Sie sind ein ausländisches Unternehmen, das in Deutschland investieren möchte?

Branche kompakt | USA | Ernährungswirtschaft

Markttrends

Fleisch und Molkereierzeugnisse erweisen sich als Lichtblicke. Sich verändernde Konsumgewohnheiten stellen die Hersteller von Süßwaren und Snacks hingegen vor Herausforderungen. 

Von Heiko Stumpf | San Francisco

Wie in den Vorjahren dürfte die Nahrungsmittelindustrie in den USA ihre Umsätze erneut durch Preiserhöhungen steigern, zumal höhere Kosten infolge der Zollpolitik der US-Regierung an die Verbraucher weitergegeben werden. Das eigentliche Ziel der Unternehmen ist jedoch ein anderes: Eine höhere mengenmäßige Produktion, denn nur über steigende Verkaufsvolumina lassen sich Marktanteile ausbauen und neue Kundengruppen erschließen.

Inwieweit dies gelingt, ist fraglich. Nachdem die Nahrungsmittel- und Getränkehersteller im Vorjahr eine mengenmäßige Steigerung von etwa 1,1 Prozent erzielen konnten, wagt das Marktforschungsinstitut Circana für 2025 nur eine unsichere Prognose mit einer Bandbreite von 0 bis 1 Prozent.

Über 50 %

der täglichen Kalorienzunahme besteht in den USA aus stark verarbeiteten Nahrungsmitteln.

Ende 2024 lagen die Lebensmittelpreise in den USA laut Circana um 31 Prozent über dem Niveau des Vor-Corona-Jahres 2019, wodurch viele Konsumenten an ihre Belastungsgrenze kamen. Durch die unberechenbare Zollpolitik von US-Präsident Trump wird ein Wiederaufflammen der Inflation befürchtet. Laut dem US Department of Agriculture (USDA) dürfte die Teuerungsrate für Nahrungsmittel im Jahresdurchschnitt 2025 ein Niveau von 3,5 Prozent erreichen, was die Nachfrage nach Lebensmitteln voraussichtlich dämpfen wird.

Fleisch und Käse stärker nachgefragt

Leichte Zuwächse verzeichnet die Fleischproduktion – laut Prognosen von USDA wird für 2025 ein Anstieg um rund 0,5 Prozent auf 49,1 Millionen Tonnen erwartet. Je nach Marktsegment fällt die Entwicklung jedoch unterschiedlich aus. Bei Rindfleisch dürfte es einen Rückgang geben auf 12,1 Millionen Tonnen (-1,1 Prozent). Nach einer längeren Dürre müssen die Farmer in von Viehzucht geprägten Bundesstaaten wie Nebraska, Oklahoma und Texas ihre Rinderherden erst wieder aufstocken, weshalb es an Schlachtvieh für die lokale Verarbeitung mangelt.

Die Produktion von Schweine- und Geflügelfleisch steigt hingegen auf 12,7 Millionen Tonnen (+1,0 Prozent) beziehungsweise 23,9 Millionen Tonnen (+1,1 Prozent). Der Appetit auf Fleisch bleibt in den USA erhalten. Nach USDA-Prognosen dürfte der jährliche Prokopfverbrauch bis 2034 auf rund 107 Kilogramm ansteigen – ein Plus von 2,9 Prozent gegenüber 2024.

Auch die Molkereiwirtschaft setzt ihren Aufwärtstrend fort. Die Milchproduktion wird für 2025 auf 103 Millionen Tonnen geschätzt – und soll laut USDA bis 2030 um durchschnittlich etwa 2,1 Prozent pro Jahr ansteigen. Zwar geht die Menge getrunkener Milch kontinuierlich zurück, dafür steigt die Nachfrage nach Molkereierzeugnissen wie Käse, Butter und Joghurt. Die US-Käseherstellung dürfte 2025 mit rund 6,6 Millionen Tonnen (+1,6 Prozent) einen Rekordwert erreichen.

Die Euphorie um pflanzliche Alternativprodukte zu tierischen Eiweißen aus Fleisch, Fisch, Milch und Eiern erlebte hingegen zum zweiten Mal in Folge einen Dämpfer. Laut Studien des Good Food Institute gab es 2024 einen mengenmäßigen Rückgang um etwa 5 Prozent. Auch beim Umsatz ging es bergab, mit -4 Prozent auf rund 8,1 Milliarden US-Dollar (US$).

Hersteller von Backwaren und Snacks müssen sich neuen Essgewohnheiten stellen

Die Produzenten solcher Produkte stehen vor einer gemeinsamen Herausforderung: Die wachsende Nachfrage nach GLP-1-basierten Abnehmspritzen beschleunigt in den USA einen Trend zu gesünderer Ernährung. Laut einer Anfang 2025 von Ernst & Young veröffentlichten Studie könnte der Konsum von Süßwaren und salzigen Snacks bis 2034 um etwa 3 Prozent sinken, was den Herstellern bis zu 12 Milliarden US$ an jährlichem Umsatz kosten könnte. GLP-1-Nutzer berichten demnach von einem Rückgang des Konsums von Snacks und Süßwaren um 40 bis 60 Prozent. 

Appetitzügler auf dem Vormarsch: Krempeln Abnehmspritzen den Markt für Nahrungsmittel um?

Rund 40 Prozent der US-Bevölkerung gelten als übergewichtig. Da verwundert es nicht, dass sich Medikamente wie Zepbound und Wegovy zum Verkaufsschlager entwickeln. Die neuen Wunderwaffen gegen Übergewicht wurden ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt und basieren auf dem Wirkstoff Semaglutid. Dieser ahmt das Hormon GLP-1 nach, welches ein Gefühl der Sättigung erzeugt.

Laut Studien von Ernst & Young Parthenon nutzten 2024 bereits 0,5 Prozent der US-Bevölkerung GLP-1 basierte Medikamente. Bis 2030 könnte dieser Anteil auf 13 bis 21 Prozent steigen, was je nach Entwicklung zwischen 30 und 50 Millionen Menschen entsprechen würde. Eine Richtung, die Vorteile für die öffentliche Gesundheit verspricht, aber mit tiefgreifenden Veränderungen im Konsumverhalten einhergehen dürfte.

Trend 1: Nutzer solcher Medikamente essen deutlich weniger. Laut einer KPMG-Analyse aus dem Jahr 2024 sinken die monatlichen Ausgaben von GLP-1-Nutzern für Lebensmittel im Schnitt um 31 Prozent. Auf das Jahr hochgerechnet entspricht das einem potenziellen Rückgang der US-weiten Ausgaben für Nahrungsmittel und Getränke um etwa 48 Milliarden US$. Auch Impact Analytics rechnet mit einem rückläufigen Lebensmittelkonsum: Laut dem Marktforschungsinstitut könnte der durchschnittliche tägliche Kalorienkonsum pro erwachsener Person in den USA bis 2030 auf 2.800 bis 3.500 Kalorien sinken – ausgehend von derzeit etwa 3.600 Kalorien pro Tag.

Trend 2: Nutzer von Abnehmspritzen essen nicht nur weniger – sie essen auch anders: Der Appetit auf Süßes, salzige Snacks, Backwaren oder Softdrinks schwindet, während frisches Obst, Gemüse, Joghurt, Eier und proteinreiche Snacks wie Nüsse an Beliebtheit gewinnen. Laut Studien legt der Verzehr von Proteinprodukten um bis zu 65 Prozent zu, bei Obst und Gemüse könnten es sogar 80 Prozent sein.

Wie reagieren die Unternehmen? Einige Lebensmittelhersteller – allen voran Conagra Brands – reagieren früh auf den GLP-1-Boom und entwickeln gezielt eigene Labels, die Nutzer von Abnehmmitteln ansprechen sollen. Seit Januar 2025 versieht Conagra Brands bestimmte Produkte seiner Healthy-Choice-Reihe mit einem Label, das diese als "GLP-1 friendly" kennzeichnet – insbesondere solche, die einen hohen Proteingehalt und niedrige Kalorien aufweisen. Auch General Mills bewirbt proteinhaltige Produkte gezielt bei GLP-1-Konsumenten. Danone richtet die Vermarktung von proteinreichen Produkten wie Oikos gezielt auf den neuen Kundenkreis aus. Ebenso brachte Nestlé mit Vital Pursuit eine spezielle Produktlinie heraus.

Vor diesem Hintergrund zielt auch Mars mit der geplanten Übernahme von Kellanova auf eine breitere Produktpalette ab – um neben klassischen Süßwaren verstärkt gesündere Alternativen wie proteinreiche Snacks anzubieten. Diese sind insbesondere bei der Generation Z und den Millennials beliebt. Beobachter sprechen von einer regelrechten "Snackification", die bei jüngeren Menschen besonders stark ausgeprägt sei. Klassische Mahlzeiten werden dabei immer häufiger durch gesunde, praktische Zwischenmahlzeiten ersetzt.

Das proteinreiche und funktionale Snacks im Trend liegen, macht sich auch bei den Backwaren bemerkbar. Der Prokopfverbrauch von Weizenmehl lag 2024 bei 58,5 Kilogramm – ein Rückgang von 12 Prozent innerhalb der vergangenen zehn Jahre. Wachstum entsteht dadurch nur noch durch den Bevölkerungsanstieg, nicht mehr durch höheren Einzelkonsum. Aufgrund veränderter Frühstücksgewohnheiten geht vor allem die Nachfrage nach Zerealien zurück.

Umwälzungen im Getränkemarkt

Auch auf dem Markt für alkoholische Getränke sorgen sich verändernde Konsumgewohnheiten für Bewegung. Jüngere wie die Generation Z trinken weniger Alkohol und lassen sich vor allem nicht mehr als loyale Bier- oder Weintrinker kategorisieren.

Der Bierverbrauch dürfte 2024 den niedrigsten Stand seit 40 Jahren erreicht haben. Laut Prognosen von S&D Insights soll es 2025 einen weiteren volumenmäßigen Rückgang um 2,1 Prozent geben. Der Weinkonsum dürfte mit 3,9 Prozent noch stärker sinken. Während auch klassische Spirituosen rückläufig sind, sorgen junge Konsumenten mit ihrem Wunsch nach Vielfalt für Wachstum bei Ready-to-Drink-Cocktails und Hard Seltzers – das hält den Gesamtmarkt für Spirituosen 2025 voraussichtlich stabil (+0,2 Prozent).

Das mengenmäßige Marktvolumen für alkoholfreie Getränke dürfte 2025 laut der Beverage Marketing Corporation um 0,5 bis 1,5 Prozent zulegen. Steigendes Gesundheitsbewusstsein sorgt jedoch auch hier für Veränderungen. Produkte mit hohem Zucker- oder Süßstoffgehalt wie kohlensäurehaltige Softdrinks und Fruchtsäfte verlieren an Zuspruch. Das Wachstum wird vor allem durch eine höhere Nachfrage nach abgefülltem Trinkwasser getragen (+2 bis 3 Prozent). Mit einem erwarteten Zuwachs von 3 bis 4 Prozent floriert auch das Geschäft mit Energydrinks. Auch funktionelle Getränke mit gesundheitsfördernden Zusätzen wie Vitaminen oder Ballaststoffen bieten Potenzial.

Dieser Inhalt gehört zu

nach oben
Feedback
Anmeldung

Bitte melden Sie sich auf dieser Seite mit Ihren Zugangsdaten an. Sollten Sie noch kein Benutzerkonto haben, so gelangen Sie über den Button "Neuen Account erstellen" zur kostenlosen Registrierung.