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Branche kompakt | Schweden | Ernährungswirtschaft

Branchenstruktur

Schwedens Marktstruktur ist gekennzeichnet von teils oligopolistischen Strukturen. Aber peu à peu gewinnen auch Discounter an Einfluss, mit nennenswerter deutscher Beteiligung.

Von Judith Illerhaus | Stockholm

Die Nahrungsmittelindustrie spielt eine bedeutende Rolle: Im Jahr 2022 war sie laut Food and Drink Europe der viertgrößte Arbeitgeber in Schweden mit etwa 4.335 Unternehmen und 56.900 Beschäftigten. Im Jahr 2024 erreichte der schwedische Lebensmittelmarkt laut Statista einen Umsatz von knapp 35 Milliarden Euro. Bis 2030 wird dem Markt ein Umsatzplus von fast 34 Prozent vorausgesagt. Die wichtigsten Produktkategorien sind Fleischerzeugnisse, gefolgt von Milchprodukten und Eiern sowie Süßwaren und Snacks.

Umsatz ausgewählter Nahrungsmittel und Getränke in SchwedenIn Milliarden Euro; Veränderung und Marktanteil in Prozent

Sparte

2024

Veränderung 2024/2023

Marktanteil 2024

Fleisch und Fleischerzeugnisse

7,19

5,1

21

Milchprodukte und Eier

6,43

7,5

19

Süßwaren und Snacks

4,7

3,6

14

Brot und Getreideprodukte

3,45

4,6

10

Gemüse

3,39

4

10

Obst und Nüsse

2,72

2,8

8

Quelle: Statista 2025

Wenige Player dominieren den Einzelhandel

Der schwedische Lebensmittelmarkt ist durch eine hohe Marktkonzentration gekennzeichnet, wobei der größte Konzern, die ICA-Gruppe, einen Marktanteil von etwas mehr als 50 Prozent hält. Darauf folgt der Axfood Konzern mit ungefähr 19 Prozent und rund 18 Prozent beansprucht die Coop-Gruppe für sich. Damit halten drei große Einzelhandelsgruppen etwa 90 Prozent des Marktanteils. Die übrigen 10 Prozent teilen sich zu etwa gleichen Teilen die familiengeführte Einzelhandelsgruppe Bergendahls sowie der deutsche Lidl-Konzern. 

Diese oligopolistische Marktstruktur ist maßgeblich auf strukturelle Standortfaktoren zurückzuführen. Die expansive geografische Ausdehnung Schwedens, die geringe Bevölkerungsdichte außerhalb urbaner Zentren sowie die periphere Lage innerhalb Europas stellen signifikante Eintrittsbarrieren für neue Marktteilnehmer dar. Insbesondere die Notwendigkeit hoher Anfangsinvestitionen in Logistik und Filialnetzwerke erschwert die Realisierung von Skaleneffekten und limitiert somit die Wettbewerbsintensität.

Infolge dieser strukturellen Gegebenheiten weist der schwedische Lebensmitteleinzelhandel im europäischen Vergleich überdurchschnittlich hohe Margen auf. Auffällig ist zudem der noch vergleichsweise geringe Marktanteil von Discountern, der mit knapp 20 Prozent deutlich unter dem Niveau anderer europäischer Märkte liegt. Dort erreichen Discounter häufig Marktanteile von bis zu 50 Prozent.

Wichtige Branchenunternehmen in SchwedenUmsatz in Milliarden Euro

Unternehmen

Sparte

Umsatz 2024

ICA Gruppen ABLebensmittelhandel

14,5

Axfood ABLebensmittelhandel

7,7

Coop Sverige (KF Group)Lebensmittelhandel

3,4

Lidl Sverige ABLebensmittelhandel

1,7

Quelle: Recherche von Germany Trade & Invest

Discounter gewinnen an Relevanz

Doch auch wenn die schwedische Bevölkerung mit einem etwa 24 Prozent höheren Umsatz pro Kopf als in Deutschland ein profitabler Markt zu sein scheint, ist man auch hier preissensibel. Laut dem Statistikportal Statista gilt der Preis für 58 Prozent der Bevölkerung als zweitwichtigstes Kaufkriterium, gleich nach dem guten Geschmack. Als am wenigsten kaufentscheidend gilt das Fair Trade-Label für lediglich 12 Prozent der Befragten. 

Die kontinuierliche Expansion der Discounter Lidl und Willys lässt sich durch deren signifikant steigenden Marktanteil belegen: Seit dem Jahr 2020 konnten beide Anbieter ihren Anteil am Gesamtmarkt um rund sechs Prozentpunkte ausbauen. Diese Entwicklung korrespondiert mit einem wachsenden Konsumentenvertrauen, das sich auch in aktuellen Reputationskennzahlen widerspiegelt. Laut einer Erhebung des Marktforschungsinstituts Reputation & Trust Analytics zeichnet sich eine strukturelle Verschiebung im Wettbewerbsgefüge des schwedischen Lebensmitteleinzelhandels ab. Während ICA – über Jahre hinweg als Branchenprimus in puncto Ansehen etabliert – auf Rang vier zurückfällt, gewinnen insbesondere Willys und Lidl an Relevanz. Willys führt das Reputationsranking mit einem Wert von 3,70 an, dicht gefolgt von Hemköp (3,63) und Lidl (3,62).

Die starke Positionierung von Willys wird laut Studienautoren maßgeblich durch positive Wahrnehmungen in den Bereichen Preis-Leistungs-Verhältnis, unternehmerische Führung und externe Kommunikation getragen. Diese Reputationsgewinne schlagen sich auch in der operativen Performance nieder: Im 4. Quartal 2024 erzielte Willys ein Umsatzwachstum von 4,8 Prozent und erreichte damit die stärkste Marktstellung in seiner Unternehmensgeschichte. Lidl hingegen weist laut Studie insbesondere im Bereich der unternehmerischen Verantwortung gegenüber Umwelt und Gesellschaft Defizite auf. In dieser Dimension verzeichnet der deutsche Discounter im Vergleich zum Wettbewerb den niedrigsten Reputationswert, was auf ein strategisches Optimierungspotenzial in der Nachhaltigkeitskommunikation hinweist.

Deutschland ist ein wichtiger Partner der Branche

Deutschland spielt eine zentrale Rolle als Handelspartner Schwedens – auch im Lebensmittelsektor, wenngleich dieser im Vergleich zu Industrieprodukten mengenmäßig weniger dominant ist. Zwar belegen die benachbarten nordischen Länder Norwegen, Dänemark und Finnland die ersten Plätze als Exportziele für schwedische Lebensmittel und Getränke. Aber Deutschland belegt mit einem Anteil von 7 Prozent immerhin noch den 4. Platz. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Exporte nach Deutschland um 6 Prozent zurückgegangen. Bei Betrachtung der Importe liegt Deutschland sogar auf Platz 3, mit einem Anteil von 13 Prozent an den Gesamtimporten, nach den Niederlanden und Dänemark. 

Im Jahr 2024 verzeichnete Schweden ein anhaltendes Nettohandelsdefizit im Agrar- und Lebensmittelsektor, das sich auf umgerechnet etwa 8 Milliarden Euro belief. Dies entspricht einem Anstieg von etwa 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die negative Handelsbilanz unterstreicht die strukturelle Importabhängigkeit Schwedens in diesem Segment und die Notwendigkeit langfristiger Strategien zur Stärkung der inländischen Produktion sowie zur Diversifizierung der Importquellen. Als Nettoimporteur ist Schweden insbesondere auf den Bezug von Produkten angewiesen, die klimatisch oder produktionstechnisch nicht im Inland erzeugt werden können. Ein bedeutender Einflussfaktor auf die Handelsbilanz ist der Wechselkurs. Im Jahresdurchschnitt 2024 wertete die schwedische Krone gegenüber dem Euro um 0,4 Prozent auf. Diese marginale Aufwertung hatte jedoch nur begrenzte Auswirkungen auf die Importkosten und konnte den Anstieg des Handelsdefizits nicht kompensieren.

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