US-Sanktionsvorschriften erfassen auch Exporte außerhalb des US-Territoriums. Zu unterscheiden sind güterbezogene Sanktionen von denjenigen gegenüber Personen und Unternehmen.
Was den Inhalt der Sanktionen angeht, so ist zunächst zwischen güterbezogenen und Sanktionen gegenüber gelisteten Personen und Unternehmen zu unterscheiden.
Güterbezogene Sanktionen
Unmittelbar nach der Anerkennung der Donezker Volksrepublik (DNR) und der Lugansker Volksrepublik (LNR) durch Russland haben die USA am 21. Februar 2022 mit E.O. 14065 den Geltungsbereich der im Zuge der Krimannexion erlassenen E.O. 13660, 13661, 13662, 13685 und 13849 ausgeweitet.
Am 24. Februar hat das BIS neue güterbezogene Exportkontrollen für Russland erlassen. Hiernach sind alle durch die Commerce Control List (CCL) kontrollierten Güter der Kategorien 3-9 künftig für die Ausfuhr nach Russland genehmigungspflichtig.
Außerdem gilt gemäß Suppl. 1 to Part 740 EAR für einige US-Komponenten eine De-Minimis Schwelle von 0 Prozent. Darüber hinaus hat das BIS in einer Entity List 49 russische Empfänger gelistet, an die kein Gut, das unter die EAR fällt, exportiert, reexportiert oder verbracht werden darf.
Zu beachten sind auch zwei weitere Regelungen: Gemäß & 734.9 (f) EAR unterliegen bestimmte Güter einem Exportverbot nach Russland. Es handelt sich dabei unter anderem um Waren, die auf US-Technologien der ECCN (Export Control Classification Number)-Kategorien 3-9 basieren. Schließlich besteht ein Exportverbot bestimmter für den Erdöl- und Erdgassektor in Russland relevanter Güter. In einer Zusammenfassung sind die in die Zuständigkeit des BIS fallenden Regelungen abrufbar. Für zahlreiche Industrieprodukte hat das BIS weitere Genehmigungspflichten eingeführt. In seinen Erläuterungen vom 9. Mai 2022 führt das BIS die Produkte im Einzelnen gemäß der entsprechenden Klassifizierung auf und erläutert das Verhältnis zu bereits bestehenden Genehmigungspflichten.
Mit E.O. vom 8. März 2022 haben die USA ein Importverbot im Energiesektor verhängt. Es umfasst Rohöl, Petroleum, Petroleumbrennstoffe und -öle einschließlich Destillationsprodukte, sowie Flüssigerdgas, Kohle und Kohleprodukte mit Ursprung in Russland. Ein Importverbot besteht auch gemäß der auf der Grundlage der E.O.14068 ergangenen Entscheidung des OFAC für russisches Gold.
Mit Executive Order vom 11. März haben die USA weitere Im- und Exportverbote festgelegt. Dies betrifft unter anderem die Einfuhr von Fisch, alkoholischen Getränken und nichtindustriellen Diamanten mit Ursprung in Russland sowie alle anderen Erzeugnisse mit Ursprung in Russland, die in Absprache mit dem Außenminister und dem Handelsminister festgelegt werden können.
Bezüglich des Exports ist die Ausfuhr und Wiederausfuhr aus den USA oder durch eine US-Person (egal, wo sie sich befindet) von Luxusgütern und anderen Gegenständen, die vom Handelsminister in Absprache mit dem Außenminister und dem Finanzminister festgelegt werden können, an eine Person in Russland untersagt.
Ebenso untersagt ist die unmittelbare oder mittelbare Ausfuhr, Wiederausfuhr, der Verkauf oder die Lieferung von auf US-Dollar lautenden Banknoten aus den USA oder durch eine US-Person (unabhängig von ihrem Standort) an die russische Regierung oder an eine in Russland ansässige Person.
Zu beachten ist auch, dass jede Genehmigung, Finanzierung, Erleichterung oder Garantie einer Transaktion einer ausländischen Person durch eine US-Person (unabhängig von ihrem Standort) verboten ist, wenn die Transaktion dieser ausländischen Person gemäß dem vorab Gesagten verboten wäre, wenn sie von einer US-Person oder innerhalb der Vereinigten Staaten durchgeführt würde.
Sanktionen bezüglich gelisteter Personen und Unternehmen
Neben den güterbezogenen Sanktionen haben die USA auf der SDN-Liste (Special Designated Nationals) zahlreiche russische Personen, Organisationen und Unternehmen aufgeführt. Alle Beteiligungen und Vermögenswerte, die sich in den USA oder unter der Kontrolle von US-Personen befinden und deren Inhaber auf der SDN-Liste geführt werden, sind gesperrt und dem OFAC zu melden. Betroffen sind mittelbar auch alle Unternehmen, die zu 50 Prozent oder mehr in der Inhaberschaft der gelisteten Unternehmen stehen, wobei die Anteile mehrerer gelisteter Unternehmen zusammengerechnet werden. Darüber hinaus sind alle Transaktionen von US-Personen oder Transaktionen innerhalb der USA, die Eigentum oder Beteiligung an Eigentum von gesperrten Personen betreffen, untersagt. Erleichterungen im Bereich des geistigen Eigentums sieht hier die „General Licence“ 31 des Finanzministeriums vom 5. Mai 2022 vor. Auch wenn der Inhaber von Patent-, Marken- oder Urheberrechten zu gelisteten Personen gehört, sind in der Licence im Einzelnen benannte Maßnahmen zum Schutz des geistigen Eigentums zulässig.
Das Verbot, bezüglich auf der Grundlage von E.O. 14024 gelisteter Personen oder Unternehmen (beziehungsweise E.O.14038 und 13405 für belarussische Unternehmen und Personen) finanzielle, technologische oder materielle Unterstützung zu leisten oder Warenlieferungen oder Dienstleistungen zu erbringen, erstreckt sich auch auf Nicht-US-Personen. Per "General Licence" 8c vom 14.6.2022 sind bestimmte energiebezogene Transaktionen, in welche bestimmte, in der Licence genannte Banken, involviert sind, bis zu einem in der Licence genau definierten Übergangszeitraum, zulässig.
Bezüglich der auf der sogenannten „CAPTA“- Liste (Correspondent Account or Payable Through-Account Sanctions) geführten Banken ist es US-Finanzinstitutionen untersagt, für oder im Namen von auf der CAPTA-Liste gelisteten Unternehmen Korrespondenz- oder Durchlaufkonten zu eröffnen oder zu führen sowie Transaktionen, an der gelistete Banken beteiligt sind, abzuwickeln.
Sofern Unternehmen von Handelsbeschränkungen bezüglich eines bestimmten Wirtschaftssektors betroffen sind, werden diese in der SSI-Liste (Sectoral Sanctions Identifications) aufgeführt.
Die Listen sind auf der Homepage des OFAC abrufbar.
Eine Übersicht der vom OFAC verwalteten Sanktionen insgesamt ist online abrufbar.
Neuinvestitionen, Dienstleistungen
Per E.O. vom 6. April 2022 sind Neuinvestitionen in Russland durch US-Personen verboten, wo immer sie sich auch befinden. Ebenfalls verboten sind hiernach gemäß "Determination" des OFAC vom 8. Mai 2022 Buchhaltungs-, Treuhand- und Beratungsdienste in Russland im Zusammenhang mit Unternehmensgründungen oder deren Management. In den "General Licences" OFAC Nr. 34 und OFAC Nr. 35 ist festgelegt, bis zu welchem Datum solche Dienstleistungen noch zulässig sind.
Von Dr. Achim Kampf
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Bonn