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Wirtschaftsausblick | Südsudan

Fehlende Öleinnahmen belasten Südsudans Konjunktur

Wegen einer defekten Pipeline fallen große Teile der Ölexporte aus. Auch politisch gibt es Zündstoff. Chancen bietet das noch junge Land dennoch.

Von Carsten Ehlers | Nairobi

Top-Thema: Kaputte Pipeline legt Ölexport lahm

Seit Ende Februar 2024 ist Südsudans Petrodar-Ölpipeline außer Betrieb. Sie verläuft über rund 1.500 Kilometer durch den Sudan, wo aktuell Krieg herrscht, bis an die Küste des roten Meeres nach Port Sudan und transportiert normalerweise etwa 100.000 Barrel pro Tag. Die Pipeline gehört den in Südsudan aktiven Konzessionären China National Petroleum Corporation (CNPC), Sinopec (beide China) und Petronas (Malaysia).

Der Ölexport sorgt für etwa 90 Prozent der Deviseneinnahmen des Südsudan und ist damit neben den Gebergeldern eine Lebensader für das Land. Durch die Pipeline fließt die harzige Ölsorte "Dar Blend", die erhitzt werden muss, damit sie flüssig bleibt. Die für das Beheizen notwendigen Dieselgeneratoren wurden nach Angaben von Experten scheinbar nicht mehr mit Treibstoff aufgefüllt. In der Folge kühlte das Öl ab, wurde zähflüssig, verstopfte das Rohr und beschädigte dieses teilweise wohl massiv.

Wie lange die Reparatur dauert, darüber gibt es unterschiedliche Angaben. Optimisten gehen von drei bis vier Monaten aus. Das schlechtere Szenario besagt, dass sich die Pipeline nicht so einfach reparieren lässt und sie teilweise neu gebaut werden muss, was zu weiteren Verzögerungen führen würde. Der wirtschaftliche Schaden für den politisch sehr fragilen Südsudan ist massiv. Konjunkturprognosen mussten deutlich herabgesetzt werden. Politische Beobachter machen sich auf negative Szenarien gefasst.

Wirtschaftsentwicklung: Schlechte Aussichten, aber Geschäfte laufen weiter

Die ursprünglich positiven Erwartungen für die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) wurden nach dem Pipeline-Schaden drastisch nach unten korrigiert. Für das Fiskaljahr 2023/24 wird nun ein Schrumpfen der Wirtschaft erwartet. Bei einer schnellen Reparatur der Pipeline würde sich die Situation im 2. Halbjahr 2024 wieder bessern. Auch das Leistungsbilanzdefizit dürfte sehr viel höher ausfallen als ursprünglich angenommen.

Verlässliche Wirtschaftsdaten zu Südsudan gibt es kaum. Das Statistikamt erstellt keinen Jahresbericht und das BIP und die nationalen Konten werden ebenfalls nicht berechnet. Auch über das Regierungsbudget gibt es keine Angaben. Eigentlich sollte über das von der südsudanesischen Regierung initiierte "Oil for Roads"-Programm Geld aus dem Ölexport für Infrastruktur bereitgestellt werden, aber hier besteht sehr viel Intransparenz. Große Teile der Gelder versickern.

Eine Erklärung: Um die fragile politische Stabilität einigermaßen aufrechterhalten zu können, müssen in Südsudan zahlreiche Interessensgruppen mit Geld "ruhiggestellt" werden. Hierfür sind die Öleinnahmen wichtig. Nachdem diese wegfielen, hat die Zentralbank mehrmals Geld gedruckt, um Zeit zu gewinnen. Inzwischen grassiert im Land die Inflation. Das südsudanesische Pfund hat in den letzten Monaten drastisch an Wert verloren und die Devisen sind knapp. In einem Land, in dem fast alle Güter eingeführt werden müssen, ist das eine dramatische Situation mit negativen Folgen auch für die Nahrungsmittelversorgung.

Wahlen bringen zusätzlichen Zündstoff

Zusätzlich brodelt es wegen der für Dezember 2024 anberaumten Wahlen. Der seit der Unabhängigkeit 2011 regierende Präsident Salva Kiir Mayardit möchte die Präsidentschaftswahl durchführen. Sein Gegenkandidat und Vizepräsident Riek Machar will dies verhindern, da er die Voraussetzungen für die Wahlen noch nicht erfüllt sieht. Die politische Lage gilt als explosiv und internationale Beobachter hoffen, dass die Lage nicht außer Kontrolle gerät.

Das Geschäftsumfeld ist etwas für Hartgesottene. Im Korruptionsindex CPI von Transparency International steht Südsudan 2023 punktgleich mit Syrien und Venezuela auf dem zweitletzten Platz, vor dem Schlusslicht Somalia. Geschäfte tätigen im Land vor allem Eritreer, Äthiopier und Somalis. Viele Kenianer und Ugander arbeiten in Südsudan im Servicebereich. 

"Land- und Forstwirtschaft sind interessant, auch Infrastrukturentwicklung und der Abbau von Mineralien. Für aufstrebende Unternehmer bietet das Land viel Spielraum."

Charlie Tryon CEO des Investmentfonds Maris, der seit 2009 im Südsudan aktiv ist und dort eine Plantage betreibt.

Interessant, aber klein ist der Bausektor: Die vor Ort angesiedelten internationalen Geber finanzieren immer wieder Infrastrukturprojekte in den Bereichen Energie, Straßenbau und Wasserversorgung. Hinzu kommen vor allem in der Hauptstadt Juba von privater Seite finanzierte Hochbauprojekte auch mit inzwischen höherer Qualität, unter anderem von Bürohäusern, Hotels und Wohnungen.

Liefergeschäfte sind teuer und aufwändig. Die Ware wird überwiegend über den kenianischen Hafen Mombasa nach Südsudan verschifft und dann per Lkw über etwa 1.750 Kilometer nach Juba geliefert. Der Transport eines Containers von Mombasa (Kenia) nach Juba kostet etwa 12.000 US-Dollar und dauert in der Regel einen Monat.

Deutsche Perspektive: Ein Markt für Pioniere

Südsudan ist aus deutscher Sicht ein kleiner Markt mit hohem Risiko. Vor Ort ist kein einziges deutsches Unternehmen angesiedelt, und trotz Chancen in einigen Sektoren schreckt viele Unternehmen alleine schon die Sicherheitslage ab. Für einige Unternehmen könnte es aber interessant sein, das Land vom regionalen Hub in Nairobi aus zu betreuen, und risikofreudige Unternehmer könnten sich den weitgehend unterversorgten Markt auch einmal näher ansehen. Deutsche Unternehmen exportierten im Jahr 2023 Waren im Wert von 8,8 Millionen Euro nach Südsudan. Das ist auch im afrikanischen Vergleich sehr wenig. Maschinen werden benötigt und auch Produkte wie zum Beispiel Solaranlagen oder solarbetriebene Pumpen haben einen Absatzmarkt in Juba, da der lokale Strompreis sehr hoch ist.

Nachdem man bis vor einigen Jahren in Juba in Zeltcamps übernachten musste, gibt es in der Hauptstadt inzwischen mehrere gute Hotels und recht gute Flugverbindungen aus Nairobi, Addis Abeba, Entebbe (Uganda) und Istanbul. Alternative: Zahlreiche in Juba aktive Unternehmer haben indes ihren Zweitwohnsitz in Nairobi, Addis Abeba oder Kampala. Es könnte daher sinnvoll sein, sich erst einmal dort zu treffen und dann zu schauen, ob man miteinander ins Geschäft kommen kann.

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