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Markttrends

Die Abfall- und Recyclingwirtschaft wächst. Es wird jedoch noch viele Jahre dauern, bis sie das Erwachsenenalter erreicht. Es fehlt der Druck von Seiten des Gesetzgebers.

Von Roland Rohde | Washington, D.C.

Kreislaufwirtschaft steckt noch in den Kinderschuhen

Im März 2023 gab die staatliche Umweltbehörde EPA bekannt, dass die US-Regierung 100 Millionen US-Dollar (US$) für nationale Recyclingprojekte zur Verfügung stellt. Dabei handelt es sich um den größten Betrag seit 30 Jahren. Hinzu kommen noch einmal 275 Millionen US$ über das Solid Waste Infrastructure for Recycling Grant Program, ein Paket im Rahmen des "Infrastructure Investment and Jobs Act" von November 2021.

Auch das US-Energieministerium dreht den Geldhahn auf. Es vergab nach eigenen Angaben im Februar 2023 einen Kredit in Höhe von 2 Milliarden US$ an das Unternehmern Redwood Materials. Dieses wird in Nevada eine integrierte Recyclinganlage für Batterien von Elektroautos bauen. Redwood Materials wird die dort gewonnenen Anoden und Kathoden zur Produktion neuer Batteriezellen nutzen. Partner sind unter anderem Volkswagen und Panasonic.

Wenn man die gewaltigen Summen betrachtet, die der Fiskus in andere Bereiche der Infrastruktur investiert, handelt es sich bei zusammengerechnet knapp 2,4 Milliarden US$ um eine sehr geringe Summe. Mit anderen Worten: Die Abfallwirtschaft besitzt auch keinen großen Stellenwert unter der Biden-Administration, die dem Umwelt- und Klimaschutz sehr gewogen ist. Hinzu kommt, dass die Kommunen die Abfallwirtschaft verantworten.  

Großes Interesse an deutscher Technologie

Im Vergleich zu Deutschland oder Japan hinken die USA in Sachen Recycling nach Einschätzung von Branchenkennern um einige Jahrzehnte hinterher. Dadurch ergibt sich auf der Positivseite ein enormer Nachholbedarf und ein entsprechendes Marktpotenzial. Das zeigte sich auch anlässlich einer Delegationsreise deutscher Recyclingunternehmen nach New York im Oktober 2023 im Rahmen des Markterschließungsprogramms des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK). US-amerikanische Behörden und Dienstleister zeigten sich sehr an deutscher Technologie interessiert oder suchten Partner für ihre Projekte.

Nach Angaben der Fachzeitschrift Waste Dive summierte sich das Marktvolumen der Abfallwirtschaft 2022 auf 91 Milliarden US$, ein Plus von 11 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die 100-Milliarden-US$-Grenze dürfte damit 2023 oder spätestens 2024 überschritten werden. Die Firma Republic Services, Nummer 2 der Branche, schätzt den Markt für Abfallmanagement und Recycling auf 78 Milliarden US$. Hinzu kommen noch einmal 29 Milliarden US$ für weitergefasste Umweltdienstleistungen.

Marktvolumen Abfallwirtschaft 2022
Segment

Milliarden US$

Abfalleinsammlung

76,2

Behandlung und Beseitigung

25,8

Recyclingtechnologie

8,8

Insgesamt

110,8

Quelle: IBIS World, September/Oktober 2023

Das Marktforschungsunternehmen IBIS World kommt für 2022 auf einen Marktwert der Abfallwirtschaft von 110 Milliarden US$. Den Anteil für Recycling beziffert es auf knapp 9 Milliarden US$. Bis 2028 gehen die Experten von niedrigen einstelligen Wachstumsraten für den Wiederverwertungssektor aus. Damit dürften sie sich auf der vorsichtigen Seite befinden. 

Prognose zur Entwicklung des US-Recyclingsektors
 

2023

2028

Umsatz (in Mrd. US$)

9,2

10,4

Anzahl Firmen

1.079

1.186

Angestellte

25.556

28.984

Quelle: IBIS World, Oktober 2023

Bei den Investitionen geht es steil aufwärts. So legten die erbrachten Bauleistungen im Bereich Abwasser- und Abfallentsorgung 2022 um 14 Prozent auf 33 Milliarden US$ zu, so das nationale Statistikamt. In den ersten acht Monaten 2023 stiegen die Bauleistungen um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Bis zum Dezember rechnet das Statistikamt mit einem Wert von 41 Milliarden US$.

Der Markt ist uneinheitlich und unübersichtlich

Der größte Nachteil, insbesondere für ausländische Unternehmen, ist die hohe Unübersichtlichkeit des Marktes. In jedem Bundesstaat gibt es unterschiedliche, teils stark voneinander abweichende Vorschriften. Zudem überwachen die Behörden die Gesetze kaum. Letztendlich organisiert jede Kommune das Aufsammeln und Wiederverwerten ihres Mülls auf unterschiedliche Weise. Ein paar Städte sind schon relativ fortschrittlich, insbesondere in Kalifornien und an der Ostküste. 

30 Jahre

und älter ist ein großer Anteil der eingesetzten Technologie in der Abfallwirtschaft

Doch nach Auffassung von David Vitale von der Umweltbehörde New York setzen die meisten Kommunen 30 Jahre alte Technik ein. In Bethesda etwa, einer wohlhabenden Stadt nahe Washington DC, trennen die Bürger für US-amerikanische Verhältnisse vorbildlich den Abfall in Restmüll, Gartenabfälle, Papier und Plastikflaschen. Die Müllabfuhr holt alles an einem einzigen Tag ab. Doch die Tonnen entleeren die Mitarbeiter der Entsorger mit reiner Muskelkraft in den Abfuhrwagen. 

Daher bestehe, so Vitale, praktisch in allen Bereichen der Abfall- und Versorgungswirtschaft ein - zumindest theoretisch  - hoher Bedarf an moderner Technik. Der Markt werde aber vor allem von den Gesetzen und Vorgaben der Behörden getrieben. Unternehmen und Entsorgungsbetriebe investierten zumeist nur das, was absolut notwendig sei. Ein besonders großes Markt- und Zukunftspotenzial sieht er beim Recycling von Solarmodulen und bei Batterien für Elektroautos. 

Solarmodulen und Batterien für E-Autos bieten Potenzial

Bislang landen bis zu 90 Prozent aller ausgedienten Solarmodule auf Mülldeponien. Diese berechnen für die Annahme eines ausgedienten Solarmoduls maximal 2 US$. Wenn das enthaltene Material als gefährlich eingestuft wird, was bei Solarmodulen der Fall sein kann, steigt die Gebühr auf 5 US$. Solar Cycle - eine Firma aus Texas - muss im Vergleich dazu 18 US$ für jedes zu entsorgende Solarmodul berechnen. Sie berichtet dennoch von einer guten Auftragslage, denn nicht jede Deponie nimmt Solarmodule an. Daneben gebe es Kunden, die ganz bewusst mehr Geld für das Recycling der Solarmodule ausgeben wollen.

Ausgewählte Investitionsprojekte in den USA
Projekt

Investition (in Millionen US$)

Stand

Projektträger
Batterie-Recycling-Anlagen in Nevada

2.000 

in PlanungRedwood Materials
PET-Recycling in Georgia

200

Baubeginn Oktober 2023, Inbetriebnahme 3. Quartal 2025Revalyu
Umstellung von 50% der Müllwagenflotte auf Elektroantrieb

k.A.

Bis 2028Republic Services
Quelle: Waste Dive, Oktober 2023

Ein Recyclingmarkt für Batterien von Elektroautos befindet sich erst im Aufbau. Dennoch wird er angesichts der rasch voranschreitenden Elektromobilität in den nächsten Jahren exponentiell wachsen. Aqua Metals, ein Recyclingunternehmen aus Nevada, erwartet, dass bis 2030 rund 15 Millionen Tonnen Autobatterien ausgemustert werden. Der Markt erreicht dann ein Volumen von 18,7 Milliarden US$. 

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