbeilegungsmodalitäten frei bestimmen und bei Auslandsbezug eine Rechtswahl treffen.
Das ZGB beinhaltet Ausführungen zu Sach- und Rechtsmangel. Der Verkäufer haftet nach Art. 617 ZGB, wenn er die Ware nicht entsprechend den vereinbarten oder üblichen Qualitätsstandards liefert nach Wahl des Käufers auf Nachbesserung, Neuanfertigung, Neulieferung, Rücktritt oder Minderung. Dazu kommt Schadensersatz, wenn nach den Abhilfemaßnahmen weiterer Schaden besteht.
Ferner muss der Verkäufer dem Käufer das Eigentum gemäß Art. 612 ZGB frei von Rechten Dritter an der Ware verschaffen und ihm nach Art. 599 ZGB die notwendigen Dokumente übergeben. Kann der Käufer nachweisen, dass Dritte Rechte an der Ware geltend machen können, also ein Rechtsmangel vorliegt, kann er den Kaufpreis entsprechend zurückhalten, wenn der Verkäufer keine geeigneten Sicherheiten stellt (vgl. Art. 614 ZGB).
Bestimmungen zur Untersuchungs- und Mängelrügepflicht finden sich in Art. 620 bis 624 ZGB. Nach Art. 620 ZGB muss der Käufer den Gegenstand nach Erhalt innerhalb der vereinbarten Untersuchungsfrist untersuchen; ist keine solche Frist vereinbart worden, muss die Ware unverzüglich untersucht werden. Artikel 621 ZGB bestimmt, dass, wenn die Parteien eine Untersuchungsfrist vereinbart haben, der Käufer es dem Verkäufer innerhalb dieser Frist mitteilen muss, wenn der Gegenstand nicht der vereinbarten Menge oder Qualität entspricht. Ist keine solche Frist vereinbart, ist eine angemessene Frist für die Mitteilung einzuhalten, nachdem der Käufer entdeckt hat oder hätte entdecken müssen, dass der Gegenstand nicht der vereinbarten Menge oder Qualität entspricht. Hat der Käufer den Verkäufer nicht innerhalb einer angemessenen Frist oder innerhalb von zwei Jahren nach Erhalt des Gegenstands informiert, gilt die Ware als genehmigt (Ausnahme bei Gewährleistungsfrist). Wusste der Verkäufer oder musste er wissen, dass die Ware nicht vereinbarungsgemäß ist, ist der Käufer nicht an die Benachrichtigungszeiträume gebunden.
Klassische Dienstleistungsverträge finden keine gesetzliche Regelung. Allgemeine Bestimmungen zur Haftung bei Vertragsverletzungen enthalten die Art. 577 ff. ZGB. So kann der Empfänger der Dienstleistung im Falle der Nicht- oder Schlechterfüllung Erfüllung und/oder Abhilfe, Rücktritt, Minderung und gegebenenfalls Schadensersatz verlangen. Dabei muss die Haftung auf Schadenersatz für Vertragsverstöße dem aufgrund des Verstoßes erlittenen Schaden der anderen Seite entsprechen (siehe Art. 584 ZGB).
Eine spezielle Mängelgewährleistungsfrist besteht nicht, allerdings muss die Mängelrüge innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen, vgl. Art. 580 ZGB.
Verjährung
Vorschriften zur Verjährung finden sich im Allgemeinen Teil des ZGB in den Art. 188 bis 199 ZGB. Die Verjährungsfrist (Klageverjährung) beträgt gemäß Art. 188 ZGB regelmäßig drei Jahre; andere Gesetze können allerdings spezielle Verjährungsfristen bestimmen. Artikel 594 ZGB sieht eine 4-jährige Verjährungsfrist bei Streitigkeiten aus internationalen Warenkaufverträgen vor. Die Einrede der Verjährung muss erhoben werden, vgl. Art. 193 ZGB.
UN-Kaufrecht
Sowohl China als auch Deutschland sind Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts. Sie sind dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom 11. April 1980 (CISG / Convention on Contracts for the International Sale of Goods) beigetreten. Somit unterliegen Kaufverträge zwischen in China und Deutschland ansässigen Parteien automatisch dem UN-Kaufrecht, es sei denn, die Parteien hätten die Anwendung des UN-Kaufrechts ausdrücklich abbedungen.
Hinweis: Vertiefende Informationen zum UN-Kaufrecht enthält die GTAI-Publikation UN-Kaufrecht in Deutschland, 25 Jahre Relevanz für den Warenexport, 2017.
Internationales Privatrecht
Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten gilt das "Gesetz zur Anwendung des Rechts auf zivilrechtliche Beziehungen mit Außenberührung" (IPR-Gesetz) aus dem Jahr 2010. Es deckt insbesondere die Bereiche Sachenrecht, Schuldrecht (inklusive Deliktsrecht) sowie geistiges Eigentum ab. Allerdings regelt das IPR-Gesetz keine internationalverfahrensrechtlichen Fragen wie die der internationalen Zuständigkeit oder die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen. Das Gesetz wird durch Auslegungsrichtlinien des Supreme People's Court (Oberstes Volksgericht, SPC) zu Inhalt und Grenzen einer Rechtswahl ergänzt. So ist eine Rechtswahl ausgeschlossen, wenn zwingend chinesisches Recht Anwendung findet. Dies ist zum Beispiel ausdrücklich der Fall im Rahmen von Joint Venture-Verträgen (Art. 467 Zivilgesetzbuch).
Chinesisches Recht findet ferner zwingend Anwendung, wenn die Anwendung eines ausländischen Rechts gegen die gesellschaftlichen und öffentlichen Interessen Chinas verstößt (ordre public-Vorbehalt, Art. 5 IPR-Gesetz). Gemäß dem SPC richten sich daher unter anderem Fragen des Schutzes von Arbeitnehmerrechten und -interessen, der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit und Sachverhalte mit Bezug zum Wettbewerbs- und Kartellrecht ausschließlich nach chinesischem Recht. Im Schuldrecht besteht hingegen die Möglichkeit der freien Rechtswahl (Art. 41 IPR-Gesetz).