Wirtschaftsumfeld | Thailand | Arbeitskräfte
Fachkräfte
Der Bedarf an Fachkräften steigt. Jedoch hinkt die Ausbildung hinterher. Betriebe müssen daher für qualifizierte Mitarbeiter immer tiefer in die Tasche greifen.
25.09.2025
Von Frank Malerius | Bangkok
In den kommenden Jahren werden viele Erwerbstätige in Rente gehen, während zu wenige Jüngere nachrücken. Das Median-Alter liegt bereits bei über 40 Jahren und damit auf europäischem Niveau. Die Fertilitätsrate in Thailand ist schon seit mehreren Jahrzehnten unter dem Reproduktionsniveau angesiedelt. Laut dem Statistischem Jahrbuch 2024 bekommen thailändische Frauen im Durchschnitt nur 1,0 Kinder. Das ist einer der niedrigsten Werte weltweit und führt auf dem Arbeitsmarkt - vor allem bei unattraktiven Tätigkeiten - zu neuen Lücken.
Abhängig von ausländischen Fach- und Hilfskräften
Die Zahl der Erwerbspersonen (Erwerbstätige einschließlich Arbeitsuchender über 15 Jahre) wird nach aktuellen Prognosen von derzeit 40 Millionen bis 2040 auf circa 35 Millionen schrumpfen. Insbesondere für Betriebe, die gut ausgebildetes und produktives Personal benötigen, verkleinert sich damit der Pool.
Thailand im weltweiten VergleichFolgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können. |
Der Bedarf an Arbeitskräften lässt sich im Niedriglohnsektor schon heute vielerorts nur noch über Arbeitsmigranten aus den armen Nachbarländern Myanmar, Kambodscha und Laos decken. Im Juni 2025 waren offiziell 4,1 Millionen ausländische Vertragsarbeitende registriert. Dies waren 700.000 mehr als im Jahr zuvor. Mit 3,3 Millionen Gastarbeitern stellt Myanmar die größte Gruppe unter den Arbeitsmigranten. Es wird geschätzt, dass weitere ein bis zwei Millionen illegale Migranten von dort in Thailand leben. Grund dafür ist der Bürgerkrieg in Myanmar. Auch dieses Angebot an ausländischen Hilfskräften reicht nicht aus. Das Arbeitsministerium will nun auch in größerem Umfang Arbeitsmigranten aus Sri Lanka, Nepal, den Philippinen und Indonesien ins Land holen.
Aber nicht nur für einfache Tätigkeiten bedarf es Arbeitsmigration. Auch der Fachkräftemangel kann über Zuzug abgemildert werden. So waren im Juni 2025 beim Arbeitsministerium 193.000 Fachkräfte aus dem Ausland registriert. Das entspricht einer Zunahme von knapp 10.000 gegenüber dem Vorjahr.
Schwaches Schulsystem
Trotz allgemeiner Schulpflicht sind viele Thais ohne schulische Bildung: Im Juni 2025 hatten rund 5,2 Millionen der Erwerbspersonen keine Grundschulbildung abgeschlossen und 10 Millionen verfügten lediglich über einen Grundschulabschluss. Die Leistungen der Schüler und Studenten von Grund-, Berufs- und Hochschulen sind zudem nur mittelmäßig. Die Lehrpläne sind oft veraltet und die fachlichen Kompetenzen der unterbezahlten Lehrkräfte sind ebenfalls gering.
Das schwache Bildungssystem bremst viele Ambitionen aus. Thailand möchte bis 2037 ein entwickeltes Industrieland sein. Im Fachkräfteranking "Global Talent Competitiveness Index" (GTCI) der Wirtschaftshochschule INSEAD rangierte Thailand 2023 aber nur auf Rang 79 unter 134 Ländern und damit hinter den regionalen Wettbewerbern Malaysia und Vietnam und nur einen Platz vor dem deutlich schwächer entwickelten Indonesien.
Beim letzten internationalen Bildungsranking PISA (Programme for International Student Assessment) aus dem Jahr 2022 belegte Thailand sogar nur Rang 63 unter 81 untersuchten Ländern. PISA misst alltags- und berufsrelevante Kenntnisse und Fähigkeiten 15-jähriger Schüler. Die Ergebnisse waren 2022 im Vergleich zur vorherigen Untersuchung im Jahr 2018 in allen Bereichen rückläufig.
Die vielen Geringqualifizierten arbeiten dann in prekären Jobs, in denen keine regulären Arbeitsträge abgeschlossen und keine Sozialversicherungsbeiträge gezahlt werden. Jede zweite Arbeitskraft ist daher in informellen, kaum regulierten und statistisch schwer erfassbaren Bereichen tätig. Die geringe offizielle Arbeitslosenquote von 0,9 Prozent im 2. Quartal 2025 ist deshalb nicht aussagekräftig.
Schwache Englischkenntnisse
Thailands Schulen vermitteln darüber hinaus zu wenig Fremdsprachenkenntnisse. Gemäß einer Studie der Stiftung Education First aus dem Jahr 2024 lagen thailändische Erwachsene bei den Englischkenntnissen nur auf Rang 106 unter 116 Ländern. Innerhalb Südostasiens schloss nur Kambodscha schlechter ab. Zwar sind die Englischkenntnisse in Bangkok etwas besser als im Rest des Landes. Doch auch dort verfügt ein größerer Teil der jungen Menschen nicht über ausreichende Fähigkeiten in der englischen Sprache, um in internationalen Firmen arbeiten zu können.
Nachholbedarf in technischen Berufen
Besonders knapp sind Fachkräfte in technischen Feldern. Zwar bilden 433 staatliche und 444 private Fachschulen Schüler in technischen Berufen aus. Diese Berufsschulen bieten auch Fortbildungen an, aber ihre Lerninhalte gelten als veraltet oder praxisfern. Arbeitgeber müssen ihre Beschäftigten daher im Betrieb intensiv schulen.
Die 600 deutschen Unternehmen in Thailand sind insbesondere in verarbeitenden Industriezweigen tätig und benötigen Ingenieure und Techniker aus den Bereichen Maschinenbau, Mechatronik, Elektrotechnik oder Chemie. Sie digitalisieren ihre Prozesse, daher sind darüber hinaus Spezialisten für Datenverarbeitung und künstliche Intelligenz besonders gefragt.
Der Nachholbedarf ist enorm: In einer Umfrage der AHK Thailand vom Herbst 2024 gaben 62 Prozent der Mitglieder den Fachkräftemangel als ein Geschäftsrisiko an. Im Frühjahr desselben Jahres waren es noch 46 Prozent gewesen.
Einige Unternehmen bieten duale Ausbildung
Die AHK Thailand bietet Betrieben ein maßgeschneidertes Ausbildungsprogramm an. Die Teilnehmer des German-Thai Dual Excellence Education (GTDEE) absolvieren eine duale Ausbildung nach deutschen Standards. Seit Beginn im Jahr 2013 haben über 1.000 Personen eine Berufsausbildung in den GTDEE-Fächern Mechatronik, Industriemechanik und Produktionstechnik abgeschlossen. Im Jahr 2025 schicken BMW, Bosch, Chiangmai Beverage und Pathumthani Brewery ihre Auszubildenden in das GTDEE-Programm.