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Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Investitionsklima

Investitionsklima hat noch Luft nach oben

Vietnam wird zu einem interessanten Investitionsstandort in Südostasien. Gerade in Hinblick auf Bürokratie und Rechtssicherheit gibt es jedoch noch einiges an Verbesserungsbedarf.

Von Lisa Flatten | Hanoi

Vietnam hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Reformen auf den Weg gebracht, die das Geschäftsklima für ausländische Unternehmen verbessert haben. Allerdings sind Korruption und fehlende Rechtssicherheit weiterhin Hindernisse.

Firmenvertreter hoffen langfristig auf die Wirkung einer derzeit laufenden, verstärkten Antikorruptionskampagne. Aufgrund dieser schrecken viele staatliche Stellen auf allen Ebenen vor schnellen Entscheidungen zurück. Dringenden Entscheidungsbedarf gibt es aber, etwa bei der künftigen Ausrichtung des Energiesektors, beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur und der Digitalisierung der Verwaltung. 

Verwaltungsprozesse können langfristig und teuer werden

Die Umsetzung beschlossener Reformen wird durch eine ineffiziente und intern konkurrierende Verwaltung erschwert. Dies trifft vor allem ausländische Unternehmen. Um die eigene Industrie zu schützen, schreckt die Regierung nicht davor zurück, Einfuhren oder Investitionen in Einzelbereichen durch wenig transparente, ad hoc getroffene Regularien zu erschweren.

Die Beantragung und Änderung von Geschäftslizenzen sowie Arbeitserlaubnissen kann unberechenbar und zeitintensiv sein. Wegen einer vorgelagerten Investmentprüfung ist die Lizenzierung für ausländische Firmen deutlich aufwendiger als für inländische. Insgesamt müssen Unternehmer mit circa 10.000 Euro und mindestens drei Monaten für den gesamten Lizenzierungsprozess rechnen. Außerhalb von Industrieparks kann die Suche und Zuteilung eines geeigneten Grundstücks eine Unternehmung um mehrere Jahre verzögern. 

Positiv ist, dass sich deutsche Firmen in Vietnam an geringen Lohnkosten, dem Freihandelsabkommen mit der EU und gut ausgebildeten Fachkräften erfreuen können. Anders als in anderen Ländern der Region gibt es in Vietnam keine Quoten, wie viele vietnamesische Mitarbeitende für einen Ausländer eingestellt werden müssen. Zudem können sich hundertprozentige ausländische Unternehmen in Vietnam ansiedeln und ihre in Vietnam versteuerten Gewinne ins Ausland transferieren. Ganze 91 Prozent der deutschen Unternehmen in Vietnam beabsichtigen, weiterhin vor Ort zu investieren oder ihre Produktion auszubauen. Das ist das Ergebnis der Frühjahrsumfrage 2023 der deutschen Auslandshandelskammer.

"Das Werk ist so geplant, dass schnell erweitert werden kann"
Daniel Henn, Managing Director, Fuchs Lubricants Vietnam, Neues Fuchs-Werk in Vietnam Daniel Henn, Managing Director, Fuchs Lubricants Vietnam, Neues Fuchs-Werk in Vietnam | © Antonina Kulbakina - www.tonyaseye.com

Daniel Henn ist Managing Director bei Fuchs Lubricants Vietnam. Der Schmierstoffhersteller aus Mannheim ist bereits 2007 mit einem Vertriebsbüro in Vietnam gestartet. Im September 2023 eröffnete die Firma ihre erste eigene Produktionsstätte im Land und beschäftigt Ende 2023 insgesamt 35 Mitarbeitende. 

 

Warum hat sich Fuchs Lubricants für ein Werk in Vietnam entschieden?

Als ausländische Firma darfst du in Vietnam keine auf Mineralöl basierenden Produkte verkaufen. Somit mussten wir unsere im Ausland gefertigten Produkte immer über lokale Distributoren vertreiben. Mit unserem lokalen Joint-Venture-Partner und der eigenen Produktion können wir den Markt nun auch direkt bedienen. Die Investitionen in die Produktionsstätte kamen für unsere Firma zu einem recht frühen Zeitpunkt, doch mit dem rasanten Wachstum des vietnamesischen Marktes wird sich das in den kommenden Jahren auszahlen. Zurzeit produzieren wir nur für den lokalen Markt, doch schon in den kommenden Jahren planen wir auch zu exportieren.

 

Was stimmt Sie so zuversichtlich?

Zurzeit ist das Land noch sehr stark vom Export abhängig. Doch mit der wachsenden Mittelschicht dürfte sich zukünftig auch der inländische Markt gut entwickeln. Auch die Nähe zu China und die gute Anbindung an internationale Seewege sind ein Plus. Es ist zurzeit noch möglich, gut ausgebildete Mitarbeitende zu bekommen. Die wirklich guten kosten aber richtig Geld! Doch wir brauchen Leute, auf die man sich wirklich verlassen kann. Ich denke, das zahlt sich am Ende aus.

 

Welches sind für Sie die größten Herausforderungen in Vietnam?

Was am meisten Zeit gekostet hat, insgesamt mehr als ein halbes Jahr, war die Geschäftslizenz zu erhalten. Dagegen ging beispielsweise die Mehrwertsteuererstattung für die Baukosten sehr unkompliziert, zügig und komplett digital vonstatten. Etwas anderes, was uns Zeit gekostet hat, waren die strengen Brandschutzvorschriften und Umweltauflagen. Insgesamt könnte die Infrastruktur im Süden besser sein. Da haben wir aber Glück mit unserem brandneuen Industriepark, der mit einem Binnentiefseehafen sehr gut angebunden ist. 

 

Haben Sie Tipps für andere deutsche Firmen, die sich in Vietnam engagieren wollen?

Es ist wichtig, sich den Markt und die Industrieparks im Vorfeld genau anzusehen. Die Firmen müssen sich darüber im Klaren sein, was sie mit einem Investment in Vietnam erreichen wollen und dann prüfen, ob das zum Markt passt. Wichtig ist eine gute Beratung für den Markteinstieg. Uns hat zudem sehr geholfen, einen lokalen Minderheits-Joint-Venture-Partner zu haben. Damit ging alles beim Werksaufbau viel leichter und schneller. Ohne lokale Mitarbeitende kommt man hier nicht weiter. Expats sollten Erfahrungen aus Asien, bestenfalls aus China, mitbringen und eine Brücke zwischen Deutschland und Vietnam schlagen können.

 

Die verarbeitende Industrie zieht Investitionen an

Großinvestoren kommen traditionell aus der asiatischen Nachbarschaft – vor allem aus Südkorea, Singapur, Japan, Taiwan, Hongkong und China. Mit mehr als 50 Prozent des gesamten ausländischen Investitionsbestands erhielt die verarbeitende Industrie bis Dezember 2022 die meisten Investitionen. Etwa 15 Prozent des investierten Kapitals erreichte den Immobilienmarkt. Das Wirtschaftszentrum im Südosten des Landes rund um Ho-Chi-Minh-Stadt konnte mit 40,4 Prozent den größten Teil des ausländischen Investitionsbestands anziehen. Es folgten die beiden anderen Wirtschaftscluster im Red River Delta (30,2 Prozent) und in Zentralvietnam rund um Da Nang (14,8 Prozent).

Namhafte deutsche Unternehmen produzieren in Vietnam

Mehr als die Hälfte der deutschen Firmen in Vietnam hat sich rund um Ho-Chi-Minh-Stadt niedergelassen. Insgesamt zählt die deutsche Auslandshandelskammer 94 deutsche Produktionsunternehmen, darunter auch Bosch, Schäffler, B.Braun und Knauf. Im Frühjahr 2023 begann Kärcher, fast 22 Millionen US$ in den Aufbau einer Produktionsstätte im zentral-vietnamesischen Quang Nam zu investieren. Anfang 2024 soll das Werk eröffnet werden. 

Auch aus dem Bereich "Business Outsourcing" haben sich vermehrt deutsche Firmen im Land angesiedelt. Größter Arbeitgeber ist Digi-Texx. Die Zahl der deutschen Gesellschaften ist seit 2020 um 140 gestiegen. Die meisten der insgesamt 490 deutschen Unternehmen sind im Vertrieb tätig.

Größte deutsche Investoren in Vietnam (Stand: Oktober 2023)

Unternehmen

Branche

Volumen in Mio. US$

BoschTechnologische Produkte und Lösungen aus dem Bereich Automotive

450

HDIVersicherungs- und Vorsorgelösungen 

260

Stada - PymepharcoPharmazeutika

250

MesserIndustriegase

228

B.BraunArzneimittel und Medizinprodukte

150

Bosch, Messer, B.Braun: Stammkapital; Stada, HDI: Geschätzte Marktkapitalisierung von Firmenanteilen.Quelle: Auslandshandelskammer Vietnam 2023

Investitionsförderung: Die Regierung lockt mit Steueranreizen

In- und ausländische Investitionen sind in Bezug auf staatliche Fördermaßnahmen gleichgestellt. Die Förderlandschaft ist jedoch unübersichtlich und verändert sich häufig. Eine sorgfältige Beratung vor Aufnahme eines Engagements ist ratsam. Die Investitionsanreize der Regierung beschränken sich auf die folgenden Formen: 

  • Befreiungen oder Vergünstigungen von Körperschaftsteuer- und Einfuhrabgaben,

  • günstige Landnutzungsbedingungen und

  • beschleunigte Abschreibungen.

Der genaue Standort, der Umfang und die Branche der Investition bestimmen das Ausmaß der Förderung.

Die Regierung möchte verstärkt die Ansiedlung moderner, nachhaltiger und technologisch fortgeschrittener Industrien unterstützen. Daher betreffen Fördermaßnahmen unter anderem die Informations-, Bio- und Automatisierungstechnologie, aber auch Forschung und Entwicklung. Auch Bereiche von sozialer Bedeutung sowie Großinvestitionen mit einem Umfang von mehr als 6.000 Milliarden vietnamesischer Dong (knapp 230 Millionen Euro) werden staatlich gefördert. Eine gezielte Förderung von aus China umsiedelnder Investitionen bietet die vietnamesische Regierung nicht.

Regional werden insbesondere Projekte in wirtschaftlich benachteiligten Gebieten, vorwiegend im bislang hinterherhinkenden Hochland, gefördert. Industrieparks spielen eine Schlüsselrolle bei der Ansiedlung von ausländischen Direktinvestitionen und bieten je nach Region unterschiedliche Anreize. Qualitativ unterscheiden sich die einzelnen Industrieparks erheblich – gerade in Hinblick auf Infrastruktur sowie Beratungs- und Unterstützungsleistungen. Rund um Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt werden die Zonen teurer und nehmen nicht mehr jeden Investor auf.

Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

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