Wirtschaftsumfeld | Vietnam | Arbeitsmarkt, Lohn- und Lohnnebenkosten
Löhne und Gehälter
Einfache Arbeitskräfte sind in Vietnam im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern günstig. Die Gehälter von Fachkräften für ausländische Unternehmen ziehen aber an.
31.07.2024
Von Peter Buerstedde | Hanoi
Mit dem wirtschaftlichen Aufschwung haben auch die Löhne in Vietnam stark zugelegt. Im Jahr 2024 dürfte der Anstieg etwa 7 bis 8 Prozent betragen. Dennoch sind die Löhne im regionalen Vergleich weiter niedrig.
Ausländische Unternehmen zahlen in der Regel 20 bis 30 Prozent mehr Lohn als inländische Betriebe. Eine Vergleichsbasis bieten jährliche Umfragen unter japanischen Unternehmen der Wirtschaftsförderagentur Jetro. Diese Daten kommen der Realität deutscher Unternehmen im Ausland näher als die vom General Statistics Office of Vietnam ermittelten Bruttomonatslöhne oder der für einfachere Fabriktätigkeiten angewandte Mindestlohn.
Da auch Fachkräfte rarer werden, sind Unternehmen bereit, für Höher- und Hochqualifizierte zunehmend mehr Lohn zu zahlen. Wechseln erfahrene Beschäftigte, erwarten sie kräftige Gehaltssteigerungen. Dennoch zählen Führungskräfte in Vietnam 2023 gemäß der Jetro-Umfrage weiter zu den günstigeren in der Region.
So kostet ein leitender Angestellter unterhalb der Direktionsebene in einem Industrieunternehmen inklusive Sozialabgaben und Bonus im Monat mit durchschnittlich 1.107 US$ etwas mehr als in Indonesien (1.070 US$), aber deutlich weniger als in Thailand (1.496 US$) oder Malaysia (1.643 US$).
Löhne sind regional unterschiedlich
In Vietnam gelten regional gestaffelte Mindestlöhne, die in unregelmäßigen Abständen angepasst werden. Im Juli 2024 gab es eine Anhebung um 6 Prozent. Seitdem beträgt die Lohnuntergrenze in Ballungszentren wie Hanoi und Ho-Chi-Minh-Stadt 4,96 Millionen Dong (D), umgerechnet (zum Durchschnittskurs von 2023) 208 US-Dollar (US$). Für weniger entwickelte Städte und Regionen wurden 185 US$ beziehungsweise 162 US$ festgelegt. Etwa 145 US$ Mindestlohn gelten für die wirtschaftlich schwächsten Gebiete.
Auch nach den Lohnerhöhungen reicht der Mindestlohn kaum, um den Lebensbedarf zu decken. Fabrikarbeiter bemessen die Attraktivität eines Arbeitsplatzes vielfach daran, ob Zweitjobs oder Überstunden möglich sind. Angesichts einer Inflationsrate, die nach 3,3 Prozent im Jahr 2023 im Jahr 2024 nun auf 4,5 Prozent Preissteigerung zusteuert, könnte eine weitere Anpassung kommen.
Gerade ausländische Industriebetriebe bezahlen häufig mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Allerdings wird in Billiglohnsegmenten wie der Textil- oder Schuhproduktion auch von ausländischen Unternehmen nur Mindestlohn gezahlt.
2023 (in US-Dollar)2 | |
---|---|
Landesdurchschnitt | 297,9 |
Hanoi | 414,8 |
Ho-Chi-Minh-Stadt | 387,9 |
Südöstliche Region | 370,7 |
Delta des Roten Flusses | 352,3 |
Mekong-Delta | 270,7 |
Zentrale Küstenregion | 264,7 |
Nördliches Hochland | 222,8 |
Zentrales Hochland | 212,9 |
Arbeitnehmer werden knapper
Gering qualifizierte Arbeitnehmer haben durch die wirtschaftliche Entwicklung der vergangenen Jahre prinzipiell mehr Auswahlmöglichkeiten, ob sie in der Industrie, im Bau, im Dienstleistungsgewerbe oder im Tourismus arbeiten.
Es wird schwieriger, Industriearbeiter zu finden und zu halten, etwa im Einzugsgebiet größerer Städte. Nach Entlassungswellen in der Textil- und Schuhindustrie im Jahr 2023 haben die Unternehmen in der derzeitigen Aufschwungphase Schwierigkeiten, wieder genügend Arbeiter zu finden – die 2023 entlassenen haben anderweitig Arbeit gefunden.
2023 (in US-Dollar)2 | |
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Durchschnittslohn | 297,9 |
Banken und Finanzwesen | 483,2 |
Bergbau | 431,7 |
Handel | 346,5 |
Bauwirtschaft | 332,8 |
Verarbeitendes Gewerbe | 329,7 |
Hotels und Gastronomie | 286,8 |
Land-, Forstwirtschaft, Fischerei | 174,3 |
Hochschulabsolventen beginnen oft mit relativ geringen Einstiegsgehältern von etwa 400 bis 600 US$ pro Monat. Mit der Berufserfahrung steigen die Bezüge schnell. Entgelte für erfahrene Fachleute unterscheiden sich je nach Branche und Position erheblich.
Kundiges Personal wird gerne von der Konkurrenz abgeworben. Um Fachkräfte zu halten, bezahlen ausländische Unternehmen teils sogar höhere Vergütungen als für vergleichbare Positionen im Herkunftsstaat.
Position | 2023 (in US-Dollar) |
---|---|
Produzierendes Gewerbe1 | |
Arbeiterin | 273 |
Ingenieurin | 529 |
Leitende Position unterhalb der Direktionsebene | 1.107 |
Andere Sektoren1 | |
Mitarbeiterin | 733 |
Leitende Position unterhalb der Direktionsebene | 1.575 |
Weitere Lohnbestandteile sind wichtig
Üblich sind 13 Monatsgehälter. Meist wird das 13. Monatsgehalt zum vietnamesischen Neujahrsfest Tet ausgezahlt. Dazu kommen leistungsabhängige Bonuszahlungen.
Zulagen außerhalb des Gehalts werden häufig gewährt. Die meisten Arbeitgeber zahlen Essenspauschalen, falls Mahlzeiten nicht sogar gestellt werden.
Übliche Sachleistungen für Werktätige sind zudem ein freier Transport zur Fabrik, Gutscheine und Werkskleidung. Zum Teil wird auch in Wohnungs- oder Pensionsfonds für die Beschäftigten eingezahlt oder es werden Wohnzuschüsse gewährt.
Sozialversicherungsbeiträge unterscheiden sich
Arbeitgeber und Arbeitnehmer zahlen nach dem "Social Insurance Law" von 2016 Beiträge zu den Sozialversicherungen, die der Arbeitgeber abführt. Die Gesamthöhe der Beiträge liegt bei 32 Prozent des Bruttolohnes. Der Arbeitgeber übernimmt hiervon 21,5 Prozent und der Arbeitnehmer 10,5 Prozent. Das Gewerkschaftsgesetz von 2013 legt zudem für alle sozialversicherungspflichtigen Unternehmen und Organisationen eine Abgabe von 2 Prozent der gezahlten Bruttolöhne an den Gewerkschaftsfonds fest, unabhängig von der Existenz einer Gewerkschaft im Betrieb.
Renten- und Sterbeversicherung (Arbeitgeberanteil) | 14 |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschutz (Arbeitgeberanteil) | 3 |
Krankenversicherung | 3 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 1 |
Sonstige Versicherungen (Arbeitgeberanteil) | |
Berufsunfallversicherung | 0,5; für Sonderfälle 0,3 |
Beitrag zum Gewerkschaftsfonds | 2 |
Für ausländische Arbeitnehmer gelten für die Sozialversicherung abweichende Sätze:
Art der Sozialversicherung | Arbeitgeberanteil | Arbeitnehmeranteil |
---|---|---|
Renten- und Sterbeversicherung | 14 | 8 |
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und Mutterschutz | 3 | 0 |
Krankenversicherung | 3 | 1,5 |
Arbeitslosenversicherung (Arbeitgeberanteil) | 0 | 0 |
Sonstige Versicherungen | ||
Berufsunfallversicherung | 0,5 | 0 |
Beitrag zum Gewerkschaftsfond | 2 | 0 |
Gesamt | 22,5 | 9,5 |
Zum Sozialversicherungsfonds trugen Ende 2023 rund 18,3 Millionen Versicherte bei. Damit sind nur etwa 40 Prozent der Erwerbstätigen rentenversichert. Die Krankenversicherung allerdings ist verbreitet und erfasste bis Ende 2023 rund 93 Prozent der Bevölkerung.