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Branchen | Usbekistan | Textil- und Bekleidungsindustrie

Investitionsschub für Usbekistans Textilindustrie

Bis 2030 will Usbekistan mehr als 4 Milliarden US-Dollar in seine Textil- und Bekleidungsindustrie investieren. Etwa die Hälfte davon entfällt auf Technologieimporte.

Von Uwe Strohbach | Taschkent

Die usbekische Regierung treibt den Ausbau von Wertschöpfungsketten in der Branche voran. So sollen die Textil- und Bekleidungsexporte hinsichtlich Produktpalette und Volumen massiv ausgeweitet werden. 

Mittelfristig 4 Milliarden US-Dollar für 340 Projekte anvisiert 

Bis 2030 sind für diese Initiative mindestens 4 Milliarden US-Dollar (US$) für 340 Vorhaben vorgesehen. Im Schnitt entfällt die Hälfte davon auf den Import von Maschinen und Ausrüstung. Damit bleibt die Textil- und Bekleidungsindustrie einer der wichtigsten Investitions- und Zuliefersektoren für ausländische Unternehmen.   

Zwei Drittel der Investitionen erwartet die usbekische Regierung über Kreditlinien und ein Drittel über Eigenmittel der Investoren. Deutsche Banken, darunter die Commerzbank, die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) und die KfW IPEX Bank, dürften auch künftig finanziell begleiten. 

Die Regierung verfolgt mit dieser Strategie vier Hauptziele:

  1. die vollständige Verarbeitung des im Inland hergestellten Baumwollgarns durch lokale Unternehmen (im Jahr 2022 lag der Anteil bei 45 Prozent),

  2. die Produktion von jährlich 400.000 Tonnen synthetischen und Mischfasern für hochwertige Stoffe,

  3. bis 2030 die Verdreifachung des jährlichen Ausstoßes von Stoffen auf bis zu 3,6 Milliarden Quadratmeter und von Maschenwaren auf 670.000 Tonnen und 

  4. bis 2030 mindestens die Verdreifachung der wertmäßigen Jahresproduktion von Fertigerzeugnissen auf bis zu 20 Milliarden US$; allein durch die Inbetriebnahme neuer Kapazitäten im Jahr 2024 steigt die zusätzliche jährliche Wertschöpfung um etwa 700 Millionen US$.

Die Investitionsoffensive begegnet damit zwei aktuellen Herausforderungen: der beschleunigten Diversifizierung der Wirtschaft und der sich abschwächenden Nachfrage nach Zwischenprodukten wie Baumwollgarn und -stoffen auf den traditionellen Hauptabsatzmärkten Russland und Türkei. 

Kennwerte der usbekischen Textil- und Bekleidungsindustrie

 

2020

2021

2022

2023

Ausstoß der Textilindustrie (in Mio. US$) 

3.647

4.929

5.690

6.049

Reale Veränderung gegenüber Vorjahr (in %) 

17,4

19,5

9,9

6,4

Anteil am verarbeitenden Gewerbe (in %)

12,0

13,8

13,6

12,9

Ausstoß der Bekleidungsindustrie (in Mio. US$)

1.033

1.273

1.563

1.912

Reale Veränderung gegenüber Vorjahr (in %) 

7,2

18,7

5,8

9,9

Anteil am verarbeitenden Gewerbe (in %)

3,4

3,6

3,7

4,1

Quelle: Agentur für Statistik Usbekistans 2023/2024

Usbekistan setzt verstärkt auf ausgebaute Wertschöpfungsketten in den Teilbranchen. Hierzu zählen hochwertige Bekleidung einschließlich Markenwaren, Funktionstextilien und konfektionierte Textilwaren (Haus- und Heimtextilien). 

Projektpalette ist breit gefächert

Das Investitionspaket ist Bestandteil der Regierungsstrategie vom Herbst 2023 "Usbekistan 2030". Es fußt auf zentralen und regionalen Brancheninitiativen. 

So sieht die geplante Transformation der Provinz Buchara in ein Zentrum der Textil- und Bekleidungsindustrie im Zeitraum 2023 bis 2025/2026 mehrere Hundert Millionen US$ für dortige Baumwoll- und Textilcluster vor. In den Provinzen Andischan, Namangan und Kaschkadarja entstehen seit 2023 auf einer Gesamtfläche von 191 Hektar zahlreiche Gewerbegebiete, sogenannte kleine Industriezonen. Sie sind auf die Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie ausgerichtet. 

Das breite Projektportfolio der ins Auge gefassten Investitionen umfasst synthetische Fasern, Garn, Mischstoffe, Frotteehandtücher, Tischwäsche, Möbelstoffe und andere Heimtextilien, Maschenware sowie Fertigbekleidung und Accessoires. Darin enthalten sind auch die Digitalisierung von Branchenplayern und die Ausstattung von Laboren für die Qualitätskontrolle. Das Gros der Vorhaben entfällt auf die seit 2017 errichteten und sich ausweitenden 142 Baumwoll-Textil-Cluster. 

Exportpotenzial von 10 Milliarden US$ bis 2030 angepeilt

Höher veredelte Produkte sollen das Ausfuhrsortiment ausweiten und bei mehr Abnehmerländern Interesse finden  – so das Kalkül der usbekischen Regierung. Die Strategie "Usbekistan 2030" zielt auf ein reales Ausfuhrpotenzial im Jahr 2030 von 10 Milliarden US$. Textilien und Bekleidung bleiben somit die Hauptexportgüter der usbekischen verarbeitenden Industrie.

Dabei werden für die Ausfuhr stärker Markenprodukte angepeilt. Im Jahr 2023 exportierten usbekische Unternehmen für 1,2 Milliarden US$ Erzeugnisse unter 27 ausländischen Labels. Ende 2023 beauftragte die usbekische Regierung die nationale Handels- und Industriekammer mit der verstärkten Akquise von Aufträgen für usbekische Unternehmen über ausländische Markenhersteller und -händler. Im Fokus stehen dabei vor allem die Produktgruppen Heimtextilien, Unterwäsche, Freizeit- und Arbeitsbekleidung.

Bis 2027 sollen jährlich Textilien und Bekleidung im Wert von 1,2 Milliarden US$ in die EU-Länder gelangen, gegenüber etwas mehr als 200 Millionen US$ im Jahr 2022.

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Textilbranche setzt auf internationale Standards

Für die Ausweitung ihrer Exporte ringen die Branchenplayer verstärkt um den Erwerb internationaler Standards und Zertifikate. 

Ende 2023 waren mehr als 150 Unternehmen im Besitz von Zertifikaten 

  • für das Qualitätsmanagement ISO 14001, 

  • des Lieferantenaudits für die Einhaltung der Arbeitsbedingungen in der Lieferkette BSCI, 

  • des Lieferantenaudits für Geschäftsethik in der Lieferkette SEDEX und 

  • des Produktlabels Oeko-TEX®. 

Zudem haben Ende 2022/Anfang 2023 die ersten elf usbekischen Unternehmen die international anerkannte Zertifizierung WRAP für faire Arbeitsbedingungen, Umweltschutz und Einhaltung von Zollvorschriften und Sicherheitsstandards in der Bekleidungs-, Textil- und  Nähwarenindustrie erfolgreich durchlaufen. 

Entwicklung der usbekischen Textil- und Bekleidungsexporte nach Hauptwarengruppen (in Millionen US-Dollar)

 

2020

2021

2022

2023

Exporte, insgesamt

2.148

2.927

3.169

3.055

  Baumwollgarn 

941

1.613

1.452

1.253

  Fertige Textilerzeugnisse 

763

1.090

1.179

1.252

  Maschenware   

145

243

308

307

  Stoffe

97

132

175

177

  Strumpfwaren 

30

38

56

61

Quelle: Agentur für Statistik Usbekistans 2023/2024, Recherchen von Germany Trade & Invest

Staatliche Förderung 

  1. Kofinanzierung von Projekten und Umlaufmitteln

  2. Gewährung nicht rückzahlbarer Zuschüsse für den Technologiekauf

  3. Finanzhilfen bei Einführung internationaler Standards und Zertifikate

  4. Zoll- und Steuervergünstigungen, die für Unternehmen mit ausländischen Investitionen gelten, auch für einheimische, die mindestens 30 Prozent unter einem Markennamen fertigen

SWOT-Analyse der Textil- und Bekleidungsindustrie Usbekistans

S

Stärken Strengths

  • großes Aufkommen an Rohbaumwolle (circa 3 Millionen Tonnen und 23.000 Tonnen Kokons/Jahr) 
  • günstige Produktionskosten inklusive wettbewerbsfähiger Löhne
  • Wirtschaftszweig mit langjähriger industrieller Tradition 
  • großes Angebot an verfügbaren und motivierten Arbeitskräften für die Produktion
  • staatliche Förderung und großes Interesse an der Internationalisierung der Branche 
W

Schwächen Weaknesses

  • unzureichende Markttransparenz in der Bauwollwirtschaft (Baumwoll-Textil-Cluster) 
  • teils staatliche Überregulierung, häufige Änderungen (Gesetze, Steuern, Zölle und Förderungen)  
  • wenig Marken, schwach entwickelte Zulieferindustrie (teure Importe)
  • Mangel an hochqualifizierten Fachkräften (Designer, Ingenieure, Produktgestalter) 
  • hohe Transportkosten für das Exportgeschäft
O

Chancen Opportunities

  • massiver Ausbau von Wertschöpfungsketten 
  • breite Förderung exportorientierter Unternehmen  
  • gute Rahmenbedingungen und Stimuli für ausländische Investitionen 
  • großes und wachsendes Interesse an Kooperation mit dem westlichen Ausland
  • Präferenzsystem APS+ ermöglicht zollfreie Exporte in die EU 
T

Risiken Threats

  • stockende Umsetzung von Reformen in der Baumwollwirtschaft 
  • ausbleibende Neustrukturierung und Modernisierung im Baumwollanbau und der Seidenraupenzucht 
  • unzureichende Erfolge bei der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften
  • mangelnde Fortschritte bei der Textilzertifizierung nach international anerkannten Normen
  • zu wenig Engagement zur Sicherung zuverlässiger und kostengünstiger Transporte für den Export

Kontaktadressen 

Kontaktpartner in Deutschland und Usbekistan

Bezeichnung

Anmerkung

Germany Trade & Invest

Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft 

Delegation der deutschen Wirtschaft für Zentralasien, Büro in Usbekistan

Anlaufstelle für deutsche Unternehmen 

Usbekischer Verband der Textil- und Bekleidungsindustrie 

Branchenverband mit rund 2.000 Mitgliedern (diese stehen für das Gros des Branchenausstoßes), nimmt auch Aufgaben einer Behörde wahr, Ansprechpartner für ausländische Investoren, Zulieferer und Einkäufer   

Handels- und Industriekammer Usbekistans

Interessenvertretung usbekischer Unternehmen, Vermittlung von Geschäftspartnern, ab 2024 auch zuständig für die Ansiedelung in Gewerbegebieten und Exportförderung    

Verwaltungen der Provinzen

Ansprechpartner für regionale Branchenprojekte  

 

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