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Zementindustrie soll klimafreundlicher produzieren
Die emiratische Regierung will den Zementsektor umweltfreundlicher machen. Überkapazitäten zwingen die Unternehmen zu einer starken Exportorientierung.
03.05.2023
Von Heena Nazir | Dubai
Nach Angaben des Analyseinstituts Business Monitor International erreichte die Zementindustrie in den Staaten des Golfkooperationsrats (Gulf Cooperation Council, GCC) im Jahr 2022 eine Marktgröße von etwa 143 Millionen Tonnen. Bis 2028 soll die Produktion auf 192 Millionen Tonnen jährlich ansteigen. Das entspräche einer jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate von 5 Prozent. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) verfügten 2022 mit einer installierten Gesamtkapazität von 40 Tonnen pro Jahr nach Saudi-Arabien (73 Tonnen pro Jahr) über den zweitgrößten Zementsektor in der GCC-Region.
Das Wachstum der Zementbranche hängt unter anderem wesentlich von der Nachfrageentwicklung des inländischen Bausektors ab. Der Gesamtwert der Projektvergabe in den Emiraten ging im Jahr 2022 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 25 Prozent auf etwa 19,4 Milliarden US$ zurück. Die Aussichten für 2023 sind aber positiv: Vorhaben in Milliardenhöhe wurden ausgeschrieben. Das sollte Experten zufolge auch die lokale Zementproduktion ankurbeln.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. US$) | Projektstand *) | Projektträger |
Etihad Railway Network: Phase 3 | 10.000 | ST | |
Khalifa Industrial Zone Abu Dhabi (Kizad): Phase 2 | 7.800 | DE | |
UZ1000 Expansion: Development of Surface Facilities | 7.000 | A | |
Dubai South Mixed-Use Development | 5.400 | DE | |
Ruwais Green Hydrogen Plant | 5.000 | FEED | |
Taziz Industrial Chemicals Zone - Phase II | 5.000 | ST | |
Fujairah LNG Project | 4.500 | PQ | |
Bur Dubai: Strategic Sewerage Tunnel | 4.500 | PQ | |
MBR City: Hartland Sanctuary | 4.000 | ST | |
Dubai International Financial Centre Expansion 2.0 | 3.200 | ST |
Branchenstruktur: Arkan Cement ist größtes Unternehmen
Im April 2023 produzierten in dem Wüstenstaat 15 integrierte Komplexe (Klinker- und Mahlwerke) Zement mit einer Gesamtkapazität von jährlich rund 40 Millionen Tonnen. Im Jahr 2019 (letzte verfügbare Zahlen) hatte der einheimische Konzern Arkan Cement mit 5,7 Millionen Tonnen pro Jahr die höchste installierte Gesamtleistung im Land. Auch internationale Firmen der Branche sind vertreten. Neben indischen Firmen (UltraTech, Aditya Birla, Binani, JK Cement, Shree Cement, JSW Cement) investierten unter anderem LafargeHolcim (Schweiz) und Cemex (Mexiko) in der Golfmonarchie.
Ausfuhren erreichen neues Spitzenniveau
Die Zementausfuhren erreichten mit mit einem Wert von 435 Millionen US$ im Jahr 2013 einen ersten Höhepunkt. Bis 2016 gingen die Exporte auf 277 Millionen US$ zurück. Kräftige Zuwächse konnten 2017 (auf 380 Millionen US$) und 2018 (auf 554 Millionen US$) verbucht werden. In den Jahren 2019 und 2020 wurden mit Ausfuhren im Wert von 498 Millionen US$ beziehungsweise 479 Millionen US$ dagegen Rückgänge verzeichnet. 2021 wurde mit 639 Millionen US$ ein neuer Spitzenwert erreicht. Zu den Hauptzielmärkten gehörten im Jahr 2021 neben Bangladesch (215 Millionen US$) und Oman (103 Millionen US$) auch Indien (44 Millionen US$).
Branchenkenner befürchten allerdings, dass die Ausfuhren mittel- bis langfristig wieder sinken werden. Die Wettbewerbsintensität in den Exportmärkten ist hoch. Zahlreiche Unternehmen im Golfstaat haben Schwierigkeiten, bei den niedrigen Preisen der Hersteller in Vietnam, Thailand, China und Indien mitzuhalten. Weiterhin liegen die Kapazitäten weit über der lokalen Nachfrage. Experten zufolge verbrauchen die Emirate nur etwa die Hälfte des Baustoffs, den sie herstellen können.
Das seit Jahren einzige größere laufende Neuprojekt ist das im Bau befindliche Zementwerk der irakischen Firma Saqr Alkeetan im Wert von rund 150 Millionen US$. Die Arbeiten begannen im August 2022, die Inbetriebnahme wird Mitte 2025 erwartet. Der Bauauftrag ging an das chinesische Unternehmen Sinoma International Engineering.
Neuer Trend: Waste-to-Energy-Lösungen für die Zementproduktion
Bei der Produktion von Zement entstehen große Mengen des Klimagases Kohlendioxid. Schätzungen zufolge verursacht die Herstellung einer Tonne des Werkstoffs etwa 600 Kilogramm CO₂-Emissionen, erklären Experten der ARD. Entsprechend gerät der Sektor zunehmend unter Druck, klimafreundlicher zu produzieren.
Die VAE wollen sich als Vorzeigeland präsentieren: Das Ministerium für Klimawandel und Umwelt (Ministry of Climate Change and Environment, MOCCAE) und das Abfallentsorgungsunternehmen Emirates RDF unterzeichneten vier Absichtserklärungen (Memorandum of Understanding, MOU) mit der heimischen Fujairah Cement Industries, der indischen JSW Cement, Star Cement sowie der französischen Lafarge, um alternative Energiequellen für die Produktion von Zement zu erschließen. Die Energie soll aus Waste-to-Energy-Anlagen aus Umm Al Quwain und dem Emirat Ajman kommen. Auf diesem Weg sollen die Zementwerke in dem Golfstaat künftig etwa 10 Prozent ihres gesamten Wärmeenergiebedarfs decken. Allerdings wurden keine weiteren Informationen über das Vorhaben veröffentlicht. Auch wurde kein Zeitraum genannt, bis wann das Ziel erreicht werden soll.
"Das alleine wird nicht reichen", warnen Experten. Für die Zementindustrie ist vor allem die klare politische Unterstützung für neuartige Technologien wie die Abscheidung, die Nutzung und die Speicherung von CO₂ (Carbon Capture, Utilization and Storage, CCUS) entscheidend, betonen Branchenkenner in Gesprächen mit Germany Trade & Invest (GTAI).