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Wirtschaftsumfeld | Ukraine | Krieg in der Ukraine

Neue Plattform bündelt deutsche Wiederaufbau-Hilfe für Ukraine

Mit einer neuen Plattform will die Bundesregierung die deutschen Akteure beim Wiederaufbau der Ukraine vernetzen. Zum Start gab es einen offenen Austausch zu dieser Mammutaufgabe.

Von Gerit Schulze | Berlin

Seit Ende März 2023 ist die neue Plattform Wiederaufbau Ukraine aktiv. Sie wurde von der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) initiiert.

Der Wiederaufbau sei "eine Mammutaufgabe", sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze zum Start der Plattform am 27. März 2023 in Berlin. Er müsse gut koordiniert sein, sowohl international als auch in Deutschland. Sie verwies darauf, dass das Engagement bereits groß sei. "Kommunen, Unternehmen, Vereine, Kliniken und viele  weitere nichtstaatliche Akteure wirken schon jetzt ganz aktiv am Wiederaufbau mit", so die Ministerin.

Über Klinikpartnerschaften erhalten traumatisierte Menschen in der Ukraine psychologische Hilfe, gelangen Medikamente und Medizintechnik ins Land. Die Bundesregierung hilft deutschen Kommunen, größere Anschaffungen für ukrainische Partnerstädte wie Löschfahrzeuge oder Generatoren zu finanzieren.

Konkrete Aufbauhilfe über Städtepartnerschaften

Laut BMZ gibt es inzwischen 150 Partnerschaften auf kommunaler Ebene. Das Ministerium unterstützt solche Kooperationen 2023 mit rund 25 Millionen Euro. Hinzu kommt eine enorme Hilfsbereitschaft der Menschen in Deutschland, die seit Kriegsbeginn laut Ministerin Schulze über 800 Millionen Euro zugunsten der Ukraine gespendet haben. "Das ist einmalig in der deutschen Nachkriegsgeschichte."

Die neue Plattform soll dieses nichtstaatliche Engagement stärken und Akteure zusammenbringen, die bislang kaum Berührungspunkte bei der Ukrainehilfe hatten. Der Fachaustausch wird über Konferenzen und Workshops erfolgen - zusammen mit ukrainischen Partnern. Die Webseite der Plattform stellt Informationen und Erkenntnisse aus dem Fachdialog bereit.

Botschafter ermuntert zu mehr Handel mit der Ukraine

Der ukrainische Botschafter in Berlin, Olexii Makejew, nannte die Plattform "einen wichtigen Baustein für den Wiederaufbau" seines Landes. Er ermunterte die deutsche Wirtschaft, ihren Handel mit der Ukraine auszubauen und mehr Waren dort einzukaufen. "Das schafft Arbeitsplätze, und die Menschen kehren dann eher in ihre Heimat zurück."

Udo Philipp, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK), verwies auf die Investitionsgarantien des Bundes, mit denen auch Kriegsrisiken abgesichert seien. Als Beispiel für erfolgreiche Zusammenarbeit nannte er die Deutsch-Ukrainische Energiepartnerschaft, über die in den letzten Monaten wichtige Ersatzteile für zerstörte Kraftwerke und Umspannstationen beschafft wurden.

"Jeder investierte Euro wird sich doppelt und dreifach auszahlen."

Ohne Beteiligung der Privatwirtschaft werde der Wiederaufbau der Ukraine aber kaum gelingen, betonte Dominik Schnichels, Abteilungsleiter für Außenwirtschaftspolitik im BMWK. "Der Staat allein kann das nicht schaffen." Er empfiehlt den Aufbau eines "Business Advisory Council", der beim Wiederaufbauprozess "als eine Art Frühwarnsystem darauf hinweist, wenn etwas schief läuft." Ein solches Gremium hatten wichtige Wirtschaftsverbände wie der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft bereits angeregt.

Schnichels unterstrich beim Start der Wiederaufbau-Plattform, wie wichtig der Kandidatenstatus der Ukraine für einen EU-Beitritt sei. "Jeder Euro, den Unternehmen heute dort investieren, wird sich dadurch doppelt und dreifach auszahlen."

Dezentrale Mittelverteilung angemahnt

Ein großes Hemmnis für Investitionen in der Ukraine war in der Vergangenheit die Korruption. Um den Missbrauch bei der Verteilung der Aufbauhilfen zu verhindern, müssen die Antikorruptionsbehörden besser funktionieren, sagte Georg Milbradt, Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die Verwaltungsmodernisierung der Ukraine. Die Mittel sollten auf viele Ebenen verteilt werden, und nicht in einem zentralen Fonds beim Präsidenten landen. An der Verteilung müssten Vertreter der Kommunen beteiligt sein, mahnte Milbradt an. Es sei wichtig, die ukrainischen Institutionen weiter zu stärken und die Entflechtung der Oligarchenstrukturen voranzutreiben.

Wirtschaftsvertreter bringen ihre Ideen ein

Vertreter von Wirtschaftsverbänden und Mittlerorganisationen konnten bei einer Themenstation zum nachhaltigen Wiederaufbau der Ukraine ihre Erwartungen an die neue Plattform einbringen. Das Forum wurde von Germany Trade & Invest vorbereitet und zusammen mit dem Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft moderiert.

Die versammelten Expertinnen und Experten mahnten Transparenz und dezentrale Ansätze für die Mammutaufgabe an. Rechtssicherheit und ein verlässlicher regulatorischer Rahmen seien immens wichtig, um das Vertrauen der Investoren zu gewinnen. Die Unternehmen wünschen sich mehr Informationen zu Finanzierungsmöglichkeiten und zur Absicherung von Geschäften mit und in der Ukraine. Außerdem regten sie an, kleine und mittelständische Betriebe auf beiden Seiten stärker in den Prozess einzubeziehen. Wichtig ist den Vertretern der Wirtschaft ein effizienteres Matchmaking – also deutsche und ukrainische Akteure besser zu vernetzen und dafür geeignete Formate zu schaffen.

Nachhaltigkeit und hohes Tempo sind in Einklang zu bringen

Ein Schwerpunkt des Wiederaufbaus soll auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz liegen. Dabei müssten auch die kommunalen Betriebe der Wasser- und Abfallwirtschaft einbezogen werden, hieß es beim Meinungsaustausch. Die Experten verwiesen auf das Dilemma, die Ukraine einerseits schnell wiederaufzubauen und andererseits den Prozess nachhaltig und mit hoher Qualität umzusetzen. Solche und weitere Themen sollen bei Fachworkshops in den kommenden Monaten diskutiert werden.

Auch Forschung und Start-ups sollen Beitrag leisten

Einige Teilnehmer schlugen vor, Wissenschaft und Forschung beim Wiederaufbauprojekt mehr einzubinden, etwa bei der Produktion von Wasserstoff. In der Ukraine ist die Markteinführung von Forschungsergebnissen häufig noch ein schwieriger Prozess. Auch die rund 1.500 ukrainischen Start-ups könnten in Zukunft eine wichtigere Rolle spielen, um das Land innovativer und wettbewerbsfähiger zu machen.

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