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Wirtschaftsumfeld | Tschechien, Slowakei | Konjunktur

Schwache Konjunktur und hohe Steuern ärgern Investoren

Die Konjunkturerwartungen in Tschechien und der Slowakei weichen stark voneinander ab. Hauptgrund für den Pessimismus in Bratislava ist die aktuelle Wirtschafts- und Steuerpolitik.

Von Gerit Schulze | Prag

Deutsche Unternehmen in Tschechien und in der Slowakei blicken beunruhigt auf die Konjunkturentwicklung in diesen Märkten. Denn die Länder sind eng verflochten, und viele Firmen haben Produktionsstätten an beiden Standorten. Im Mai 2025 präsentierten die Auslandshandelskammern (AHK) in Prag und Bratislava die Ergebnisse ihrer Stimmungsumfragen.

Die Optimisten unter den Managern sind nun deutlich in der Minderheit. Doch während in Tschechien immerhin noch 17 Prozent der Firmen an eine positive Wirtschaftsentwicklung für 2025 glauben, sind es in der Slowakei nur noch 4 Prozent. Zwei von drei Unternehmen erwarten beim einstigen Tatra-Tiger einen negativen Konjunkturverlauf. "In den letzten 20 Jahren gab es nur zweimal ein schlechteres Ergebnis - 2009 und 2020", erklärt Markus Halt, Pressesprecher der AHK Slowakei.

Besonders trübe Stimmung in der Industrie

In Tschechien ist die Lage vor allem im verarbeitenden Gewerbe angespannt. Dort erwartet nur jedes siebte Unternehmen 2025 einen Aufwärtstrend für die eigene Branche. Positiver ist die Stimmung im Baugewerbe, wo zwei Drittel der befragten Firmen eine bessere Entwicklung prognostizieren. Auch im tschechischen Handel und im Dienstleistungssektor überwiegen die optimistischen Erwartungen.

Ein wichtiger Indikator für die Stimmung in der Wirtschaft sind die Investitionspläne. In Tschechien wollen 2025 immerhin 35 Prozent der Unternehmen ihre Ausgaben steigern, mehr als in den fünf Jahren zuvor. Allerdings erreichte auch die Zahl der Firmen, die ihre Investitionen zurückfahren, mit 30 Prozent einen Höchstwert. Milan Šlachta, AHK-Präsident in Prag und Repräsentant der Bosch Group für Tschechien und die Slowakei warnt: "Unsere Industrie steht vor der Herausforderung, sich zu transformieren und gleichzeitig wettbewerbsfähig zu bleiben - beides erfordert große Investitionen. Unsere Konjunkturumfrage offenbart hier ein Problem."

Noch größer könnte das Problem in der Slowakei werden. Dort wollen 41 Prozent der Unternehmen ihre Investitionen 2025 kürzen. Nur 17 Prozent planen höhere Ausgaben. "Die Konjunkturlage dämpft die Investitionsneigung", erklärt AHK-Sprecher Halt.

Wirtschaftspolitik wird als Risiko eingestuft

Die Zurückhaltung könnte aber auch mit den gestiegenen Standortrisiken zusammenhängen. Sechs von zehn Unternehmen sehen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen in der Slowakei als größtes Hindernis für die eigene Geschäftsentwicklung. Über 40 Prozent monieren die hohen Energiepreise. Laut Markus Halt werden die Standortbedingungen in der Slowakei von ausländischen Firmenvertretern heute deutlich negativer empfunden als in anderen Ländern Mittelosteuropas. Vor allem die höheren Steuern und Abgaben seit Jahresbeginn 2025 stören die Unternehmen.

Welches sind die drei größten Standortrisiken? *)
TschechienSlowakei
Verfügbarkeit von Fachkräften (3,7)Mangelnde Korruptionsbekämpfung (4,3)
Berufsbildungssystem (3,4)Berechenbarkeit der Wirtschaftspolitik (4,1)
Effizienz der öffentlichen Verwaltung (3,4)Steuerlast (4,0)
* In Klammern die durchschnittlich vergebene Schulnote.Quelle: Konjunkturumfragen 2025 der AHK Tschechien und der AHK Slowakei

Das größte Problem in beiden Märkten bleibt aber die geringe Verfügbarkeit von Fachkräften. Das verschärft den Lohndruck und lässt die Produktivität sinken. In der Slowakei werden Produktivität und Arbeitsbereitschaft der Arbeitnehmer geringer eingeschätzt als in den Vorjahren. Außerdem kritisierten die Umfrageteilnehmer die fehlende Flexibilität des Arbeitsrechts und die nachlassende Qualifikation der Beschäftigten. 

Fehlende Fachkräfte sind ein Dauerbrenner

Ähnlich ist die Situation in Tschechien. Dort rangierte die "Qualifikation der Mitarbeiter" bei der Konjunkturumfrage im Jahr 2021 noch auf Platz 6 der besten Standortfaktoren. In diesem Jahr ist sie auf Platz 19 abgerutscht und wird nur noch mit einer Schulnote 3,3 bewertet. Dabei hätten sich nicht die Qualifikation oder Ausbildung verschlechtert, meint der Prager AHK-Geschäftsführer Bernard Bauer, "sondern die Anforderungen der Unternehmen haben sich deutlich verändert in einer Zeit rasanter Entwicklung von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz". Das tschechische Berufsbildungssystem habe noch keine Antwort darauf. "Dabei entscheidet die Qualifikation der Mitarbeiter über die Innovationskraft unseres Standorts."

Die schwächere Konjunkturentwicklung verringert den Druck am Arbeitsmarkt nur leicht. Im März 2025 waren in Tschechien 320.000 Erwerbslose registriert, rund 30.000 mehr als im Vorjahresmonat. Die Slowakei verzeichnete im März 2025 mit 162.000 Erwerbslosen einen historischen Tiefstand seit der Auflösung der Tschechoslowakei. Die Arbeitslosenquote war mit 3,7 Prozent sogar niedriger als in Tschechien.

Ausländische Unternehmen in der Slowakei erwarten für 2025 ein Plus bei den Lohnkosten von durchschnittlich 6,5 Prozent. In den drei Vorjahren war dieser Wert jeweils höher. In Tschechien rechnen die meisten deutschen Firmen mit Lohnsteigerungen bis maximal 8 Prozent für das laufende Jahr. Nur 7 Prozent gehen davon aus, noch höhere Gehaltsaufschläge zu zahlen.

Welches sind die drei besten Standortfaktoren? *)
TschechienSlowakei
EU-Mitgliedschaft (2,1)EU-Mitgliedschaft (1,5)
Telekommunikationsinfrastruktur (2,2)Telekommunikationsinfrastruktur (2,4)
Qualität und Verfügbarkeit lokaler Zulieferer (2,4)Qualität und Verfügbarkeit lokaler Zulieferer (2,5)
* In Klammern die durchschnittlich vergebene Schulnote.Quelle: Konjunkturumfragen 2025 der AHK Tschechien und der AHK Slowakei

Als Reaktion auf die steigenden Löhne investieren die Unternehmen zunehmend in Digitalisierung, Automatisierung und Aus- und Weiterbildung, berichtet Markus Halt von der AHK Slowakei. Er betont, dass die befragten Unternehmen die Bedingungen für Forschung und Entwicklung positiver als in der Vergangenheit bewerten. "Immer mehr deutsche Unternehmen eröffnen Entwicklungszentren in der Slowakei."

An Automatisierung führt kein Weg vorbei

Auch im Nachbarland geht der Trend in Richtung Automatisierung, wie Niklas Pfüller vom deutschen Automobilzulieferer Brose bestätigt. Er leitet das tschechische Werk in Kopřivnice und betont: "Um in Tschechien wettbewerbsfähig zu bleiben, investieren wir weiter und haben bereits einen höheren Automatisierungsgrad als in Deutschland." Häufig fehlten aber die Fachkräfte, die die hochkomplexen Maschinen bedienen können, so der Manager bei der Präsentation der AHK-Konjunkturumfrage in Prag.

Die Sorgen der Industrie betreffen nicht die Gesamtwirtschaft in Tschechien und der Slowakei. Laut Frühjahrsprognose der EU-Kommission wächst das Bruttoinlandsprodukt 2025 in beiden Ländern stärker als im Durchschnitt der Europäischen Union (1,1 Prozent). Auch die Anlageinvestitionen sollen in beiden Ländern zulegen.

Trotz schlechter Stimmung wachsen Tschechien und die Slowakei weiterKonjunkturprognosen für 2025 (reale Veränderung in Prozent)
Indikator

Tschechien

Slowakei

BIP

1,9

1,5

Bruttoanlageinvestitionen

0,6

3,6

Privatverbrauch

3,3

0,9

Quelle: EU-Kommission (Spring 2025 Economic Forecast) 2025

Feedback von 225 Unternehmen

Die Konjunkturumfragen der deutschen Auslandshandelskammern (AHK) finden jedes Frühjahr in 16 Ländern Mittelosteuropas statt.

In Tschechien nahmen an der Konjunkturumfrage 2025 im März 127 Mitgliedsfirmen und andere deutsche Unternehmen teil. Sektorale Verteilung: 43 Prozent verarbeitendes Gewerbe, 35 Prozent Dienstleistungssektor, 16 Prozent Handel, 5 Prozent Bauwirtschaft, 1 Prozent Energie, Wasser und Entsorgung.

In der Slowakei führte die AHK ihre Konjunkturumfrage 2025 zusammen mit Handelskammern aus vier anderen europäischen Ländern durch. Es nahmen 98 Unternehmen teil. Sektorale Verteilung: 52 Prozent verarbeitendes Gewerbe, 38 Prozent Dienstleistungssektor, 9 Prozent Handel.

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