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Wirtschaftsausblick | Usbekistan
Usbekistans Wirtschaft legt konjunkturell spürbar zu - und das trotz negativer Auswirkungen des Russland-Ukraine-Kriegs. Neue Reformen stützen den Aufwärtstrend.
07.12.2022
Von Uwe Strohbach | Taschkent
Die usbekische Wirtschaft entwickelt sich im Gesamtjahr 2022 besser als im Frühjahr erwartet. Prognosen der Zentralbank Usbekistans zufolge ist mit einem realen Wachstum von bis zu 5,8 Prozent zu rechnen. Auch die Wachstumsaussichten für 2023 sind mit 4,5 bis 5 Prozent günstig. Der Internationale Währungsfonds, die Weltbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) prognostizieren für 2022 ein Plus von durchschnittlich 5,5 Prozent. Auch 2023 soll sich das Wachstum mit im Schnitt 5,4 Prozent unvermindert fortsetzen.
Zwar gehen der Ukrainekrieg und eine sich zuspitzende globale Wirtschaftskrise auch an Usbekistan nicht spurlos vorbei: Es werden weniger Waren über das Land umgeschlagen, was vor allem dem Logistikgewerbe schadet. Doch mehrere positive Trends in der usbekischen Wirtschaft gleichen dies aus, darunter:
Usbekistan genießt heute den Ruf als eines der weltweit reformfreudigsten Länder. Die hohe Reformdynamik gilt als einer der Garanten für das in den kommenden zwei Jahren erwartete reale Wirtschaftswachstum von 5 bis 6 Prozent. Damit einhergehen zahlreiche mittelfristige Branchenprogramme, die viele Geschäftschancen bieten. Beim Ausbau der Infrastruktur setzt das Land verstärkt auf öffentlich-private Partnerschaften. Insgesamt gilt das Land an der Seidenstraße somit als einer der chancenreichsten Zukunftsmärkte.
Es ist jedoch nicht zu verkennen, dass viele neue Regelungen noch nicht konsequent angewendet werden. Zudem besteht in vielen Feldern der Wirtschaft weiterhin ein großer Reformbedarf. Neue Initiativen sind aber auf dem Weg.
Indikator | 2021 | 2022 1 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 69,1 | 57,0 | 4.263 |
BIP pro Kopf (US$) | 1.980,2 | 1.603,4 | 51.238 |
Bevölkerung (31.12.; Mio.) | 35,3 | 35,8 2 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = ... Usbekistan-Sum) | 10.624,97 | 10.996,65 3 | - |
Die Planer der Regierung rechnen für 2023 bis 2025 mit Bruttoanlageinvestitionen in Höhe von etwa 94 Milliarden US-Dollar (US$). Für 2023 sind rund 29 Milliarden US$ avisiert, darunter 11 Milliarden US$ Direktinvestitionen und direkt vergebene Kredite aus dem Ausland. Hinzu kommen knapp 3 Milliarden US$ an ausländischen Darlehen, für die der Staat bürgt.
Das reale Wachstum der Investitionen im Gesamtjahr 2022 fällt mit voraussichtlich etwa 5 Prozent etwas geringer aus, als ursprünglich erwartet. Gründe dafür sind der Russland-Ukraine-Krieg und internationale Lieferkettenprobleme. Ab 2023 ist wieder mit mehr Investitionen zu rechnen, da Projekte wieder in Gang kommen oder neu gestartet werden. Bemerkenswert ist der anhaltend hohe Anteil von Maschinen, Ausrüstungen und Inventar an den insgesamt im Land realisierten Bruttoanlageinvestitionen. Im Zeitraum Januar bis September 2022 lag er bei 45,3 Prozent.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (in Millionen US$) | Zeitraum der Realisierung | Projektträger |
---|---|---|---|
Ausbau des Gaschemiekomplexes Schurtan (Polyethylen/Polypropylen) | 1.840 | 2021 bis 2024 | O‘zbekneftgaz AJ (Kofinanzierung: Konsortium ausländischer Banken) |
Erschließung der Tebinbulak-Eisenerzlagerstätte/Metallurgiekomplex Phase 1 - Produktion von 1,8 Mio. t metallisiertem Granulat, Autonome Republik Karakalpakstan | 1.600 | Projektierung für die Anreicherungsfabrik, Projektstart voraussichtlich 2023 | Enter Engineering Pte. Ltd. |
Windkraftpark in der Republik Karakalpakstan (1.500 MW) | 1.550 | Projekt in Vorbereitung, geplante Inbetriebnahme: 2027 | ACWA Power (Saudi-Arabien) |
Windkraftparks in den Landkreisen Peshku (400 bis 500 MW) und Gijduvon (500 MW), Zentralusbekistan | 1.270 | Projekt in Vorbereitung, geplante Inbetriebnahme: 2024 | ACWA Power (ACWA Power Dzhankeldy Wind/ACWA Power Bash Wind, Saudi-Arabien) |
GuD-Kraftwerk (1.500 MW; 10 Mrd. kWh/Jahr), Schirin (Provinz Syrdarja) | 1.200 | 2021 bis Anfang 2024 | ACWA Power/ACWA Power Sirdarya LLC (Saudiarabien), Technologielieferant/Turbinen: MHPS (Japan); Bauausführung: China Gezhouba (China) |
GuD-Kraftwerk (1.560 MW), Landkreis Angora, Provinz Surchandarja | 1.200 | 2022 bis 2024 | Stone City Energy (Niederlande), Partner: IDEF (Frankreich) und Siemens Energy (Deutschland) |
Produktion von Phosphordünger (274.000 t/Jahr) und Schwefelsäure (1,5 Mio. t/Jahr), Verarbeitung von Phosphorerzen (2,4 Mio. t/Jahr), Provinz Nawoi | 950 | Projekt in Vorbereitung, Umsetzung bis etwa 2025 | O´zkimyosanaot AJ, Ministerium für Investitionen und Außenhandel |
Modernisierung und Ausbau von Flughäfen in Usbekistan | 830 (ab 2023: 540) | 2021 bis 2026 | |
Modernisierung von 405 Kilometern des zentralasiatischen Straßenkorridors G´úzo - Buxoro - Nukus - Beyneu (Korridor CAREC 2) | 800 | 2021 bis 2025 (Kofinanzierung durch Geberbanken) | Avtomobil yo‘llari qo’mitasi (Komitee für Straßenwesen) |
Zweiter Komplex für die Produktion von PVC (120.000 t/Jahr), kaustischem Soda (90.000 t/Jahr) und anderen Produkten im Unternehmen Navoiyazot | 400 | 2021 bis 2024 | O´zkimyosanoat AJ, CAMC Engineering Co., LTD, HQC Shanghai Company |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite, Rubrik "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Die Inflation wird 2022 auf hohe 12 Prozent geschätzt und auch die Prognose für 2023 (+10 Prozent) lässt nicht aufatmen. Dennoch hat sich das reale Pro-Kopf-Einkommen der Bevölkerung mit seinem Plus von bis zu 9 Prozent im Jahr 2022 stabil entwickelt. Auch die Aussicht für 2023 ist mit bis zu +8 Prozent gut. Hinter dem Wachstum stehen Lohnzuwächse, steigende Einkünfte im Dienstleistungssektor und mehr private Verkäufe von Agrargütern. Weitere Treiber sind Rücküberweisungen aus dem Ausland (vor allem aus Russland) sowie der erstarkende Tourismus. Die positiven Entwicklungen spiegeln sich auch im Pro-Kopf-Einzelhandel wider. Dieser wächst 2022 um 9 Prozent und wird auch 2023 voraussichtlich um 8 Prozent zunehmen.
Die Kaufkraft im Land bewegt sich allerdings noch auf einem geringen Niveau. Die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben im Einzelhandel betrugen 2022 kaum mehr als 60 US$. In der Hauptstadt Taschkent kann es jedoch gut das Dreifache sein. Sowohl lokale als auch ausländische Handelsunternehmen expandieren daher, verstärkt auch in den Segmenten Einkaufszentren und Fachhandel. Sie profitieren sichtlich von der fortschreitenden Liberalisierung und Marktöffnung.
Die Importe steigen dank Handelsliberalisierung und regen Investitionen seit 2018 stetig an. Einzige Ausnahme bildet das Corona-Krisenjahr 2020. Die Gesamteinfuhren im Jahr 2022 betragen etwa das 2,5-fache gegenüber dem letzten Jahr vor den Reformen (2016). Die Ausfuhren stiegen in jenem Zeitraum um circa 50 Prozent. Preisbereinigt fallen die Zuwächse im Im- und Export aber geringer aus. Sowohl die Ein- als auch die Ausfuhren dürften auch 2023 zweistellige nominale Zuwächse verbuchen.
Bemerkenswert ist der hohe Anteil von Maschinen, Ausrüstungen, Transportmitteln und Kfz-Zulieferungen am Gesamtimport, welcher 2022 auf ein Drittel geschätzt wird. Das Gewicht dürfte 2023 noch zunehmen. Hierfür sprechen:
Deutschland ist laut usbekischen Angaben der Hauptbeschaffungsmarkt in der EU (Januar bis September 2022: 714 Millionen US$). Hauptbezugsländer und -absatzmärkte sind China und Russland (ohne Beachtung der Goldexporte). Im Export dominieren die Warengruppen Textilien/Bekleidung, Buntmetalle/Erzeugnisse daraus sowie Obst und Gemüse.
2020 | 2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 2 | |
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Importe (cif) 1 | 21.154 | 25.508 | 21.973 | 22,3 |
Exporte (fob) 1 | 15.102 | 16.663 | 14.052 | 35,7 |