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Fachkräfte

Die VAE locken mit Wachstum und Infrastruktur, doch der Fachkräftemangel erschwert deutschen Unternehmen das Recruiting – trotz attraktivem internationalen Arbeitsmarkt.

Von Heena Nazir | Dubai

Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) zählen zu den Ländern mit der weltweit höchsten Abhängigkeit von ausländischen Arbeitskräften. Rund 88 Prozent der Erwerbstätigen kommen aus dem Ausland, viele aus Süd- und Südostasien. Der Anteil einheimischer Staatsbürger liegt lediglich bei 10 bis 12 Prozent. Besonders im Gesundheitswesen ist der Anteil ausländischer Fachkräfte hoch: Etwa 80 Prozent der Ärzte und 90 Prozent des Pflegepersonals haben keine emiratische Staatsangehörigkeit.

Die Bevölkerung ist im Schnitt 33 Jahre alt. Viele alleinstehende Männer leben als Arbeitsmigranten in den urbanen Zentren Dubai, Abu Dhabi und Sharjah. In dynamischen Sektoren wie Technologie, Finanzdienstleistungen und Gesundheit suchen Unternehmen zunehmend qualifiziertes Personal – nicht nur wegen des allgemeinen Fachkräftemangels, sondern auch aufgrund staatlicher Vorgaben zur Emiratisierung. Diese schreiben vor, dass bis 2026 10 Prozent der qualifizierten Stellen mit einheimischen Arbeitskräften besetzt werden müssen. Die Umsetzung bleibt jedoch schwierig.

Gute Bildung, wenig Praxis

Laut Weltbank verbringen junge Erwachsene in den VAE im Schnitt 13,3 Jahre in Bildungseinrichtungen – von der Schule bis zur Hochschule. Der Berufseinstieg erfolgt meist im Alter zwischen 21 und 23 Jahren. Dennoch berichten Unternehmen häufig, dass praktische Erfahrung fehlt. Das Hochschulsystem ist sehr theorielastig, während ein praxisorientiertes Ausbildungskonzept wie in Deutschland nicht existiert. Dadurch bleiben berufsrelevante Fähigkeiten und Anwendungserfahrung oft unzureichend.

Auch sprachlich zeigen sich Defizite: Im EF English Proficiency Index 2023 belegen die Emirate Platz 62 von 113. Englisch ist zwar weit verbreitet, doch in schriftlicher Kommunikation und Fachsprache liegen viele Bewerber hinter den Erwartungen zurück.

 

Englischkenntnisse im internationalen VergleichEF English Proficiency Index 2023
LandRang (von 113)Einstufung
Deutschland10Sehr hoch
Vereinigte Arabische Emirate62Moderat
Saudi-Arabien93Gering
Oman84Gering
Katar65Moderat
Bahrain56Moderat
Quelle: EF English Proficiency Index 2023

Zahlreiche private Hochschulen – darunter 78 staatlich akkreditierte Einrichtungen sowie viele internationale Zweigstellen – konzentrieren sich auf theoretische Inhalte. Besonders in Freizonen wie der Dubai International Academic City vergeben Institute zwar international anerkannte Abschlüsse, unterliegen aber nicht einheitlichen emiratischen Qualitätsstandards. Viele Hochschulen agieren privat und akkreditieren sich selbst. Deshalb sollten deutsche Unternehmen bei der Personalauswahl die Studieninhalte und praktische Ausbildung gezielt prüfen – insbesondere in medizinischen, technischen und IT-nahen Berufen. Die AHK VAE, die German University of Technology in Oman (GUtech) sowie lokale HR-Dienstleister unterstützen bei der Bewertung von Qualifikationen. Die emiratische Commission for Academic Accreditation (CAA) bietet Informationen zur Hochschulakkreditierung.

Übersicht internationaler Hochschulen und Zweigstellen in den VAE
Internationale Hochschule/ZweigstelleStandort (VAE)HerkunftslandStudienangebot (Auswahl)
New York University Abu DhabiAbu DhabiUSAGeisteswissenschaften, Ingenieurwesen
Sorbonne University Abu DhabiAbu DhabiFrankreichWirtschaft, Rechtswissenschaften
Middlesex University DubaiDubaiGroßbritannienBetriebswirtschaft, IT, Psychologie
Heriot-Watt University DubaiDubaiGroßbritannienIngenieurwesen, Management, Informatik
University of Wollongong in DubaiDubaiAustralienFinanzen, Management, IT
Rochester Institute of Technology DubaiDubaiUSAIngenieurwesen, IT, Management
Curtin University DubaiDubaiAustralienWirtschaft, IT, Medien
American University in DubaiDubaiUSAArchitektur, Betriebswirtschaft, Medien
Murdoch University DubaiDubaiAustralienMedien, Psychologie, Management
Canadian University DubaiDubaiKanadaIngenieurwesen, Management, IT
Quelle: Recherche GTAI, März 2025

Staatliche Programme und Unternehmensinitiativen

Die Regierung fördert verschiedene Programme, um Emiratis besser auf den Privatsektor vorzubereiten. Das National Program for Advanced Skills (NPAS) und Nafis bieten Schulungen, Umschulungen und finanzielle Anreize. Das Programm Kawader richtet sich an Nachwuchskräfte in der Finanz- und Versicherungsbranche. Trotz guter Ansätze fehlt es den meisten Programmen an praktischer Relevanz und verbindlichen Qualitätsstandards.

Internationale Unternehmen setzen deshalb auf eigene Ausbildungswege: Siemens betreibt seit 2012 ein duales Ausbildungsprogramm mit rund 60 Teilnehmern, das technische Berufsbilder nach deutschem Vorbild vermittelt. SAP investiert jährlich mehrere Millionen Dirham in Skills-Trainings, häufig in Zusammenarbeit mit Hochschulen oder Behörden. Bayer Middle East arbeitet im Rahmen der Initiative "STEPS" eng mit dem Gesundheitsministerium zusammen. Gemeinsam entwickeln sie praxisnahe Schulungen für medizinisches Personal. Bayer stellt Schulungsmaterialien, Fachtrainer und Zugang zu staatlichen Schulungseinrichtungen bereit. Das Programm wird teils aus Unternehmensmitteln, teils durch staatliche Förderungen im Rahmen von öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP) finanziert.

Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) haben jedoch häufig keinen Zugang zu solchen Formaten. Ihnen fehlen finanzielle Mittel oder Kontakte zu staatlichen Stellen, die eine PPP ermöglichen. Grundsätzlich können auch KMU über Nafis oder branchenspezifische Fonds teilnehmen, doch Informationslücken, Bürokratie und fehlende personelle Kapazitäten verhindern oft eine Umsetzung. Laut Bayer wurden im Rahmen des Programms über 1.000 medizinische Fachkräfte weitergebildet – ein Erfolg, der stark von struktureller Unterstützung abhängt. Für KMU bleibt der Nutzen begrenzt, solange keine gezielten Fördermodelle existieren.

In spezialisierten Berufsfeldern wie Technik oder IT passen Ausbildungsprofile und betriebliche Anforderungen weiterhin häufig nicht zusammen. Kooperationen mit staatlichen Bildungsanbietern und betriebsnahe Trainings gewinnen daher an strategischer Relevanz.

Talente im regionalen Vergleich

Auch andere Golfstaaten kämpfen mit Fachkräftemangel. In Saudi-Arabien bleiben laut Zurich International Life rund 30 Prozent der Fachkräftepositionen unbesetzt. Gleichzeitig entstehen durch wirtschaftliche Reformen wie Vision 2030 neue Marktchancen.

Die VAE bieten im Vergleich klare Standortvorteile: stabile Infrastruktur, hohe Lebensqualität, internationale Offenheit und flexible Arbeitsbedingungen. Um diese Position zu sichern, braucht es stärker praxisbezogene Ausbildungspfade und engere internationale Partnerschaften im Bildungsbereich.

Oman punktet mit niedrigen Betriebskosten und wachsender Bildungskapazität, ist jedoch wegen seiner Marktgröße selektiv relevant. Für eine fundierte Standortanalyse können sich Unternehmen an die AHK Oman, die Investitionsbehörde Madayn oder lokale Freizonen wenden.

Vereinigte Arabiche Emirate im weltweiten Vergleich

Folgende Karte ermöglicht den Vergleich zwischen zahlreichen Ländern weltweit. Bitte beachten Sie, dass die Werte in der Karte aus international standardisierten Quellen stammen und somit ggf. von Angaben aus nationalen Quellen im Text abweichen können.

 

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