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Taiwan will Start-up-Ökosystem stärker internationalisieren
Taiwan ist offen für ausländische Start-ups. Diese haben jedoch die Insel nicht unbedingt auf dem Radar. Dabei bietet das Umfeld gute Voraussetzungen.
16.05.2025
Von Jürgen Maurer | Taipei
Taiwan hat zwischen 2010 und 2024 insgesamt knapp 9.600 Start-ups hervorgebracht. Zu den wichtigsten Bereichen zählen Elektronikhardware und Gesundheit. Seit den 2020er Jahren zieht auch die Softwarebranche immer mehr Jungunternehmer an, was auf den Boom von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz zurückzuführen ist.
Vom Wachstumspotenzial taiwanischer Start-ups wollen auch deutsche Firmen profitieren. Beispielsweise haben Infineon und der taiwanische Elektronikhersteller Lite-On 2024 eine Start-up-Kooperation vereinbart, um jungen Firmen in den Bereichen künstliche Intelligenz, Internet of Things, Energie und Nachhaltigkeit unter die Arme zu greifen. Der Software-Konzern SAP hat 2023 erstmals das SAP.iO Taiwan Accelerator Program durchgeführt, das SaaS (Software as a Service)-Lösungsanbieter sucht.
Im Jahr 2025 eröffnete zudem der international bekannte Accelerator Plug and Play aus dem US Silicon Valley in Taoyuan eines seiner Tech-Center. Der Schwerpunkt des Venture-Capital-Unternehmens liegt in Taiwan auf künstlicher Intelligenz, Automatisierung und Robotik.
Name | Fokus | Anmerkungen |
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KI, Web3, Startup-Beschleunigung | AppWorks, 2009 gegründet, bietet Dienstleistungen zur Förderung des Startup-Ökosystems in Taiwan | |
Fertigung, Gesundheitswesen, Smart Cities, Einzelhandel, Transport, Informationssicherheit | StarFab wurde 2016 gegründet und ist Teil des globalen Netzwerks von SparkLabs | |
IoT, KI, mobile Dienste, digitales Gesundheitswesen, vernetzte Fahrzeuge, Robotik
| SparkLabs Taipei wurde 2018 gegründet und ist Teil des globalen Netzwerks von SparkLabs | |
KI & IoT, Biotechnologie, Cleantech, Cybersicherheit, Gesundheitswesen & Medizintechnik | TACC+, 2018 vom Wirtschaftsministerium MOEA gegründet. Durchführer der Initiative ist ITRI (Industrial Technology Research Institute) | |
Drahtlose Kommunikation und Sensortechnologie | Mighty Net, 2016 gegründet, ist ein Hardware-Accelerator |
Taipei ist wichtigster Standort für Start-ups
Aktuell gibt es in Taiwan 95 Start-up-Hubs. Internationale Start-up-Cluster existieren in Taipei (Taiwan Tech Arena), in New Taipei (Taiwan Start-up Terrace Linkou), Tainan (Taiwan Tech Arena - Southern Base) und Kaohsiung (Yawan Start-up Terrace). Darunter ist die Taiwan Tech Arena das aktivste Zentrum.
Allein in der Hauptstadt Taipei sollen über 25 Start-up-Standorte existieren und die größte Konzentration von Venture Capital-Unternehmen und Acceleratoren zu finden sein. Branchenmäßig stehen in der Hauptstadt elektronische Hardware (knapp 10 Prozent der Start-ups), Gesundheitsanwendungen (8,4 Prozent) sowie Medien und Unterhaltung (6,7 Prozent) im Fokus.
Im Süden Taiwans, wo Ende 2024 etwa 1.450 Start-ups registriert waren, spielt Kaohsiung als Standort die wichtigste Rolle, gefolgt von Tainan. Start-ups sind hier am ehesten in den Branchen Nahrung und Lieferdienste (9,6 Prozent), industrielle Verarbeitung (8,3 Prozent) und elektronische Hardware (8,2 Prozent) zu finden.
Veranstaltung | Anmerkungen |
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Meet Taipei | Seit 2014 jährlich als Festival organisiert. Sie zieht verschiedenste Akteure des Start-up-Ökosystems aus aller Welt an |
InnoVEX Taiwan | Seit 2016 jährliche Sonderausstellung während Computex-Messe. Auf Elektronik fokussierte Start-up-Veranstaltung |
Anchor Innovation Summit | Jährlicher Treffpunkt für Technologieinnovatoren. Nicht allein auf Start-ups bezogen |
Die Mitte der Insel ist Start-up-mäßig vor allem vom staatlichen Forschungsinstitut ITRI (Industrial Technology Research Institute) in Hsinchu geprägt. Aus diesem sind auch die Halbeiterauftragshersteller TSMC und UMC hervorgegangen. Um jungen und innovativen Unternehmen unter die Arme zu greifen, ist ITRI mit der Taiwan ITRI New Venture Association (TINVA) aktiv, einem Verband zur Förderung von Start-ups. Deren Aktivitäten stehen auch ausländischen Start-ups offen.
Name | Fokus | Gefördert durch |
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Informations- und Kommunikationstechnik, Medizintechnik, Automatisierung, Grüne Energie, Maschinenbau | Industrial Technology Research Institute (ITRI) | |
Informations- und Kommunikationstechnik | Industrial Technology Research Institute (ITRI) | |
Ingenieurtechnik und Biotechnologie | National Taiwan University (NTU) | |
Biotechnologie | The National Health Research Institutes (NHRI) | |
Elektronik, Informations- und Kommunikationstechnik, Präzisionsmaschinen, Biotechnologie und Medizin, Ökoenergie | Small and Medium Enterprise Administration, MOEA |
Ausländische Start-ups sind willkommen
Taiwan versucht, ein dynamisches Start-up-Umfeld zu bieten. Die öffentliche Initiative “Startup Island Taiwan” ist die treibende Kraft für viele Aktivitäten. Darunter ist die Tech Arena die wichtigste Startrampe für ausländische Start-ups. In dieser haben bis Mitte 2024 allein mehr als 1.000 Start-ups angefangen, von denen circa 380 solche mit ausländischer Beteiligung waren. Bislang war jedoch kein deutsches Start-up mit dabei. Die ausländischen Akteure im taiwanischen Start-up-Ökosystem kommen überwiegend aus den USA, Singapur und Indien.
Für ausländische Unternehmer und Unternehmerinnen gibt es spezielle Visa, wie das Taiwan Entrepreneur Visa. Auf Start-up-Gründende zielt das Black Card Program ab, das an die staatlich finanzierte Taiwan Tech Arena geknüpft ist und vom National Science and Technology Council gesponsert wird. Das 2020 aufgelegte Black Card Program umfasst neben einem Gold Card Visum umfangreiche Unterstützungs- und Beratungsleistungen für ausländische Gründende, die die Taipei Tech Arena als “Gateway” in das taiwanische Start-up-Ökosystem nutzen.
Staatliche Förderung spielt große Rolle
Eine zentrale Rolle für Start-up-Finanzierung spielt der National Development Fund (NDF). Ende 2023 hatte der NDF direkte Investitionen von rund 2,3 Milliarden US-Dollar (US$) in 70 Unternehmen und indirekte Investitionen von 723 Millionen US$ in 66 Risikokapitalfirmen in der Bilanz. Darunter flossen 438 Millionen US$ in Taiwania Capital, der führenden Venture Capital Firma mit öffentlichen und privaten Wagniskapitalgebern.
Zu den NDF-finanzierten Programmen gehört unter anderem das Business Angel Investment Program. Dieses steht auch ausländischen Start-ups offen, die in Taiwan registriert sind oder ihre Hauptgeschäftsaktivitäten in Taiwan haben. Seit dessen Auflegung im Jahr 2017 bis Ende 2024 erhielten 274 junge Unternehmen Anschubinvestitionen von umgerechnet 117 Millionen US$ vom NDF.
Risikokapital ist risikoaverser geworden
Um sich zu global wettbewerbsfähigen Unternehmen zu entwickeln, benötigen Start-ups erhebliche finanzielle Mittel. In Taiwan legten die wertmäßigen Deals für Frühphasenfinanzierung zwischen 2015 und 2023 um das mehr als Dreifache zu. Von 850 Millionen US$ im Jahr 2015 stiegen sie im Jahr 2023 auf knapp 2,8 Milliarden US$, so eine Untersuchung des Taiwan Institute of Economic Research.
In diesem Zeitraum waren über 500 Kapitalfirmen an der Frühfinanzierung von Start-ups in Taiwan beteiligt. Deren Gesamtinvestitionen erreichten ihren bisherigen Höhepunkt im Jahr 2021 mit 1,4 Milliarden US$. Seitdem ist die Zahl der Deals wie auch die Höhe des Investitionswertes zurückgegangen. Das gleiche Bild zeigt sich auch bei Angel Investments, die 2021 mit 272 Millionen US$ einen Höhepunkt erreichten, deren Aktivitäten jedoch seither abgeklungen sind.
Unternehmen finanzieren passende Ergänzungen
Während die Frühphasenfinanzierung also eher ins Stocken geraten ist, hat die Finanzierung in späteren Phasen zugelegt. Die Corporate Venture Capital Investments steigen seit Jahren kontinuierlich und erreichten im Jahr 2023 eine Höhe von 218 Millionen US$, so die Zahlen von TIER. Viele Unternehmen suchen aktiv nach Start-ups, um ihre Geschäfte zu stärken.
Bei der Frühphasenfinanzierung im Start-up-Umfeld Taiwans steht der Sektor IT-Hardware, anders als in der Gesamtwirtschaft, nicht so sehr im Vordergrund. Zu den aktivsten Branchen gehörten im Zeitraum 2015 bis 2023 Energie sowie Gesundheit und Biotechnologie. Das gilt sowohl für die Zahl der Deals als auch für die zur Verfügung gestellten Investitionen. Bei der Spätphasenfinanzierung stehen jedoch eher Elektronik und Software im Fokus.
Während Taiwan sein Ökosystem für Start-ups kontinuierlich verbessert und Unternehmen in ihrer Anfangsphase fördert, kämpft die Insel damit, diese zu halten, wenn sie sich vergrößern. So sind auch die vier Start-ups aus Taiwan mit Unicorn-Status, also einer Bewertung von mehr als 1 Milliarde US$, zumeist außerhalb der Insel groß geworden. Sie haben ihre Finanzierung in der Spätphase durch Börsennotierung gesichert.
Name | Kapitalbeschaffung | Branche |
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(Unicorn) | Börsengang 2021 | KI-Software-as-a-Service (SaaS) |
(Unicorn) | Börsengang 2021 | KI-SaaS |
(Unicorn) | Börsengang 2022 | KI-SaaS |
(Unicorn) | Börsengang 2022 | Elektrorollerhersteller |
32,4 Mio. US$ (Serie A, 2024) | Luft- und Raumfahrt | |
31 Mio. US$ (Serie C) | Energiemanagement | |
23,3 Mio. US$ (2024) | KI-medizinische Bildgebung | |
23 Mio. US$ (Serie A, 2022) | Frachtmanagement-SaaS | |
18 Mio. US$ (Serie A, 2020) | Robotik, Medizintechnik |