Wirtschaftsausblick | Schweden
Schweden erwartet Aufschwung durch mehr Konsum
Der Haushaltsentwurf der Regierung für 2026 setzt auf Anreize, die die Binnennachfrage steigern. So soll 2026 das bisher zähe Wirtschaftswachstum mehr als verdreifacht werden.
20.11.2025
Von Leonie Schneiderhöhn | Stockholm
Wirtschaftsentwicklung: Hohe Erwartungen an die Binnennachfrage
Das schwedische Finanzministerium rechnet für 2026 mit einem kräftigen Wachstumsschub des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Nach mageren Zuwächsen von 1,0 Prozent im Jahr 2024 und 0,9 Prozent 2025 soll das BIP im kommenden Jahr um satte 3,1 Prozent steigen.
Um die schwedische Wirtschaftsleistung so signifikant in Schwung zu bringen, plant die Regierung in ihrem neuen Haushaltsentwurf eine Reihe von Entlastungen, um die Binnennachfrage zu stärken. Zum einen soll die Mehrwertsteuer auf Nahrungsmittel von April 2026 bis Dezember 2027 gesenkt werden: von 12 auf 6 Prozent. Im selben Zeitraum sind auch zeitlich begrenzte Steuervergünstigungen, schwerpunktmäßig für kleine Betriebe und junge Arbeitnehmer, anvisiert. Außerdem wird die Stromsteuer von rund 4,0 Cent auf 3,7 Cent pro Kilowattstunde gesenkt. Für die Steuerentlastungen ist ein Budget in Höhe von rund 635 Millionen Euro vorgesehen.
Durch diese Maßnahmen erwartet die Regierung niedrigere Lebenshaltungskosten und steigende Reallöhne. Die Binnennachfrage soll so 2026 um 3,5 Prozent wachsen und damit zum Haupttreiber für das BIP-Wachstum werden. Durch die niedrigeren Steuern auf Strom und Nahrungsmittel soll die Inflationsrate 2026 auf 1,3 Prozent sinken. Für 2025 liegt sie laut Finanzministerium noch bei 2,7 Prozent.
Zusätzlich wird die Zinslast der Schweden reduziert. Im Oktober 2025 senkte die schwedische Zentralbank den Leitzins von 2,0 auf 1,75 Prozent. Damit werden Kredite für Unternehmen günstiger, der Konsum der Haushalte wird angeregt und der Staat entlastet.
Auch durch das von der EU im August 2025 geschlossene Zollabkommen mit den USA erhofft sich die schwedische Regierung einen leichten Aufschwung der Wirtschaft für 2026. Schwedische Unternehmen sollten mehr Planungssicherheit haben und Investitionsentscheidungen leichter treffen können.
Im Vergleich zur optimistischen Aussicht des schwedischen Finanzministeriums prognostiziert die Bank Nordea, eine der größten Banken in Nordeuropa, für 2026 etwas verhaltener ein BIP-Wachstum von 2,5 Prozent. Grund für die niedrigere Wachstumserwartung ist die Annahme, Konsumenten seien durch die US-Zollpolitik weiterhin Unsicherheiten ausgesetzt und entsprechend zurückhaltender mit ihren Ausgaben.
Schwedens Exporte werden den Prognosen zufolge bis einschließlich 2026 keinen nennenswerten Anteil zum Wirtschaftswachstum beitragen, da der Außenhandel aufgrund der globalen Handelsunsicherheiten eingetrübt bleibt. Denn auch wichtige Abnehmerländer wie Deutschland sind von der zähen wirtschaftlichen Entwicklung in Folge der Unsicherheiten im internationalen Handel betroffen.
Top-Thema: Milliardeninvestitionen in Sicherheit und Verteidigung
Mit dem neuen Haushalt will die schwedische Regierung insbesondere Investitionen in Sicherheit und Verteidigung aufstocken. Bis 2028 sind Investitionen von rund 1,09 Milliarden Euro in die landeseigene Sicherheits- und Verteidigungsindustrie geplant - die umfassendsten Modernisierungsmaßnahmen des Sektors in Schweden seit dem Kalten Krieg. Grund dafür ist neben dem Ukrainekrieg und dessen potenziellen Auswirkungen auf Schweden auch die sinkende allgemeine Sicherheit im Land.
Finanzielle Mittel sollen insbesondere in folgende Bereiche fließen: eine bessere Vorratshaltung von Gesundheitsprodukten, die Renovierung von Schutzräumen in Schweden, den Aufbau neuer Lebensmittelreserven und die Verbesserung von Vorsorgemaßnahmen in den Gemeinden und Regionen. Mit dem erhöhten Budget sollen die Kommunen bessere Möglichkeiten bekommen, Ausrüstung für den Katastrophenschutz jeglicher Art zu erwerben.
Die Investitionen in die zivile Sicherheit sind Teil der massiven Mittelaufstockungen der Regierung für die schwedische Verteidigungsindustrie seit dem Beitritt des Landes in die NATO im März 2024. Gegenüber 2025 sollen die Ausgaben 2026 nochmals um 18 Prozent erhöht werden. Damit werden sich die Verteidigungsausgaben 2026 auf voraussichtlich 2,8 Prozent des BIP belaufen - und liegen somit über dem NATO-Ziel von 2 Prozent. Ab 2028 wird erwartet, dass die Ausgaben 3,1 Prozent des BIP ausmachen.
Deutsche Perspektive: Sicherheit, Games und Wasserwirtschaft eröffnen Geschäftschancen
Mit dem neuen Schwerpunkt der schwedischen Regierung auf Sicherheit und Verteidigung bieten sich deutschen Unternehmen in diesen Industriesparten zahlreiche Einstiegschancen. Auch die Gamesbranche und Unternehmen, die in der Wasserwirtschaft tätig sind, können mit erhöhtem Geschäftspotenzial rechnen: Im Jahr 2026 wird es durch das Bundeswirtschaftsministerium geförderte Markterschließungsreisen nach Schweden geben.
Deutschland bleibt auch 2025 Schwedens wichtigster Handelspartner - trotz eines leichten Dämpfers im vergangenen Jahr. Denn laut dem Schwedischen Zentralamt für Statistik (SCB) ging der bilaterale Warenhandel 2024 leicht zurück: Schwedens Exporte in die Bundesrepublik sanken um 4 Prozent, die Importe aus Deutschland um 5 Prozent. Dennoch blieb das Handelsvolumen mit umgerechnet rund etwa 48,3 Milliarden Euro auf hohem Niveau. Die Monate Januar bis Juli 2025 sind im Vorjahresvergleich bisher überwiegend von Handelsrückgängen geprägt. Im Juli 2025 exportierte Schweden rund 14 Prozent weniger aus Deutschland als im Vorjahrjahresmonat, betroffen waren dabei besonders Warengruppen wie Erdgas, Rohmineralien und Rohdünger sowie Nichteisenmetalle.
Fahrzeuge, Industrieanlagen und technische Komponenten machen einen Großteil des bilateralen Warenhandels aus. So legten Pkw-Exporte aus Schweden nach Deutschland und der Handel mit Arzneimitteln zu, während klassische Rohstoffe wie Eisen und Stahl an Bedeutung verloren. Auf deutscher Seite dominieren ebenfalls Maschinen, Autozubehör und Telekommunikationstechnik den Export nach Schweden.