Wirtschaftsumfeld | Tschechische Republik | Investitionsförderung
Fördermaßnahmen
Werkserweiterungen können nur noch in bestimmten Regionen Beihilfen bekommen. Die Anforderungen an Wertschöpfung und Innovationskraft eines Projektes sind gestiegen.
03.11.2022
Von Miriam Neubert | Prag
In Tschechien ist die Arbeitslosigkeit seit einigen Jahren die niedrigste in der EU. Die Wirtschaft kommt ohne Arbeitskräfte aus Drittländern schon lange nicht aus. Dadurch steht die Schaffung von neuen Stellen nicht mehr im Vordergrund der Förderstrategie. Seit der Novellierung des Gesetzes über Investitionsanreize 2019 geht es verstärkt um Projekte, die Hochtechnologie, Innovationen und höher vergütete Arbeitsplätze bringen. Das Ziel: die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft erhöhen.
"Unterstützung können Gesellschaften beantragen, die im verarbeitenden Gewerbe, in Technologiezentren, Zentren für strategische Dienstleistungen oder in der Herstellung von strategischen Gesundheitserzeugnissen und von Halbleitern tätig sind“, erklärt Eva Jungmannová, Leiterin der Abteilung Investitionen und Auslandsaktivitäten der Förderagentur CzechInvest.
Steuervergünstigungen, in strategischen Fällen auch Zuschüsse
Grundsätzlich werden ausländische und tschechische Unternehmen gleich behandelt. Die staatlichen Investitionsanreize bestehen vor allem in Körperschaftsteuervergünstigungen. Für spezielle strategische Vorhaben können auch Geldzuschüsse in Höhe von bis zu 20 Prozent der förderfähigen Kosten für die Finanzierung der Investition gewährt werden. Dabei geht es um Kapitalanlagen für Investitionen, die Forschung und Entwicklung unter Nutzung von Schlüsseltechnologien etablieren. Präferierte Branchen sind Pharma, Computer, elektronische und optische Geräte, Flugzeuge, Flugzeugmotoren, Raumfahrzeuge. Zu den Technologien zählen fortgeschrittene Materialien, Nanotechnologien, Biotechnologien, Nanoelektronik, künstliche Intelligenz.
Neu könnten dank einer Novelle bald auch Projekte als strategisch gefördert werden, deren Produkte bei Erzeugung oder Speicherung von erneuerbarer Energie eine Rolle spielen, die Energieeffizienz steigern oder den Gebäudeenergieverbrauch senken.
In Abhängigkeit von der Arbeitslosenrate der Region sind Zuschüsse pro geschaffenem Arbeitsplatz sowie für Schulungen und Umschulungen möglich. Das reduziert sich aktuell auf wenige Bezirke bei Ostrava und ab 2025 nur noch auf Karviná.
Beihilfen müssen von der Regierung bewilligt werden
Für die verarbeitende Industrie wird keine Mindestanzahl neu zu schaffender Arbeitsplätze mehr vorgegeben. Generell können in den Regionen Pilsen, Mittelböhmen, Südböhmen, Vysočina und Südmähren nur noch neue industrielle Wirtschaftsaktivitäten unterstützt werden, keine Erweiterungen mehr. Beihilfe beantragen können nur noch Projekte, bei denen mindestens 80 Prozent die Löhne über dem regionalen Durchschnitt liegen und mindestens jeder zehnte Beschäftigte eine Hochschulausbildung hat oder 2 Prozent der Mitarbeitenden in Forschung und Entwicklung arbeiten.
Das Gesetz über Investitionsanreize (Zákon o investičních pobídkách č. 72/2000 Sb.) in der Fassung von 2020 regelt die staatliche Unterstützung unternehmerischer Investitionen. Seit September 2019 müssen die Beihilfen in jedem einzelnen Fall von der Regierung genehmigt werden. Zuständige Instanz für die Beantragung ist CzechInvest, die Agentur zur Unterstützung von Unternehmertum und Investitionen. Die Gewährung erfolgt über das Ministerium für Industrie und Handel.
Neue regionale Fördergebietskarte gilt bis 2027
Investitionsanreize sind ein Instrument, um regionale Ungleichgewichte abzubauen. Dadurch können Projekte in benachteiligten oder strukturschwachen Gebieten stärker gefördert werden. Die neue tschechische Fördergebietskarte, die die Europäische Kommission nach den überarbeiteten EU‑Beihilfevorschriften genehmigte, gilt seit dem 1. Januar 2022 bis Ende 2027. Demnach kommen Gebiete, in denen fast 88 Prozent der Bevölkerung leben, für regionale Investitionsbeihilfen in Betracht. Dies betrifft:
- Die NUTS-II-Gebiete Severozápad (Nordwestböhmen), Severovýchod (Nordostböhmen), Střední Morava (Mittelmähren) und Moravskoslezsko (Mährisch-Schlesien). Mit einem Pro-Kopf-BIP von weniger als 75 Prozent des EU‑Durchschnitts sind sie sogenannte A‑Fördergebiete, in denen die Beihilfehöchstintensitäten für Großunternehmen in Abhängigkeit vom Pro-Kopf-BIP des betreffenden Gebiets zwischen 30 und 40 Prozent liegen.
- Die Gebiete Střední Čechy (Mittelböhmen), Jihozápad (Südwestböhmen) und Jihovýchod (Südostböhmen) gelten aufgrund ihrer positiven wirtschaftlichen Entwicklung nicht mehr als A-Fördergebiete, sondern als "prädefinierte C-Fördergebiete". Dort liegen die Beihilfehöchstintensitäten für große Unternehmen bis Ende 2024 bei 20 Prozent und sinken ab 2025 auf 15 Prozent. Eine Ausnahme bilden die an A‑Fördergebiete angrenzenden Gebiete mit 25 Prozent.
- In allen A- und C-Fördergebieten können die Beihilfehöchstintensitäten bei mittleren Unternehmen um 10 Prozentpunkte und bei kleinen Unternehmen um 20 Prozentpunkte angehoben werden.
Keine Investitionsanreize gibt es für die Hauptstadt Prag, deren BIP pro Kopf weit über dem EU-Durchschnitt liegt.
Mindestinvestition nach Unternehmensgröße 1) und sonstige Bedingungen für die Qualifizierung | Art der Investitionsanreize | |
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Verarbeitende Industrie | ||
Verarbeitende Industrie | Groß: 40/80 Mio. Kč, Mittel: 20/40 Mio. Kč, Klein: 10/20 Mio. Kč; bei allen mindestens die Hälfte in neue Maschinen 2) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; Subvention für neue Arbeitsstellen sowie für Schulungen und Umschulungen nur in Kreisen mit 7,5 Prozent Arbeitslosigkeit |
Strategische Investition | Minimale Investition 2 Milliarden Kč, von der mindestens die Hälfte in neue Maschinen und gleichzeitig in mindestens 250 neue Arbeitsstellen gehen muss 2) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; Subvention für neue Arbeitsstellen sowie für Schulungen und Umschulungen nur in den Kreisen mit 7,5 Prozent Arbeitslosigkeit; spezielle Zuschüsse für Kapitalanlagen je nach Region von bis zu 10 oder 20 Prozent der beihilfefähigen Kosten (maximal 1,5 Milliarden Kč) |
Technologisch höchst anspruchsvolle Produktion | siehe Verarbeitende Industrie und 2) in allen Regionen plus Implementierung von F&E unter Nutzung von Schlüsseltechnologien | siehe Strategische Investition |
Herstellung strategischer Produkte für Lebens- und Gesundheitsschutz | siehe Verarbeitende Industrie | siehe Strategische Investition |
1) Abhängig davon ob Sonderindustriezone (Ostrava-Mošnov, Most-Joseph, Holešov), betroffene Region (A) oder entwickelte Region (C); 2) in entwickelten Regionen erhalten mindestens 80 Prozent der Beschäftigten wenigstens den regionalen Durchschnittslohn, wobei entweder 10 Prozent einen Hochschulabschluss haben und eine Kooperation mit F&E-Institution mindestens 1 Prozent der anrechenbaren Kosten ausmachen muss oder 2 Prozent der Beschäftigten in F&E arbeiten oder 10 Prozent der anrechenbaren Kosten in Maschinen für F&E investiert werden.
Mindestinvestition nach Unternehmensgröße, weitere Bedingungen | Art der Investitionsanreize | |
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Technologiezentren | ||
Technologiezentren (F&E) | Groß: 10 Mio. Kč, Mittel: 5 Mio. Kč, Klein: 2,5 Mio. Kč, bei allen mindestens 50 Prozent in neue Maschinen und 20 neue Arbeitsplätze bei großen Unternehmen, 10 bei KMU | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; 200.000 Kč Zuschuss für jeden neuen Arbeitsplatz; je nach Unternehmensgröße Zuschüsse von 50, 60 oder 70 Prozent der Schulungskosten |
Strategische Investition in Technologiezentren | 200 Mio. Kč, davon mindestens die Hälfte in neue Ausrüstungen sowie mindestens 70 neue Arbeitsplätze | siehe Technologiezentren; zusätzlich Zuschuss auf Kapitalanlagen von mindestens 20 Prozent der beihilfefähigen Kosten (maximal 500 Mio. Kč) |
Business-Support-Servicezentren | ||
Software-Entwicklungs- und Datenzentren | Mindestens 20 neue Arbeitsplätze bei großen, 10 bei mittleren und 10 bei kleinen Unternehmen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre |
High-Tech-Reparaturzentren | Mindestens 50 neue Arbeitsplätze bei großen, 20 bei mittleren und 20 bei kleinen Unternehmen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre |
Shared-Services-Zentren | Mindestens 70 neue Arbeitsplätze bei großen, 35 bei mittleren und 35 bei kleinen Unternehmen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre |
Strategische Investition in High-Tech-Reparaturzentren | 200 Mio. Kč in langfristigem Kapitalvermögen, davon die Hälfte in neue Maschinen und Schaffung von mindestens 100 neuen Arbeitsplätzen *) | Körperschaftsteuervergünstigung für zehn Jahre; spezieller Zuschuss von bis zu 20 Prozent der anrechenbaren Kosten auf Kapitalanlagen (maximal 500 Mio. Kč) |
*) Dienstleistungen müssen in mindestens drei Ländern erfolgen
Weitere Förderquellen für Unternehmensprojekte
Nach der Novellierung der Investitionsanreize und dem Ausbruch der Pandemie erhalten seit 2020 deutlich weniger Vorhaben Investitionsanreize. Doch gibt es auch andere Fördermöglichkeiten. So kann Tschechien bis 2030 auf fast 35 Milliarden Euro an europäischen Kohäsions-, Aufbau- und Modernisierungsmitteln zugreifen, von denen auch Unternehmensprojekte profitieren. Im Vordergrund stehen da zum Beispiel erneuerbare Energien, Emissionssenkungen, Energie- und Ressourceneffizienz, Digitalisierung oder innovative Produkte. Ausführliche Informationen enthält das GTAI-Special EU-Förderung 2021-2027 in der Tschechischen Republik.
Doppelter Abzug von Ausgaben für Forschung und Entwicklung
Bis zu 100 Prozent der Ausgaben, die in Verbindung mit Forschungs- und Entwicklungsprojekten anfallen, können in Tschechien doppelt von der Steuer abgezogen werden: einmal als normale absetzbare Kosten und darüber hinaus als besonderer Steuerfreibetrag.
GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung. Individuelle Beratung bei der Gründung einer Tochtergesellschaft, Zweigniederlassung oder Vertretung in Tschechien und zu Fördermöglichkeiten für deutsche Investoren bietet die AHK Tschechien. |