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Branche kompakt | Tschechische Republik | Bauwirtschaft

Markttrends

Steigende Einkommen und die Konjunkturerholung sorgen derzeit für gute Stimmung im tschechischen Baugewerbe. Allerdings bleibt die Zahl neuer Baugenehmigungen gering.

Von Gerit Schulze | Prag

Die Bauwirtschaft könnte in den kommenden Jahren wieder einen größeren Beitrag zum Wirtschaftswachstum in Tschechien leisten. Nach den Parlamentswahlen vom Herbst 2025 zeichnet sich ab, dass die neue Regierung den Ausbau der Infrastruktur und den Kraftwerksbau beschleunigt sowie die Genehmigungsverfahren für neue Bauvorhaben vereinfacht. 

Der Wert der Bauleistungen in Tschechien lag 2024 in laufenden Preisen unter dem Niveau des Vorjahres. Hohe Baukosten, teure Hypothekenkredite und weniger Anlageinvestitionen der Unternehmen trugen dazu bei.

15 %

weniger Neubauvorhaben als im Vorjahr wurden von Januar bis August 2023 genehmigt.

Im Jahresverlauf 2025 zeichnet sich ein Aufwärtstrend ab. Von Januar bis Juli ermittelte das Statistikamt einen Anstieg der Bauproduktion um 10 Prozent. Dabei legte der Tiefbau um knapp 12 Prozent zu. Die Baufirmen profitieren vor allem von Aufträgen für Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, weniger von Neubauvorhaben.

Allerdings lag die Zahl der Baugenehmigungen für Neubauvorhaben im Hoch- und Tiefbau von Januar bis Juli 2025 nach vorläufigen Angaben um ein Fünftel unter dem Vorjahreswert. 

Digitale Bauplanung führte ins Chaos

Hauptgrund dafür ist das Chaos bei der Einführung der digitalen Baugenehmigung im Juli 2024. Ziel war es, Bauherren und Behörden auf einer Onlineplattform zusammenzubringen. Bauverfahren und Planfeststellungsverfahren sollten gebündelt und so die Genehmigungsprozesse beschleunigt werden. Die Baubehörden bekamen enge Fristen gesetzt: Sie sollten den Bau eines Einfamilienhauses in 30 Tagen genehmigen; kompliziertere Vorhaben wie Autobahnen und Kraftwerke innerhalb von 120 Tagen.

Doch das Vorhaben endete im Chaos. Die Beamten konnten viele Vorgänge nicht wie geplant digital vornehmen, die Einbindung verschiedener Datenbanken funktionierte nur unzureichend. Schließlich musste der zuständige Minister zurücktreten und die Genehmigungsverfahren mussten teilweise wieder auf herkömmliche Weise ablaufen. Viele Bauanträge blieben unbearbeitet.

Fehlende Rohstoffe und Fachkräfte bremsen das Geschäft aus

Wie Branchenvertreter im Oktober 2025 auf der Prager Baumesse For Arch erklärten, bremst neben den bürokratischen Hürden der Fachkräftemangel die Bauindustrie aus. Außerdem gehen die Vorräte an Rohstoffen zur Neige. "Wenn der Staat keine neuen Lagerstätten erschließt und nicht konsequent auch Recyclingmaterialien genutzt werden, könnten in Tschechien in zehn Jahren bis zu 70Prozent des Kiessandes und 60Prozent Gesteinsplitts fehlen", warnte Eduard Muřický vom Ministerium für Industrie und Handel (MPO). 

Die Regierung hat fast fünfzig neue Lagerstätten für Kies und Gestein identifiziert, lokal stoßen die Vorhaben aber häufig auf Widerstand der Bevölkerung. Das Recycling gebrauchter Materialien wird durch geringe Verarbeitungskapazitäten begrenzt. Zudem sind die Preise nicht wettbewerbsfähig und die Kunden häufig skeptisch.

Marktvolumen der Bauwirtschaft in der Tschechischen RepublikIn Milliarden Euro; Veränderung in Prozent; für 2024 vorläufige Angaben

Kennziffer

2023 1)

2024 2)

Veränderung 2024 / 2023 3)

Wert der Bauinvestitionen insgesamt, davon

29,027,7-0,1

  Wohnungsbau

5,34,7-6,9

  Nichtwohnungsbau

3,93,6-4,5

  Wirtschaftsbau

4,64,52,2

  Infrastrukturbau

8,58,21,5

Wert der erbrachten Ingenieur-, Architektur- und Consultingleistungen

7,4

k.A.

k.A.

1 Umgerechnet zum Wechselkurs der Tschechischen Nationalbank 2023: 1 Euro = 24,007 Tschechische Kronen; 2 2024: 1 Euro = 25,119 Tschechische Kronen; 3 Veränderung auf Basis der nicht aufgerundeten Werte in Tschechischen Kronen.Quelle: Tschechisches Statistikamt 2025

Branchenvertreter erwarten Wachstum

Laut der Quartalsbefragung tschechischer Baufirmen durch CEEC Research im Juni 2025 erwarten die meisten Branchenvertreter ein Wachstum des Marktes. Für 202󠆤5 prognostizieren sie einen Anstieg um 2,7 Prozent, für 2026 um 2,4 Prozent beim Wert der Bauleistungen. Für Optimismus sorgen Investitionen in Infrastruktur, gesunkene Hypothekenzinsen und die Konjunkturerholung im Land.

Die Kapazität der Bauunternehmen bleibt gut ausgelastet. Laut CEEC Research lag sie im Juni 2025 bei 93 Prozent und sollte im Jahresverlauf weiter steigen. Das stellt die Projektplaner vor erhebliche Herausforderungen. "Viele Unternehmen stoßen bereits an die Grenzen ihrer Betriebskapazitäten, was zu längeren Lieferzeiten führen und den Preisdruck bei Bauleistungen erhöhen könnte", erklärte Michal Vacek, der Geschäftsführer von CEEC Research, in einer Pressemitteilung.

Da am Arbeitsmarkt kaum geschulte Bauhandwerker verfügbar sind, können die Baufirmen keine neuen Kapazitäten schaffen. Besonders Klempner, Heizungsinstallateure oder Elektriker sind knapp, weil viele Hauseigentümer ihre Energie- und Sanitärsysteme erneuern. Das bietet Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Handwerksbetriebe aus dem grenznahen Raum. Aufgrund des hohen Lohngefälles allerdings nur in Nischenbereichen mit hoher Spezialisierung.

Großaufträge durch neues Eisenbahnnetz

Potenzial für Marktwachstum gibt es ausreichend. Tschechien hat große Pläne für den Ausbau der Infrastruktur. Die im Oktober 2025 abgewählte Regierung hatte vor Ablauf der Legislaturperiode noch ein Programm zum Bau von 540 Kilometern Autobahnen angekündigt. Außerdem begannen Ende Mai 2025 an der Strecke zwischen Brno und Přerov die Arbeiten am Eisenbahn-Hochgeschwindigkeitsnetz. Insgesamt sind Neubaustrecken auf einer Länge von 350 Kilometern geplant. Das Vorhaben kostet nach Schätzung der Regierung über 30 Milliarden Euro. Eine tschechische Tochtergesellschaft des Baukonzerns Strabag bekam für den ersten Bauabschnitt bereits einen Großauftrag über 110 Millionen Euro.

Zum Hochgeschwindigkeitsnetz gehört auch der 30 Kilometer lange Erzgebirgstunnel zwischen Sachsen und Tschechien. Der Abschnitt auf tschechischer Seite kostet rund 1,8 Milliarden Euro. Die Deutsche Bahn rechnet mit einem Baustart im Jahr 2032.

Neue Vorhaben im Industrie- und Wohnungsbau

Neue Großprojekte sind außerdem im Industriebau zu erwarten. In Dukovany errichtet das südkoreanische Unternehmen KHNP zwei Atomreaktoren für 16 Milliarden Euro. Toyota baut seine Autofabrik in Kolín aus und setzt dort mehr auf Elektromobilität. Ein japanischer Kfz-Zulieferer plant eine Fabrik für Elektromotoren in Písek. Prag bewirbt sich bei der EU als Standort für eine große KI-Gigafactory

In der Hauptstadt wollen Projektentwickler ambitionierte Wohnungsbauvorhaben umsetzen, darunter Tschechiens höchstes Wohngebäude und ein neues Viertel für 50.000 Einwohner im Stadtbezirk Letňany. 

Außerdem gehen in Prag milliardenschwere Bauvorhaben zum Ausbau des U-Bahn- und Straßenbahnnetzes sowie des äußeren Autobahnrings weiter. Geplant sind zudem ein neuer Straßentunnel und ein unterirdischer Eisenbahnknoten.

Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in der Tschechischen RepublikIn Millionen Euro
Akteur / Projekt

Investitionssumme *)

ProjektstandAnmerkungen
Verkehrsministerium / Ausbau des Autobahnnetzes

13.000

Planungsphase; Ausbau für 2030 bis 2040 geplantGesamtlänge: 540 km
Eisenbahnverwaltung Správa železnic / Hochgeschwindigkeitsstrecke Prosenice - Ostrava

2.400 bis 3.300  

Umweltverträglichkeitsprüfung; Baubeginn für 2026 bis 2028 geplantals PPP-Projekt geplant, Gesamtstrecke 65 km, Geschwindigkeiten von 200 bis 300 km/h
Flughafen Prag / Modernisierung und Erweiterung 

1.300

Pläne bis 2033 Erweiterung des Terminals 2; Modernisierung der Startbahn; Eisenbahnverbindung ins Zentrum; "Air City" (Hotelräume, Büros, Logistik, Dienstleistungen)
SIRS / Aufbau strategischer Industrieparks

820

Plan für 5 Jahre 3 bis 4 große Gewerbegebiete für strategische Investoren
J&T Real Estate / Bauprojekt Nový Rohan in Prag 

610

Bau hat 2025 begonnenneuer Stadtteil mit Wohnungen, Büros, Läden
Eisenbahnverwaltung Správa železnic / Umbau des Bahnhofs Hradec Králové 

500

Baugenehmigung erhalten; Baubeginn bis Ende 2025 und Fertigstellung bis Ende 2030 geplantZugleich ein zweites Gleis Richtung Pardubice
Wasserverwaltung Povodí Vltavy / drei Stauseen in der Region Rakovník 

490

Umweltverträglichkeitsprüfung wiederholt eingereichteiner der Stauseen wird zur Energieerzeugung genutzt
Stadt Prag / Neues Konzerthaus Vltavská filharmonie in Prag

480

Umweltverträglichkeitsprüfung beantragt; Baugenehmigung für 2026, Baubeginn für 2027 und Fertigstellung für 2033 geplantGemischte Finanzierung: je ein Drittel tragen die Stadt Prag, der Staatshaushalt und private Investoren und Stiftungen
Crestyl / Bauprojekt Savarin in Prag

410

Baubeginn für 2026 und Betrieb ab 2029 geplantSanierung von denkmalgeschützten Gebäuden im Stadtzentrum, Umbau und Neubau von Büros, Läden, Kultureinrichtungen, Gastronomie
* Umrechnung anhand des Wechselkurses 1 Euro = 24,545 Tschechische Kronen (Tschechische Nationalbank, 25.8.2025).Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen 2025

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