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Special Tunesien Startup

Start-ups profitieren von staatlichen Programmen

Mit dem Startup Act war Tunesien eines der ersten afrikanischen Länder, das ein eigenes Gesetz für Jungunternehmen verabschiedet hat. Herausforderungen bleiben aber bestehen. 

Von Verena Matschoß | Tunis

Tunesien zählt nicht zu Ländern, die viele internationale Investoren für ihre Start-ups anziehen. Auch im afrikanischen Vergleich hinkt Tunesien hinterher. Dem Bericht Partech Africa zufolge konnten tunesische Start-ups im vergangenen Jahr gerade einmal 24 Millionen US-Dollar über 11 Deals einsammeln. Damit steht das nordafrikanische Land auf Platz 11 in Afrika, die meiste Finanzierung konnten sich Start-ups in Nigeria, Südafrika, Ägypten und Kenia sichern. Allerdings kann Tunesien allein schon aufgrund der geringen Landesgröße nicht mit den afrikanischen Vorreitern mithalten. 

Die eingeschränkten Möglichkeiten, eine geeignete Finanzierung zu finden, sind der größte Hemmschuh für Neugründungen in Tunesien. Bankkredite sind meist unerreichbar und teuer, Investmentfonds kaum in Tunesien aktiv. Erfolgreiche Start-ups verfügen meist über einen Sitz im Ausland, um besser an Finanzierungen zu kommen.  

Startup Tunisia erweitert Finanzierungsmöglichkeiten

Die tunesische Regierung will das junge Unternehmertum in Tunesien fördern und hat dafür  einen speziellen Rechtsrahmen für Start-ups verabschiedet.

Das Programm Startup Tunisia wurde 2018 ins Leben gerufen und wird nun in der nationalen Strategie zur digitalen Transformation 2021 bis 2025 fortgeführt. Die Gesellschaft Smart Capital setzt das Programm um. Startup Tunisia setzt sich aus drei Säulen zusammen:

  • Startup Act: Rechtsrahmen für die Start-up-Förderung; Vergabe des Start-up-Labels und Einführung von Anreizen für Unternehmer, Start-ups und Investoren

  • Startup Ecosystem: Unterstützungsrahmen zum Aufbau eines Ökosystems; Finanzierung durch institutionelle Geber

  • Startup Invest: Investitionsrahmen zum Aufbau eines Venture Capital Systems, darunter drei Instrumente: ANAVA-Dachfonds, Inkubator für aufstrebende Fondsmanager und Start-up-Garantiefonds

Als eine der größten Herausforderungen hat die Regierung die Finanzierung identifiziert, vor allem in den ersten Phasen der jungen Unternehmen. Deshalb liegt ein Fokus des Programms auf der Unterstützung von Investmentfonds. 

Dachfonds wird von internationalen Gebern unterstützt

Der Dachfonds ANAVA investiert in mehrere spezifischere Fonds und soll dadurch Start-ups über alle Wachstumsphasen hinweg unterstützen. Das Ziel der Kapitalausstattung beträgt 100 Millionen Euro. Der Dachfonds wird finanziell von der Weltbank, der Caisse des Dépôts et Consignations (CDC) und der KfW Entwicklungsbank unterstützt. Bisher hat ANAVA in sieben weitere Fonds investiert. Das letzte Engagement wurde Ende April 2025 bekannt. ANAVA investiert 3,5 Millionen Euro in den Early Stage Fund "New Era Fund I". Der Fonds konzentriert sich auf künstliche Intelligenz, Biotechnologie und GreenTech. 

Die tunesische Regierung bindet über den Dachfonds den Privatsektor bei der Start-up-Finanzierung stark ein. Damit sollen sich diese Finanzierungen auch langfristig auf dem tunesischen Markt etablieren. Neben ANAVA setzt Smart Capital den Fonds Flywheel um, der über seine Programme Start-ups in frühen Entwicklungsstufen, aber auch Ökosystem-Unterstützungsstrukturen finanziert. 

Business Angels spielen in Tunesien keine große Rolle. Nazeh Ben Ammar, Gründer des Business-Angel-Netzwerks Carthage Business Angels, schätzt, dass es etwa 140 Business Angels im Land gibt, wovon aber nur ein Viertel wirklich aktiv sind. Von den Start-ups, die er bisher begleitet hat, hat es auch nur ein geringer Teil geschafft, langfristig zu überleben. Laut Ben Ammar gibt es zahlreiche Gründe, warum Start-ups im Land scheitern. Die Schwierigkeiten, ausreichende Finanzierung zu finden, sei dabei nur ein Problem. 

Zusammen mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Forvis Mazars Tunesien hat Ben Ammar deshalb ein Startup-Studio mit dem Namen Mine'n Shine ins Leben gerufen. Das Studio soll Unternehmer in allen Phasen begleiten. Neben der finanziellen Unterstützung können die Start-ups vor allem von Hilfestellungen bei Verwaltungsangelegenheiten profitieren. 

Entwicklungszusammenarbeit fördert Start-ups

Die internationale Entwicklungszusammenarbeit verfolgt mehrere Initiativen, um tunesische Start-ups zu fördern. Ein Beispiel ist der Innovationshub The Dot, der von der tunesischen Regierung, Expertise France, der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Tunisia Foundation for Development unterstützt wird. Ausgewählte Start-ups können die Räumlichkeiten für ein Jahr nutzen und Beratungsangebote wahrnehmen. Partner des Innovationshubs sind zahlreiche Akteure, wie Inkubatoren, Accelerators oder Investmentfonds.

Bei der Finanzierung von Start-ups spielt auch die tunesische Diaspora eine Rolle. Hier setzt das Projekt WIDU.africa vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung an, das die GIZ umsetzt. Auslandstunesier, die in ausgewählten europäischen Ländern leben, können tunesische Jungunternehmer unterstützen. Unternehmer können auf Einladung eines Diasporamitglieds von einer Förderung in Höhe von bis zu 2.500 Euro und von drei Coaching-Sitzungen profitieren. Es kommen aber auch einige Auslandstunesier zurück ins Land, um ihre Geschäftsidee zu verwirklichen. Ein Beispiel ist das Start-up Bako, das kleine Elektromobile herstellt. 

Boubaker Siala ist Gründer und Geschäftsführer von Bako Motors, einem Hersteller von solarbetriebenen Kleinstfahrzeugen. Nach seinem Studium an der TU München arbeitete der Ingenieur bei BMW und Bosch. In Tunesien hat er sich im Jahr 2021 seinen Traum verwirklicht und sich mit der Entwicklung eines Solartransporters selbstständig gemacht. Zwei Modelle sind derzeit auf dem Markt, ein Lieferfahrzeug für die letzte Meile und ein Mikromobil für Personen im Stadtverkehr. 

Herr Siala, war es nicht riskant Ihre Ingenieurstelle in Bayern aufzugeben und ein Start-up in Ihrer Heimat zu gründen?

Auf jeden Fall. Aber mein Traum ist die Elektromobilität und ich wollte etwas in meiner Heimat verändern. Anders als in Europa ist die grüne Transformation in Tunesien noch nicht so weit fortgeschritten. Und das obwohl wir mit den zahlreichen Sonnenstunden ideale Voraussetzungen hätten. Die grüne Energie sollte genutzt werden, auch im Mobilitätssektor!

Warum hat Bako Motors seinen Geschäftssitz in Europa und nicht in Tunesien?

In Tunesien haben wir nur eingeschränkt Möglichkeiten, an die nötige Finanzierung zu kommen. Wir haben über Business Angels insgesamt 1,6 Millionen Euro für unser Start-up erhalten. So eine Summe hätten wir allein in Tunesien niemals auftreiben können. Die Finanzierung bleibt ein großes Problem für Jungunternehmen im Land. 

Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?

Bisher werden unsere Fahrzeuge noch im Direktkauf vertrieben. Für die nächsten zwei Jahre haben wir uns vorgenommen, auch Leasing- und Carsharing-Angebote zu machen. Denn Autos sind teuer in Tunesien und nicht jeder kann sich einen eigenen Pkw leisten. Hinzu kommt der schlecht ausgebaute Öffentliche Personennahverkehr. Carsharing wäre die perfekte Alternative!

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