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Branche kompakt | Slowakei | Automobilsektor

US-Zölle belasten slowakische Autoindustrie

Noch zeigen sich die slowakischen Autohersteller resilient gegen die globalen Verwerfungen. Zwar steigen die Umsätze und Investitionen, doch die Herausforderungen ebenso.

Von Gerit Schulze | Bratislava

Ausblick der Kfz-Branche in der Slowakei

  • US-Zölle gefährden das Geschäftsmodell der Branche
  • Bei neuen Modellen sind slowakische Fabriken nicht mehr erste Wahl
  • Erste Zulieferer schließen Werke oder verkleinern Belegschaft
  • Elektromobilität setzt sich bei Produktion und Absatz durch
  • Fachkräftemangel in der Branche hält an

Anmerkung: Einschätzung des Autors für die kommenden zwölf Monate auf Grundlage von prognostiziertem Umsatz- und Produktionswachstum, angekündigten Investitionen, Auftragseingängen, Konjunkturindizes etc.; Einschätzungen sind subjektiv und ohne Gewähr; Stand: August 2025

  • Wirtschaftsausblick: Exporte und hausgemachte Risiken bremsen slowakische Konjunktur (Stand: August 2025)

    Die Zuwachsraten in der Slowakei fallen niedriger aus als in der Vergangenheit. Der schwache Export und die hohe Steuerlast belasten das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern.

    Top-Thema: US-Zölle würden die Kernbranche hart treffen

    Der drohende Handelskrieg mit den USA wird in der Slowakei besonders aufmerksam verfolgt. Nach Einschätzung der Nationalbank NBS wäre das Land unter den Volkswirtschaften in Mittelosteuropa am stärksten von Trumps Strafzöllen betroffen. Die US-Nachfrage sichert fast 3 Prozent der Beschäftigung in der Slowakei und 2,4 Prozent der Bruttowertschöpfung. 

    Besonders bei Volkswagen in Bratislava und bei Jaguar Land Rover in Nitra laufen viele Luxusautos für den amerikanischen Markt vom Band. Laut Industrieverband APZD (Asociácia priemyselných zväzov a dopravy) exportiert die Slowakei jährlich rund 100.000 Pkw in die USA. Bei höheren Zöllen könnte diese Zahl um 20.000 sinken. 

    Zudem verzeichnet die Slowakei starke US-Exporte von Reifen, Werkzeugmaschinen, Wälzlagern und Pumpen. Vom Handelskrieg indirekt betroffen wären Kfz-Zulieferer, Metallverarbeiter und Kunststoffhersteller. Wenn durch die Zusatzzölle 20.000 gut bezahlte Jobs in der Gesamtwirtschaft wegfallen, dann leiden darunter auch der Einzelhandel, Dienstleistungen und die Bauwirtschaft. Nationalbank-Gouverneur Peter Kažimír warnt vor den Folgen für die Stimmung der Verbraucher. Im schlimmsten Falle könnte das Wirtschaftswachstum 2026 um 1,6 Prozentpunkte niedriger ausfallen.

    Wirtschaftsentwicklung: Schwache Exporte drücken die Stimmung der Industrie

    Die Wirtschaft in der Slowakei wächst nur noch halb so stark wie im Durchschnitt der 20 Jahre seit dem EU-Beitritt (3,3 Prozent). Für 2025 erwartet die EU-Kommission laut ihrer Maiprognose einen Zuwachs von 1,5 Prozent und für 2026 von 1,4 Prozent. 

    Besonders die schwächelnden Exporte tragen zu einer langsameren Konjunkturdynamik bei. Die einheimische Wirtschaft steht zudem durch das Konsolidierungspaket der Regierung unter Bedrängnis, das dieses Jahr in Kraft getreten ist. Den Firmen machen die höhere Körperschaftsteuer und die Finanztransaktionssteuer zu schaffen.

    Der vom Statistikamt ermittelte Vertrauensindex der Industrie lag im Mai 2025 weit unter dem langjährigen Durchschnitt. Das Produktionsvolumen sank in den ersten Monaten des Jahres.

    Getrübte Stimmung in mehreren Branchen

    Starke Rückgänge meldeten die Hersteller von Metallerzeugnissen, chemischen Produkten und Maschinen. Allerdings sind die Aussichten nicht durchweg schlecht: Die Autoindustrie, Pharmahersteller und die Elektronikbranche erreichen weiterhin zweistellige Produktions- und Auftragszuwächse.  

    Bei einzelnen Unternehmen zeigt sich die Krise der Industrie aber deutlich. Das größte Stahlwerk in Košice schrieb 2024 Verluste von knapp 100 Millionen Euro. Die US-Einfuhrzölle auf Stahl setzen den Standort nun weiter unter Druck. 

    Auch die Schuhindustrie verliert an Boden. Der dänische Hersteller Ecco schließt sein Werk in Martin, der deutsche Sportschuhspezialist Lowa zieht sich aus Handlová zurück. Gabor kündigte größere Entlassungen in Bánovce nad Bebravou an, und Honeywell stellt die Produktion von Spezialschuhen und technischen Handschuhen ein.

    Slowakische Bevölkerung schrumpft

    Neben den unklaren Wachstumsaussichten der Industrie hat die Slowakei mit demografischen und finanziellen Problemen zu kämpfen. Die Einwohnerzahl schrumpfte 2024 zum vierten Mal in Folge, die Alterung der Bevölkerung schreitet voran. 

    Das Haushaltsdefizit war 2024 das viertgrößte in der EU und bleibt trotz des Konsolidierungspakets hoch. Dazu tragen vor allem die Zahlung einer 13. Monatsrente sowie höhere Ausgaben für das Gesundheitswesen und Militärgehälter bei. Für 2026 sieht die EU-Kommission laut ihrem jüngsten Länderreport das Defizit bei über 5 Prozent des BIP, was die finanziellen Spielräume des Staates einschränkt.

    Der slowakische Arbeitgeberverband machte der Regierung im Mai 2025 mehrere Vorschläge zur Schuldenreduzierung. Dazu gehören eine Verschlankung des öffentlichen Dienstes, die Streichung von zwei Feiertagen sowie die Aussetzung der Frühverrentung. Premierminister Robert Fico lehnte die Vorschläge jedoch ab.

    Konsum und Investitionen stützen Konjunktur

    Wichtigster Wachstumstreiber bleibt der Privatkonsum. Er leidet zwar unter der hohen Inflation von über 3 Prozent, die durch die Anhebung der Mehrwertsteuer verursacht wurde. Doch die Arbeitslosenquote sinkt weiter, und die Reallöhne wachsen 2025 voraussichtlich um 1,5 Prozent.

    Noch schneller steigen die Bruttoanlageinvestitionen. Das Finanzministerium rechnete in seiner Februarprognose mit einem realen Zuwachs um 8,9 Prozent für 2025; die EU-Kommission sagt ein Plus von 3,6 Prozent voraus. Gründe für den Anstieg sind höhere Abrufe aus den Wiederaufbauplan und anderen EU-Fonds sowie steigende Rüstungsausgaben.

    Deutsche Perspektive: Weniger Bedarf an Maschinen und Metallerzeugnissen

    Der deutsch-slowakische Warenaustausch schrumpfte 2024 leicht. Dennoch verbesserte sich die Slowakei auf Platz 18 der wichtigsten deutschen Handelspartner. Die über 38 Milliarden Euro Handelsvolumen bedeuteten laut Destatis das zweitbeste Ergebnis aller Zeiten. Im 1. Quartal 2025 ging es sogar wieder bergauf: Die deutschen Exporte in die Slowakei stiegen um fast 5 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode, die Importe um mehr als 6 Prozent.

    Zum Rückgang der deutschen Lieferungen haben 2024 vor allem einige Maschinengruppen wie Heiz- und Kühlgeräte oder Pumpen beigetragen, außerdem elektrische Maschinen, Eisen und Stahlerzeugnisse. Zuwächse gab es bei Kfz-Teilen, Fahrzeugen und Kraftmaschinen wie Kesselanlagen, Turbinen und Motoren.

    Die Aussichten für ihr eigenes Geschäft in der Slowakei bewerten deutsche Unternehmen zurzeit so schlecht wie lange nicht. Nur 22 Prozent erwarten für 2025 eine positive Entwicklung, 40 Prozent gehen von einem schlechteren Ergebnis aus als im Vorjahr. Das zeigte die Konjunkturumfrage der AHK Slowakei. Nur eine von sechs deutschen Firmen will ihre Investitionsausgaben erhöhen. Kritisiert wird vor allem die aktuelle Wirtschaftspolitik und die gestiegene Steuerlast.

    Weitere Informationen (zum Beispiel Rechtsinformationen oder Branchenberichte) finden Sie auf unserer Länderseite Slowakei.

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • Markttrends

    Über dem Automobilstandort Slowakei brauen sich dunkle Wolken zusammen. Neben den neuen US-Zöllen gefährden hohe Steuersätze und der Personalmangel die Wettbewerbsfähigkeit.

    Wie kaum ein anderer Standort der europäischen Automobilindustrie ist die Slowakei durch die neuen Zollsätze der USA gefährdet. Denn die Ausfuhren in die USA werden von Fahrzeugen dominiert. Besonders die Produktportfolios von Volkswagen (VW) in Bratislava und von Jaguar Land Rover in Nitra zielte bislang auf Kunden in Nordamerika. 

    Trumps Zölle als Damoklesschwert

    Daher sind die höheren Zollsätze, die Donald Trump für Waren aus der EU eingeführt hat, ein schwerer Schlag für die Volkswirtschaft zwischen Donau und Hoher Tatra. Ein Zehntel des Bruttoinlandsproduktes und die Hälfte der Industrieproduktion entfallen auf die Automobilindustrie. Vier große Hersteller produzieren bereits Autos im Land: Volkswagen, Stellantis, Kia und Jaguar Land Rover. Mit Volvo baut der fünfte Konzern eine Produktionsstätte bei Košice auf. Hinzu kommen wichtige Zulieferer.

    180 Kfz

    je 1.000 Einwohner produziert die Slowakei pro Jahr – das ist Weltrekord.

    Die Regierung hat deshalb ein Maßnahmenpaket geschnürt, um der Branche unter die Arme zu greifen. Sie will weitere Investitionshilfen bereitstellen, Unternehmen bei der Dekarbonisierung und Einführung der Kreislaufwirtschaft helfen, den Bildungssektor an die Bedürfnisse der Autoindustrie anpassen und bei der Versorgung mit Rohstoffen unterstützen. Testkorridore für autonomes Fahren sollen der Technologie schneller zum Durchbruch verhelfen.

    Der Höchststand der slowakischen Fahrzeugproduktion wurde 2019 mit 1,11 Millionen Autos im Jahr verzeichnet. Seitdem forderten die Coronapandemie, Engpässe bei der Versorgung mit Kfz-Teilen und Halbleitern sowie die Absatzflaute in wichtigen Märkten die Branche heraus. Wenn Volvo ab 2027 seine Produktion in Košice anfährt, könnten in der Slowakei knapp 1,3 Millionen Pkw pro Jahr vom Band laufen.

    Standort verliert Wettbewerbsfähigkeit

    Allerdings dürfte damit das Maximum erreicht sein. In jüngster Zeit kam das Land bei der Produktion neuer Modelle seltener zum Zuge. VW wird seinen neuen elektrischen Kleinwagen ID.1 nicht in Bratislava fertigen lassen, sondern im portugiesischen Palmela.

    Stellantis gab im Frühjahr 2025 bekannt, ein neues Elektroauto unter dem Codenamen B10 im spanischen Saragossa statt im slowakischen Trnava zu bauen. Gegen die Slowakei sprachen laut Wirtschaftszeitung Hospodárske noviny die hohen Arbeitskosten, die gestiegene Körperschaftsteuer sowie die neue Finanztransaktionssteuer. Bereits 2023 hatte Stellantis das Erfolgsmodell Peugeot 208 (Verbrennerauto) von Trnava nach Marokko verlegt.

    Ein Nachteil des Standortes ist laut Branchenexperten, dass es in der Nähe keine große Batteriefabrik gibt. Die in Šurany geplante Gigafactory des chinesischen Herstellers Gotion zusammen mit dem slowakischen Unternehmen InoBat steckt noch in der Planungsphase.

    Auch erste Zulieferer verlassen das Land. Calearo Antenne gibt seinen Standort im westslowakischen Šamorín auf. ZF kündigte an, seine Fabrik in Detva bis Mitte 2026 zu schließen. Dort werden Komponenten für Lenkung und Federung hergestellt. Dafür soll das Werk in Trnava für 130 Millionen Euro ausgebaut werden, wo ZF Teile für Hybrid- und Elektroantriebe entwickelt.

    VW orientiert sein Komponentenwerk im Ort Martin ebenfalls um auf Elektromobilität. Dort werden nun auch Differentiale für die Premium Platform Electric (PPE) von VW gefertigt.

    Neuwagengeschäft geht nach Sonderkonjunktur zurück

    Am Neuwagenmarkt gab es 2024 eine kleine Sonderkonjunktur. Nach Bekanntgabe der Mehrwertsteuererhöhung für das Folgejahr zogen viele Autokäufer ihre Anschaffungen im letzten Quartal des Jahres vor. Der Pkw-Absatz stieg deshalb um 6 Prozent.

    Diese Dynamik setzte sich im Jahresverlauf 2025 nicht fort. Im 1. Halbjahr schrumpfte die Zahl der Neuregistrierungen bei Pkw um 4 Prozent. Zweistellig waren die Rückgänge bei Nutzfahrzeugen und Bussen. Der Verband ZAP SR prognostiziert für 2025 ein Minus von 6 Prozent bei den Pkw-Neuzulassungen.

    Absatz von Kfz

    Der Rückgang beim Neuwagenverkauf betraf im 1. Halbjahr 2025 vor allem Toyota (-19 Prozent), Hyundai (-18 Prozent) und Dacia (-28 Prozent). Auch die deutschen Hersteller VW (-3 Prozent), Mercedes-Benz (-9 Prozent) und BMW (-2 Prozent) verkauften weniger Autos als im Vorjahrszeitraum. Dagegen konnten französische Marken wie Peugeot (+32 Prozent) und Citroën (+37 Prozent) stark zulegen.

    Der chinesische Anbieter BYD startete im Frühjahr 2025 seine Verkaufsoffensive in der Slowakei. Das Unternehmen will 20 Verkaufs- und Servicestellen eröffnen. Im Nachbarland Ungarn errichtet BYD zurzeit eine eigene Fabrik. Die Slowakei könnte für den Hersteller aus China zu einem Testlauf für den Absatz in der EU werden. Im 1. Halbjahr 2025 verkaufte BYD im Land allerdings nur zehn Neuwagen.

    Bei leichten Nutzfahrzeugen (Kategorie N1) waren Toyota, Ford und Renault im 1. Halbjahr 2025 die erfolgreichsten Marken. VW konnte seine Verkaufszahlen um 90 Prozent auf 400 Einheiten steigern. Fast 6 Prozent der neu zugelassenen leichten Nutzfahrzeuge waren im 1. Halbjahr 2025 vollelektrisch (225 Einheiten).

    Absatz von Pkw nach Hersteller

    Hybridautos immer beliebter

    Benzinmotoren bleiben die beliebteste Antriebsart, verlieren aber weiter Marktanteile. Im 1. Halbjahr 2025 waren 43 Prozent der Neuwagen mit Benzinmotoren ausgestattet – drei Prozentpunkte weniger als im Vorjahreszeitraum. Der Anteil von Hybridfahrzeugen stieg um sieben Prozentpunkte auf 37 Prozent, der von Elektroautos verdoppelte sich nahezu auf 4,4 Prozent. 

    Mehr als die Hälfte der Neuwagenverkäufe (52 Prozent) entfiel 2024 auf SUV-Fahrzeuge. Weitere 26 Prozent waren Mittelklassewagen.

    Durchschnittsalter des Fuhrparks steigt weiter

    Insgesamt waren in der Slowakei Ende Juni 2025 laut Polizeistatistik über 3,8 Millionen Fahrzeuge registriert, davon 2,7 Millionen Pkw. Der Motorisierungsgrad war mit 516 Autos pro 1.000 Einwohner nach Angaben des Europäischen Autoindustrieverbandes ACEA 2023 niedriger als im EU-Durchschnitt (563). Das Durchschnittsalter der slowakischen Pkw lag 2023 bei 15,1 Jahren und damit fast fünf Jahre höher als in Deutschland.

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • E-Mobility

    Nach einem langen Dornröschenschlaf kommt die Elektromobilität in der Slowakei allmählich in Gang. Dafür sorgen vor allem Gebrauchtfahrzeuge und eine bessere Ladeinfrastruktur.

    Die Slowakei gehört in Europa immer noch zu den Schlusslichtern bei der Zahl der Elektroautos. Während in der EU im 1. Halbjahr 2025 schon 15,6 Prozent aller Pkw-Neuzulassungen Autos mit Batterieantrieb ausgestattet waren, kam die Slowakei nur auf 4,4 Prozent. Dafür sind die Zuwachsraten inzwischen ordentlich.

    Gebrauchtwagen beleben den Markt

    Insgesamt wurden im 1. Halbjahr 2025 laut Verband ZAP SR in der Slowakei 2.008 reine Elektroautos verkauft und damit fast so viel wie im gesamten Vorjahr. Über ein Viertel entfielen auf die Škoda-Modelle Enyaq und Elroq. Zweitplatzierte Marke bei Elektroautos war Volkswagen. Dahinter folgen Kia, Hyundai und BMW. Tesla wird in der Statistik von ZAP SR nicht erfasst.

    Der Markt kommt vor allem durch Gebrauchtwagen und im Ausland gekaufte Neuwagen in Schwung. Nach Angaben des Slowakischen Verbands für Elektromobilität (SEVA) wurden im 1. Halbjahr 2025 über 4.500 neue Pkw mit Elektroantrieb zugelassen ein Plus von 86 Prozent im Vergleich zur Vorjahresperiode. Davon wurden rund 2.500 individuell importiert also nicht über offizielle Händler. Die am häufigsten zugelassenen Neuwagen waren Škoda Elroq, Tesla Model Y und Škoda Enyaq.

    Die hohe Zahl an privaten Importen ist laut SEVA-Analyst Martin Jelenek ein Beleg für die wachsende Popularität der Elektromobilität und veränderte Präferenzen der Autofahrer. "Sie suchen trotz fehlender Unterstützung durch den Staat nach Wegen, um an ein erschwingliches Elektroauto zu kommen", heißt es in einer Pressemitteilung des Verbands.

    Zuwachs auch bei elektrischen Nutzfahrzeugen

    Auch bei Nutzfahrzeugen setzt sich die Elektromobilität durch. Im 1. Halbjahr 2025 wurden 170 Elektrotransporter (Kategorie N1) neu zugelassen. Marktführer waren Toyota, Renault und Nissan. Auch bei schweren Lkw der Kategorien N2 (bis 12 Tonnen) und N3 (über 12 Tonnen) verkaufen sich Elektrovarianten inzwischen in kleineren Stückzahlen.

    Eine Nische bleiben Wasserstoffautos. Laut Datenbanken des Innenministeriums fuhren am 31. März 2025 nur fünf Pkw und vier Busse mit Brennstoffzelle in der Slowakei.

    Insgesamt waren nach SEVA-Berechnungen Ende Juni 2025 über 20.000 reine batteriebetriebene Autos aller Kategorien in der Slowakei zugelassen. Prognosen des Verbands gehen davon aus, dass die Slowakei nach 2028 die westeuropäischen Zulassungszahlen für Elektroautos erreichen wird. Laut einem Basisszenario steigt die Zahl der Elektroautos bis dahin auf etwa 50.000 und bis 2030 auf 117.000. Sie hätten dann einen Anteil von 4,5 Prozent am Fahrzeugpark des Landes. Unter besonders günstigen Voraussetzungen – fallende Preise, bessere Infrastruktur, attraktive Kaufanreize würde der Bestand bis 2030 sogar auf über 213.000 Elektroautos steigen.

    Neue Ladestationen mit hoher Leistung

    Der plötzliche Aufschwung der Elektromobilität in der Slowakei hängt auch mit dem Ausbau der Ladeinfrastruktur zusammen. Nach SEVA-Angaben ist die Zahl der öffentlichen Ladepunkte innerhalb eines Jahres um ein Drittel auf über 2.800 gestiegen (Stand: 30. Juni 2025). An über 1.100 Standorten können Elektroautos nun geladen werden. Nur jede fünfte Ladestation bietet allerdings Leistungen von 150 Kilowatt und mehr an. Dennoch ist der Verband überzeugt, dass die aktuelle Infrastruktur ausreicht, um problemlos das Vier- bis Fünffache der derzeitigen Anzahl von Elektroautos auf slowakischen Straßen zu versorgen.

    Als Hauptgrund für die im europäischen Vergleich immer noch langsame Marktdurchdringung der Elektromobilität sieht SEVA-Geschäftsführer Patrik Križanský einen "Mangel an Ehrgeiz und Konsequenz bei der Politik". Es gebe viel Misstrauen oder schlicht mangelndes Interesse an der Technologie. Das wirke sich negativ auf die regulatorischen Rahmenbedingungen aus und führt zum Beispiel zu langen Genehmigungsverfahren beim Bau von Ladesäulen.

    Trotzdem gibt es Bewegung: Bis Ende 2025 soll die Ausschreibung für Ultraschnellladestationen an Autobahnen abgeschlossen sein. Das Projekt umfasst den Bau von 35 Ladeparks mit insgesamt 251 Ladepunkten entlang der großen Transittrassen des Landes (Transportnetzwerk TEN-T). Davon sollen 32 Ladepunkte speziell für den Lkw-Verkehr ausgelegt werden.

    Die Parks sollen bis Mitte 2026 in Betrieb gehen. Das Geld stammt aus dem Wiederaufbauplan der EU. Jeder Ladepunkt muss eine Mindestleistung von 300 Kilowatt für Pkw und 400 Kilowatt für Lkw haben und Ad-hoc-Gebühren ohne Registrierung oder Vertrag ermöglichen. Die Konzessionen für Finanzierung, Bau, Betrieb und Instandhaltung der Stationen vergibt das Staatsunternehmen MH Invest für eine Dauer von 16 Jahren.

    Millionenzuschüsse für Schnelllader

    Die Ultraschnelllader an den Autobahnen sind Teil des Aktionsplans zur Entwicklung der Elektromobilität, den die slowakische Regierung im Juni 2023 verabschiedet hatte. Laut dem Dokument soll auch das normale Ladenetz erweitert werden. Unternehmen und Privathaushalte bekommen Zuschüsse für die kombinierte Installation von Photovoltaikanlagen und Wallboxen. Ziel sind 2.000 nicht-öffentliche Wallboxen sowie 3.100 öffentliche Ladepunkte.

    Der Aktionsplan verweist darauf, dass für alle Unternehmen und Privathaushalte Ladeinfrastruktur zugänglich sein muss ("right to plug"). Daher will die Regierung die Installation von Ladepunkten auch in Mehrfamilienhäusern erleichtern.

    Zur wachsenden Popularität der Elektromobilität könnten auch die einheimischen Hersteller beitragen. Kia bereitet seine Fertigungslinien in Žilina zurzeit auf neue Elektromodelle wie den EV2 vor. Volkswagen wird in Bratislava den elektrischen Porsche Cayenne exklusiv montieren. Das geplante Volvo-Werk in Košice baut ab dem Start 2027 ausschließlich Elektroautos. Und auch bei Stellantis in Trnava läuft die Umstellung der Produktpalette auf Elektroautos wie den Citroën ë-C3.

    Von Gerit Schulze | Bratislava

  • Branchenstruktur

    Vier Autofabriken und über 365 Zulieferer gehören zur slowakischen Fahrzeugindustrie. Viele Werke investieren in Elektromobilität und in die Senkung der Energiekosten.

    Die slowakische Fahrzeugindustrie kann ihr Produktionspotenzial derzeit nicht voll ausnutzen. Der Pkw-Ausstoß blieb 2024 unter der Millionengrenze. Für 2025 rechnet der Branchenverband ZAP SR aber mit einem Anstieg um 16 Prozent auf 1,15 Millionen Fahrzeuge.

    Im 1. Quartal 2025 registrierte das Statistikamt einen realen Umsatzzuwachs der Fahrzeugbranche um 14 Prozent zum allerdings schwachen Vorjahreszeitraum. Im Mai 2025 rutschten die Umsätze aber bereits unter das Vorjahresniveau. Auch bei den Neuaufträgen der Automobilindustrie gibt es kaum Bewegung. Sie entsprachen in den ersten fünf Monaten 2025 nahezu den Werten des Vorjahres.

    Kia und Volkswagen dominieren die FertigungSlowakische Autoproduktion nach Herstellern
    Hersteller / Standort

    2022

    2023

    2024

    Veränderung 2024/2023 in %

    Kia / Žilina

    311.000

    350.000

    351.000

    0,3

    Volkswagen / Bratislava

    268.700

    329.000

    341.000

    3,6

    Stellantis / Trnava

    312.500

    265.000

    181.000 *)

    -31,7

    Jaguar Land Rover / Nitra

    108.000

    135.000

    120.000 *)

    -11,1

    * Stellantis und Jaguar Land Rover haben für 2024 keine Zahlen veröffentlicht, es handelt sich hierbei um Schätzungen.Quelle: Slowakischer Automobilverband ZAP SR 2025; Unternehmensangaben 2025

    Volkswagen ist wichtiger Auftraggeber

    Beim Volkswagen-Werk in Bratislava machte sich die Absatzschwäche bei der Konzerntochter Audi bemerkbar. Das Personal wurde um einige Hundert Zeitarbeitende verringert. Die wichtigsten Absatzmärkte waren 2024, in Stückzahlen gemessen, Europa (61 Prozent), USA (16 Prozent) und China (12 Prozent). Die Bedeutung Chinas und der USA hat im Vergleich zu den Vorjahren nachgelassen.

    Bratislava ist nach Wolfsburg der zweitgrößte Produktionsstandort des VW-Konzerns in Europa. Zwei Drittel der Produktion entfallen auf große SUV wie VW Touareg, Porsche Cayenne, Audi Q7 und Q8. Die Produktion stieg 2024 um 4 Prozent auf 341.000 Fahrzeuge. Fast jedes zweite Fahrzeug hatte dabei einen elektrifizierten Antrieb (inklusive Mild-Hybrid). Außerdem produziert Volkswagen in seinem Werk in Martin Komponenten für Getriebe und Fahrwerke wie Differentiale, Synchronringe und Wellen.

    Volkswagen Slovakia investiert kontinuierlich in den Ausbau der Produktion, allein 2024 rund 275 Millionen Euro. Das Unternehmen kaufte 2024 Vorprodukte für 3 Milliarden Euro von slowakischen Lieferanten ein (29 Prozent der Aufträge von Volkswagen Slovakia). Etwa ein Drittel seiner Komponenten werden aus Deutschland bezogen, vor allem Motoren, Getriebe und Batterien. Weitere 17 Prozent des Einkaufsvolumens gehen an das Schwesterwerk Audi Hungaria in Győr.

    Mit einem internen Programm "goTOzero Impact Factory" will Volkswagen Slovakia die Umweltauswirkungen der Produktion verringern. Investitionen fließen in die Dekarbonisierung, Kreislaufwirtschaft und Vermeidung von Plastikmüll.

    Kia produziert künftig Elektroautos in Žilina

    Der südkoreanische Autohersteller Kia erzielte 2024 an seinem slowakischen Standort Žilina einen Produktions- und Gewinnrekord. Die 351.000 Pkw gingen an Kunden in 83 Ländern. Zwei Drittel der Produktion entfallen auf das SUV-Modell Sportage, der Rest auf den Kompaktwagen Ceed.

    Kia produziert in der Slowakei auch Motoren, der Ausstoß stieg 2024 auf mehr als 540.000 Antriebseinheiten. Das Unternehmen verdoppelte seine Investitionen 2024 auf über 80 Millionen Euro. Unter anderem wurden neue Roboter für die Lackiererei und für den Karosseriebau angeschafft. Damit bereitete sich Kia auf die Produktion von Elektroautos vor. Seit August 2025 läuft das elektrische Kompaktmodell EV4 in Žilina vom Band. Der Standort hofft außerdem auf das Einstiegsmodell EV2.

    Auch Kias wichtiger Zulieferer Mobis baut seinen slowakischen Standort Gbeľany bei Žilina aus. Dort werden künftig Bremssysteme und Airbags für Elektroautos produziert. In Nováky errichtet Mobis für über 170 Millionen Euro ein neues Komponentenwerk für Elektromotoren.

    Bei Stellantis in Trnava haben sich die Produktionszahlen in den letzten zwei Jahren nahezu halbiert. Das Werk hat unter anderem seinen Bestseller Peugeot 208 verloren. Mehrere Hundert Beschäftigte wurden entlassen. Hoffnungen ruhen nun auf den Modellen Citroën C3 und Opel Frontera, die auch als Elektrofahrzeuge vom Band rollen sollen.

    Jaguar Land Rover in Nitra installiert derzeit eine neue Lackieranlage, die laut einer Sprecherin unbegrenzte Farbvariationen und hochwertige Fahrzeugveredelung ermöglichen.

    Neuer Polestar soll in Košice vom Band laufen

    Weiter auf Hochtouren laufen die Bauarbeiten an der fünften slowakischen Autofabrik bei Košice. Inzwischen wurde bekannt, dass dort ab 2028 die Produktion des Kompakt-SUV Polestar 7 geplant ist. Zum Start der Fabrik 2027 dürfte aber ein Volvo-Modell der nächsten Generation als erstes vom Band laufen.

    Vorerst zerplatzt scheinen die Träume einer eigenen slowakischen Automarke. Das einheimische Unternehmen Patak Motors plante in der Region Banská Bystrica die Fertigung von zweisitzigen Roadster-Modellen. Inzwischen berichten Medien über Zahlungsschwierigkeiten und steigende Außenstände bei Patak Motors, ohne dass die Produktion in Gang gekommen wäre.

    Führende Produzenten der Kfz-Industrie in der SlowakeiUmsätze in Millionen Euro; Veränderung in Prozent
    Unternehmen, StandortTätigkeitsbereiche

    Umsatz 2023

    Umsatz 2024

    Veränderung 2024/2023

    Volkswagen Slovakia, BratislavaPkw-Produktion in Bratislava, Komponentenproduktion in Martin11.75712.5216,5
    Kia Slovakia, Teplička nad VáhomPkw-Produktion, Motoren8.0148.0780,8
    Stellantis Slovakia, Trnava 1)Pkw-Produktion, Batteriemodule3.2782.029-38,1
    Mobis Slovakia, GbeľanyArmaturenbretter, Achsen, Puffer, Bremssysteme1.9832.0000,9
    Continental Tires, Púchov 2)Reifen für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge, SUV, Lkw und Busse1.3751.75127,3
    Motherson SAS Automotive Systems and Technologies Slovakia, BratislavaInnenraumausstattung1.055k.A.

    k.A.

    Faurecia Automotive Slovakia (Forvia), BratislavaArmaturenbretter, Türkomponenten, Autositze, Auspuffe8949445,6
    ZF Slovakia, TrnavaKupplungen, Schwungräder, Wandler79788210,7
    Magna PT,  KechnecGetriebesysteme für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge63570210,5
    Schaeffler Kysuce, Kysucké Nové MestoSpezialwälzlager für die Kfz-Industrie7557651,3
    1 gehört seit Januar 2021 zu Stellantis; 2 bis 2023 Continental Matador Rubber und Continental Matador Truck TiresQuelle: Finstat 2025; Wirtschaftsmagazin Trend 2025; Register der Jahresabschlüsse 2025; Unternehmensangaben 2025

    Führende Zulieferer mit eigenen Werken im Land

    Mehr als 350 direkte Zulieferunternehmen sind laut Investitionsagentur SARIO in der Slowakei aktiv. Darunter sind führende Tier-1-Lieferanten wie Continental, ZF oder Magna. Sie finden im Land ein enges Netzwerk an Tier-2-Zulieferern vor, die zum Beispiel Kunststoffteile, Kabelbäume oder Sensoren produzieren.

    SARIO hat eine neue Datenbank "Find in Slovakia" gestartet, über die slowakische Zulieferunternehmen gefunden werden können.

     

    Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in der SlowakeiAuswahl
    Vorhaben

    Investitionssumme (in Mio. Euro)

    ProjektstandAnmerkungen
    Slovnaft / Abfallverbrennungsanlage für Abfall aus der Kfz-Industrie in Bratislava

    200

    Abfall aus Kfz-Betrieben und Hausmüll aus der Westslowakei sollen zur Wärmeproduktion für Haushalte genutzt werdenSlovnaft
    MH Invest / Ladeparks mit Schnellladestationen landesweit

    177,2

    35 Ladeparks mit 251 Ladesäulen für Pkw und Lkw; Auftrag im Juni 2025 ausgeschrieben; Förderung aus dem Aufbau- und ResilienzplanMH Invest  (staatlicher Betreiber von Industrieparks)
    ŠKST / Logistikzentrum für Automobilindustrie in Zlaté Moravce

    10

    Lager mit 27.000 qm für Kfz-Teile; Fertigstellung für Mitte 2027 geplantŠKST Bratislava
    Neuman Aluminium / Erweiterung der Produktion von Kfz-Teilen in Žarnovica 

    9,7

    Neue Technologie zur Wärmebearbeitung von Komponenten für die Kfz-Industrie und Energiebranche; Investitionsanreize von 1,1 Mio. Euro genehmigtNeuman Aluminium Fließpresswerk Slovakia
    MSK Plast - MSK Group / neue Halle zur Kunststoffproduktion für Kfz-Teile in Lipany

    6,5

    Kunststoffteile für Kfz-Industrie, Maschinenbau, Flugzeugbau; Baubeginn für 2026 und Fertigstellung für 2027 geplantMSK Group
    Inalfa Roof Systems / Technologiezentrum in Trnava 

    k.A.

    Entwicklung von Dachsystemen für die AutomobilindustrieInalfa Roof Systems
    Stellantis / Bau eines Solarkraftwerks in Trnava

    k.A.

    Solaranlage mit 35,7 MW Leistung; Energieversorgung für die Autofabrik Trnava, Überschüsse kommen ins NetzStellantis Slovakia
    Quelle: Pressemeldungen 2025; SARIO 2025; Unternehmensangaben 2025; Fachmedien 2025

    Handel vor allem mit Deutschland und den Nachbarländern

    Der slowakische Autosektor ist eng in die globalen Lieferketten eingebunden und hat 2024 allein in der Kategorie SITC 784 Kfz-Teile und Komponenten im Wert von 6,6 Milliarden Euro exportiert. Mehr als doppelt so groß war das Importvolumen mit 13,8 Milliarden Euro. Fast ein Drittel davon kam aus Deutschland. Wichtige Lieferländer für Kfz-Teile sind außerdem die Nachbarländer Tschechien, Ungarn und Polen.

    Beim Export ergibt sich ein ähnliches Bild mit Deutschland, Tschechien und Frankreich als den größten Abnehmern. Allerdings spielen auch Italien, Spanien und das Vereinigte Königreich eine wichtige Rolle.

    In den ersten vier Monaten 2025 schlug die schwächere Dynamik auf den globalen Automobilmärkten auch beim Teilehandel durch. Die slowakischen Exporte in der Kategorie SITC 784 stiegen nur noch um 1 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode.

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile in die Slowakeiin Millionen Euro; Veränderung in Prozent
     

    2024

    aus Deutschland 2024

    Veränderung Januar bis April 2025 / 
    Januar bis April 2024

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.3182046,8

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    13.8734.2888,7

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    1.8822678,3

    SITC 713.2 Motoren

    2.07943721,6

    Summe

    19.1515.1959,9
    Quelle: Eurostat 2025

    Von Gerit Schulze | Bratislava

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