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Branchen | Ukraine | Energie

Wiederaufbau beschädigter Energieinfrastruktur läuft an

Russland greift gezielt die Energieanlagen der Ukraine an. Diese benötigt dringend Strom- und Heizaggregate, um den Winter zu überstehen. Unterstützung kommt von den EU-Nachbarn.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Berlin

Die russische Armee nimmt seit 10. Oktober 2022 beinahe täglich mit Raketen und Drohnen gezielt die Energieinfrastruktur der Ukraine unter Beschuss. Im Visier stehen Kraft- und Umspannwerke und die rund 150 Transformatorstationen des Landes.

Aktuell sind rund 40 Prozent der ukrainischen Energieinfrastruktur ernsthaft beschädigt, erklärte Oleksandr Chartschenko, Berater des Energieministeriums. Allein zwischen 10. und 22. Oktober 2022 seien landesweit 10 Heizkraftwerke und 28 Umspannwerke getroffen oder zerstört worden, berichtete Oleksij Tschernyschow, Minister für Bauwesen und regionale Entwicklung auf dem Deutsch-Ukrainischen Wirtschaftsforum am 24. Oktober 2022 in Berlin. Nach Angaben des Energieministeriums sind zudem rund 90 Prozent der Wind- und etwa die Hälfte der Solarkraftwerke des Landes beschädigt. 

Ziel der Angriffe ist es, die Strom- und Wärmeversorgung der Ukraine zu kappen, bevor der Winter beginnt. Mit Beginn der Heizperiode steigt der Bedarf nach Fernwärme und Strom weiter. Diesen kann die beschädigte Energieinfrastruktur nicht vollständig decken.

Erhebliche Schäden erschweren Reparaturen

Die Ukraine benötigt dringend Nothilfe zur Reparatur von Schäden am Stromnetz. Der EU-Beitrittskandidat setzt dabei auf westliche Hilfe. Laut Tschernyschow braucht das Land rund 25.000 Generatoren zur Stromerzeugung und 300.000 elektrische Heizgeräte für Innenräume, sowie 3.000 Wasseraufbereitungs- und Pumpstationen. Hinzu kommen Masten, Kabel und Schaltvorrichtungen.

Ein Großteil der beschädigten Infrastruktur kann zwar innerhalb weniger Tage notdürftig wieder in Stand gesetzt werden. Doch die vollständige Wiederherstellung nimmt viel mehr Zeit in Anspruch, da die benötigte Ausstattung schwer zu beschaffen ist. Besonders die Produktion von Transformatoren für das ukrainische 750-Kilovolt-Netz ist zeitaufwändig und kostspielig.

Die EU-Kommission wirbt verstärkt um materielle und finanzielle Nothilfe aus dem Privatsektor. Schon jetzt haben die EU, die Mitgliedsstaaten und private Firmen Energienotausrüstung im Wert mehrerer Millionen Euro in die Ukraine geliefert. Durch die jüngsten Zerstörungen wird jedoch weitere Unterstützung dringend benötigt.

Ukraine erhält Unterstützung aus Deutschland

Deutschland hilft der Ukraine bei der Vorbereitung gegen Kälte und Stromausfälle im nahenden Winter. Die Bundesrepublik stellt 20 Millionen Euro für den Kauf von Energieanlagen bereit. Damit wird die Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) Generatoren, mobile Kraftwerke und Ausrüstung für Umspannstationen beschaffen.

Ausschreibung - Ukraine - Energieausrüstungsgüter
  • Offene Ausschreibung
  • Abgabetermin: 28.11.2022
  • Finanzierung: Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)

Vorgesehen:

  • Lieferung von Ausrüstung für die Wiederherstellung der Stromübertragungssysteme, insbesondere Hauptausrüstung von Elektrizitätsverteilungsstationen, Transformatoren, Leistungsschalter etc.

Link zur Ausschreibungsmeldung

Das Technische Hilfswerk (THW) stockt seine Winternothilfe von bis dato 100 Stromgeneratoren um weitere 108 Aggregate auf. Zudem lieferte das THW 28 Ölheizgeräte in die Ukraine. Derzeit bereite das THW die Lieferung von rund 250 Stromerzeugern verschiedener Leistungsklassen vor, teilte das Hilfswerk am 11. November in Bonn mit. Mit den Geräten soll eine provisorische Stromversorgung wichtiger Einrichtungen sichergestellt werden.

Das ukrainische Energieministerium hat zudem ein Hilfeersuchen an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gerichtet. Gesucht werden Sachspenden technischer Güter für die Reparatur und Wartung der beschädigten Energieinfrastruktur in der Ukraine. Im Auftrag des BMWK und umgesetzt von der GIZ unterstützt das Sekretariat der Deutsch-Ukrainischen Energiepartnerschaft die Koordination und Abwicklung der Spenden.

Spendenaufruf zur Unterstützung der Ukraine mit Energietechnik

Am 30. November 2022 findet von 10:00 bis 11:00 Uhr unter dem Motto "Unterstützung der Ukraine durch Spenden deutscher Firmen im Energiebereich" ein digitaler Austausch statt. Für diese Infoveranstaltung melden Sie sich bei Interesse bitte direkt beim Kiewer GIZ-Büro an (Frau Natalie Wagenbach, Junior Advisor, GIZ Ukraine, E-Mail: natalie.wagenbach@giz.de). Sie erhalten dann eine Einladung mit Anmeldungslink.


Weitere Informationen zum Spendenprozess für den ukrainischen Energiesektor finden Unternehmen auf den Internetseiten der Deutsch-Ukrainischen Energiepartnerschaft und des Verbands kommunaler Unternehmen e.V. (VKU)

Nach Angaben der GIZ hat die Initiative bereits den Spendenprozess von Waren im Wert von über 1 Millionen Euro begleitet. Insgesamt wurden 742 Güter zur Unterstützung der Ukraine im Energiebereich logistisch abwickelt und zugestellt. So spendete Siemens ein halbes Dutzend Leistungsschalter für Umspannwerke.

Die GIZ unterstützt ferner mit der Informationskampagne "Tepla Kraina" (warmes Land) ukrainische Verbraucher dabei, ihre Häuser ressourcenschonend zu heizen. Der Slogan der Kampagne lautet "Lasst uns gemeinsam den Winter besiegen!"

Stromabschaltungen sollen Netz stabilisieren

Infolge des Beschusses der Energiesysteme waren zeitweise bis zu 1,5 Millionen Haushalte in der Ukraine ohne Strom. Wasserpumpen, Heizkessel und Kommunikationsanlagen fielen aus. Um das Stromnetz vor Überlastung zu schützen, will die Regierung den landesweiten Energieverbrauch um 20 Prozent senken. U-Bahnen sollen seltener fahren und strombetriebene Straßenbahnen und Oberleitungsbusse durch Modelle mit Verbrennungsmotoren ersetzt werden. Weitere Einschränkungen der Stromversorgung sind laut Ukrenergo je nach Lage möglich. Um den Betrieb des Stromversorgungssystems aufrecht zu erhalten, setzt der Netzbetreiber Notstromaggregate ein.

Die Verbraucher folgen dem Aufruf zum Stromsparen bereits und reduzieren ihren Verbrauch in den Stoßzeiten am Morgen und Abend. Wo dies nicht reicht, schaltet der Netzbetreiber Ukrenergo in ganzen Stadtteilen stundenweise den Strom ab. Zugleich bereitet sich das Land auf mögliche Energienotlagen vor und forciert die Aufstellung mobiler Stromquellen. In der Hauptstadt Kiew sollen über 1.000 Heizstellen mit Generatoren eingerichtet werden, verkündet Bürgermeister Vitali Klitschko.

Ukraine setzt Stromexporte nach Europa aus

Als weitere Sparmaßnahme setzt die Ukraine seit dem 11. Oktober 2022 die Exporte von Strom aus. Das osteuropäische Land verfügt über Erzeugerkapazitäten von rund 30 Gigawatt, bei einem aktuellen Strombedarf in Spitzenlastzeiten von 12 Gigawatt. Seit Mitte März 2022 ist das Land mit dem europäischen Netzverbund ENTSO-E verbunden. Exportiert wurde bis dato vor allem Strom aus Atom- und konventionellen Kraftwerken, wie aus dem Steinkohlekraftwerk Burschtyn im Gebiet Iwano-Frankiwsk. Auch dieses wurde von der russischen Armee schwer beschädigt. Am 27. Oktober 2022 hat der staatliche Stromhändler der Ukraine, Energy Company of Ukraine, einen ersten Testimport von Strom aus der EU durchgeführt. Stromimporte aus der EU könnten eine weitere Möglichkeit zur Stabilisierung des ukrainischen Energiesystems sein.

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